Klimawandel: Wie reagiert ein Ökosystem?

Ein Sedimentbohrkern, der mehrere 10.000 Jahre umspannt, wird freigelegt. <br>Autor: Tim Jennerjahn <br>

Die globale Erwärmung ist nicht mehr wegzuleugnen. Sollte sie ungebremst fortschreiten, droht dem Menschen ein Schreckensszenarium. Schon jetzt häufen sich Meldungen über Klimakatastrophen, die vielfach mit der Erwärmung der Atmosphäre in Verbindung gebracht werden: Jahrhunderthitze, Überflutungen, Wirbelstürme. Sie haben schwerwiegende Folgen: die verheerende Sturmflut in Bangladesh im April 1991 kostete 140.000 Menschen das Leben. Angesichts dieser Entwicklung sind Klimavorhersagen für die Zukunft ungeheuer wichtig.

Rekonstruktionen der Klima- und Vegetationsgeschichte liefern wertvolle Hinweise, um die Folgen plötzlicher Klimawechsel abzuschätzen. Dabei fürchtet man besonders um den tropischen Regenwald, genetische Schatzkammer und grüne Lunge unserer Erde. Wissenschaftler des Zentrums für Marine Tropenökologie und der Universität Bremen untersuchten an der Küste Nordost-Brasiliens ökologische Veränderungen der letzten 85.000 Jahre. In Abständen von ca. 10.000 Jahren ereigneten sich weltweit drastische Klimawandel, so genannte Heinrich-Ereignisse. Zeugen klimatischer Bedingungen, wie Pflanzenpollen und Verwitterungsprodukte, die von den Flüssen ins Meer geschwemmt werden, lagerten sich am Meeresgrund ab und ließen dort ein Klimaarchiv entstehen. An Bohrkernen aus den Meeressedimenten konnten die Forscher feststellen, dass zu Beginn eines solchen Klimawechsels Niederschläge deutlich zunahmen. In der Folge wandelte sich die kärgliche, steppenartige Pflanzendecke, wie sie auch heute im Nordosten Brasiliens vorherrscht, in üppigen Regenwald.

Ein Aspekt der Ergebnisse war besonders überraschend. Während man bisher meinte, Ökosysteme würden nur einige Jahrzehnte brauchen, um auf plötzliche Klimawechsel zu reagieren, erfolgte die ökologische Antwort im Norden Brasiliens erst um 1000 bis 2000 Jahre verzögert. Die Forscher erklärten dies Phänomen mit den besonderen Anforderungen, die tropischer Regenwald an das Klima stellt. Er benötigt eine Regenzeit von mindestens acht Monaten, um sich entwickeln zu können. Ein entsprechendes saisonales Niederschlagsmuster stellte sich jedoch erst allmählich im Laufe des Heinrich-Ereignisses ein.

Die Untersuchungen verdeutlichen, dass vor pauschalen Zukunftsszenarien gewarnt werden muss. Vorhersagen über ökologische Auswirkungen der globalen Erwärmung werden solche Schwelleneffekte berücksichtigen müssen.

Der Artikel, der dieser Pressemitteilung zugrunde liegt, ist im Dezember 2004 in Sciencexpress zusammen mit einem Kommentar erschienen und am 24.12. in der Printausgabe von Science.

Ansprechpartner für Fragen:

Dr. Tim Jennerjahn
Zentrum für Marine Tropenökologie
Fahrenheitstraße 6, 28359 Bremen
Tel: 0421 / 23800-44
Email: tim.jennerjahn@zmt-bremen.de

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Dr. Susanne Eickhoff idw

Weitere Informationen:

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