Überraschende Entdeckung über dem Amazonas

Emission von Isopren aus dem Amazonasregenwald und Oxidation zu 2-Methyl-Tetrol-Verbindungen. Die hellgrauen Kreise stellen Kohlenstoffatome, die hellgrünen Kreise Wasserstoff- und die großen dunkelgrünen Kreise Sauerstoff-Atome dar. <br>Bild: Max-Planck-Institut für Chemie/ Universitäten São Paulo und Antwerpen

Mainzer Max-Planck-Forscher entdecken große Mengen unerwarteter organischer Aerosole über dem Regenwald des Amazonasbeckens

Atmosphärische Aerosole spielen als Wolkenkondensationskeime eine wichtige Rolle im Wetter- und Klimageschehen. Bisher hatte man angenommen, dass Isopren – eine organische Verbindung, die in großen Mengen von der Vegetation emittiert wird – nicht an ihrer Entstehung beteiligt ist. Doch jetzt hat ein internationales Wissenschaftlerteam des Max-Planck-Instituts für Chemie in Mainz, der Universitäten Antwerpen und Gent, Belgien, sowie der Universität São Paulo, Brasilien, bei Luftmessungen über dem Amazonas überraschend herausgefunden, dass Isopren möglicherweise eine wichtige Rolle bei der Bildung von Aerosolen spielt. Die Forscher stellten bei ihren Untersuchungen fest, dass natürliche Aerosole in dieser Region zwei bisher unbekannte chemische Verbindungen enthalten, die bei der Photooxidation von Isopren erzeugt werden. Diese Verbindungen sind wasserlöslich und könnten die Wolkenbildung, den Niederschlag und das Klima beeinflussen (Science, 20 February 2004).

Isopren ist eine flüchtige organische Verbindung, die weltweit von den Wäldern in großen Mengen abgegeben wird. Die jährliche Emission wird auf etwa 500 Millionen Tonnen geschätzt. Doch obwohl Isopren leicht unter Bildung flüchtiger Produkte oxidiert, war man bisher der Meinung, dass diese Oxidationsprodukte nicht zur Aerosolbildung beitragen. Bei intensiven Messungen über dem Amazonasbecken hat das internationale Forscherteam jedoch das Vorkommen von zwei neuen 2-Methyl-Tetrol-Verbindungen nachgewiesen. Diese Verbindungen entstehen in der Atmosphäre durch die Reaktion von Isopren mit Hydroxyl-Radikalen.

Die Wissenschaftler führten ihre Messungen während der Regenzeit in einem entlegenen Gebiet des Amazonasbeckens durch, um anthropogene Einflüsse auszuschließen. Untersuchungen der Windtrajektorien zeigten, dass die Luft mehrere Tausend Kilometer über unberührtem tropischem Regenwald zurückgelegt hatte, bevor sie eingesammelt und analysiert wurde. Die Wissenschaftler schätzen, dass die Photooxidation von Isopren jährlich zu etwa zwei Millionen Tonnen der neuen Verbindungen führt. Diese Menge entspricht zwischen 5 und 25 Prozent aller organischen Aerosole, die in der Atmosphäre durch photochemische Reaktionen aus biogenen Vorläufern entstehen.

Diese Entdeckung stellt einen wichtigen Durchbruch in der Atmosphärenforschung dar, denn erstmals konnte damit nachgewiesen werden, dass zwischen dem von der Waldvegetation emittierten Isopren und der Bildung wasserlöslicher kleiner Aerosolteilchen eine Verbindung besteht. Die Aerosolteilchen führen zur Bildung von Dunst und verringern damit die Sicht in bewaldeten Gebieten. Darüber hinaus beeinflussen sie Wolkenbildung, Niederschlag und Klima in ihrer Region und damit auch das weltweite Klima.

Das Projekt wurde unterstützt durch das Belgian Federal Science Policy Office, die Universität Antwerpen, den Fonds voor Wetenschappelijk Onderzoek-Vlaanderen, die Europäische Kommission, die Max-Planck-Gesellschaft sowie durch die Fundacão de Apoio a Pesquisa do Estado des São Paulo und den Conselho Nacional de Desemvolvimento Cienbtidifo e Technológico, Brasilien.

Weitere Informationen erhalten Sie von:

Prof. Meinrat O. Andreae
Max-Planck-Institut für Chemie, Mainz
Tel.: 06131 305-421, Fax: -487
E-Mail: andreae@mpch-mainz.mpg.de

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