Warnung vor Stürmen mit Hilfe von Radardaten und Künstlicher Intelligenz

Das Handy von Autohändler Hollfelder piepst: Per SMS wird ein Hagelsturm angekündigt. Noch ist Zeit genug, um die im Freien stehenden Vorführwagen in Sicherheit zu bringen. Den Prototypen für ein so funktionierendes Sturm-Informationssystem hat der Würzburger Diplom-Geograph Peter Löwe entwickelt. Das Resultat ist offenbar sehr eindrucksvoll, denn die Stiftung „Umwelt und Schadenvorsorge“ (Stuttgart) hat ihm dafür ihren mit 15.400 Euro dotierten Ersten Stiftungspreis zugesprochen.

Als Grundlage für sein System nutzt Löwe, der an der Uni Würzburg Geographie und Informatik studiert hat und zurzeit an seiner Dissertation arbeitet, meteorologische Radardaten. Diese fließen in ein professionelles Geoinformationssystem ein: Dabei handelt es sich um ein Werkzeug, mit dem sich verschiedene geowissenschaftliche Datenquellen integrieren, verwalten und für ein breiteres Publikum verständlich darstellen lassen. Löwe hat dem System GRASS GIS – eine Freie Software, deren Programmcode frei zugänglich ist – eine Komponente zum Import von Radardaten hinzugefügt und, darauf aufbauend, ein Verwaltungs- und Analysesystem erstellt.

Um die Radardaten richtig aufbereiten zu können, musste der Würzburger Geograph zudem Methoden aus der Künstlichen Intelligenz anwenden. Grund: Radardaten sind vieldeutig. Sie können zum Beispiel ein sinnloses Rauschen enthalten und müssen darum von erfahrenen Radar-Meteorologen interpretiert werden, bevor sie nutzbare Informationen über das Wetter liefern.

Also hat Löwe für sein Sturmwarnungssystem das Wissen eines Radar-Fachmanns in einem so genannten Expertensystem abgelegt. Dieses beurteilt die eingehenden meteorologischen Daten anhand seiner Wissensbasis. Löwe: „Dieses System kann aus vielen isolierten Eigenschaften einer Sturmzelle eine Gesamtbeurteilung der Lage ableiten.“

Die Radardaten eines herannahenden Sturms werden also EDV-technisch erfasst, von einem „künstlichen Experten“ interpretiert und dann laiengerecht aufbereitet, zum Beispiel als einfache Karte oder Textbotschaft. Jetzt geht es darum, all diejenigen zu informieren, die sich für drohende Unwetter interessieren. Nach Einschätzung von Löwe sind das vor allem Versicherungswirtschaft, Landwirtschaft und Tourismus.

Falls in einem begrenzten Gebiet eine überschaubare Zahl von Anwendern möglichst umgehend informiert werden muss, sei eine E-Mail oder deren Weiterleitung als SMS an das Handy eine effektive und preiswerte Lösungsmöglichkeit, wie der Geograph sagt. Für ein größeres Publikum biete sich das Internet an, um zum Beispiel interaktive Karten zu übermitteln. Für Regionen ohne Internet-Anbindung gibt es die Alternative des Digitalen Radios: Die Daten werden dann über einen Satelliten zu einem Radioempfänger in einen PC übertragen.

Den von der Stiftung „Umwelt und Schadenvorsorge“ zum Thema „Risiko Sturmschäden: Vorsorge, Vermeidung, Nachsorge“ ausgeschriebenen Preis erhielt Löwe im Oktober 2002. Gegründet wurde die satzungsgemäß mit der Akademie für Technikfolgenabschätzung in Baden-Württemberg verbundene Stiftung 1998 von der SV Gebäudeversicherung (Stuttgart). Der Preis wird alle zwei Jahre vergeben und soll Arbeiten honorieren und fördern, die zu einer „Verbesserung der Schadenssituation im Rahmen der Versicherung gegen Elementarschäden“ beitragen, wie die Stiftung mitteilt.

Peter Löwe, 1969 in Michelstadt im Odenwald geboren, wird bei seiner Doktorarbeit von dem Geographen Prof. Dr. Detlef Busche von der Uni Würzburg betreut. Mit dem Spezialisten für Methoden der Künstlichen Intelligenz, dem Informatiker Prof. Dr. Frank Puppe von der Uni Würzburg, kooperiert Löwe seit seiner Diplomarbeit 1997: Schon damals ging es um die Verknüpfung von Satellitendaten mit „künstlichem Expertenwissen“.

Weitere Informationen: Peter Löwe, T (0931) 888-5585, E-Mail: loewe@fukengrueven.com

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Robert Emmerich idw

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