Beschwerdebriefe aus der Pharaonenzeit online

Deutsche Ägyptologen stellen Ostraka-Texte ins Internet

Forscher vom Institut für Ägyptologie der Ludwig-Maximilians-Universität München haben Verwaltungstexte, Beschwerdebriefe von Bauarbeitern und eine langwierige Korrespondenz über die Verpflegung in der Pharaonenzeit ins Internet gestellt. Unter der Projektleitung von Günter Burkard wurde ein Teil der in der Arbeitersiedlung Deir el Medine nahe dem Tal der Könige in Ägypten gefundenen 10.000 beschriebenen Tonschwerben, so genannte Ostraka, unter ins Netz gestellt. Die Tonschwerben stammen aus der Ramessidenzeit von etwa 1290 bis 1070 vor Christus. Das Online-Projekt wird von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.

„Bisher wurden und werden solche Texte, wenn überhaupt, nur konventionell im Druck veröffentlicht“, erklärte Burkard. Eine optimalere Präsentation mit Farbfotos, ausführlichen Beschreibungen und umfangreichen weiteren Recherchemöglichkeiten wäre anders als online nicht möglich gewesen, ergänzte der Projektleiter. Der Schatz der Deir-el-Medina-Ostraka wird neben Wissenschaftlern der LMU auch von Forschern der Universität Leiden, Niederlande, bearbeitet.

Die Deir-el-Medina-Schriftstücke gelten als nichtliterarische Texte. Sie sind in einer einfachen, von den Hieroglyphen abgeleiteten Gebrauchssprache geschrieben und betreffen den Alltag in der Arbeitersiedlung. Die Schriften werden für die Wissenschaft insofern wertvoll, das sie einen Einblick in das Leben der alten Ägypter jenseits der Tempel und des Pharaonenhofes geben. „Diese nichtliterarischen Ostraka sind unentbehrliches Quellenmaterial für ganz unterschiedliche Untersuchungen“, sagte Burkard. „Dazu gehören etwa Arbeiten zum Rechtswesen, zur Wirtschaftsgeschichte, Demographie und Zeitgeschichte allgemein, aber auch lexikographische und grammatikalische Studien.“

Das laut eigenen Angaben weltweit einmalige Projekt umfasst zu jedem Text eine oder mehrere farbige Digitalfotografien, eine detaillierte Beschreibung mit Übersetzung, eine hieroglyphische Transliteration, phonetische Transkription sowie eine grammatikalische Wort-für-Wort-Analyse und umfangreiche Recherchemöglichkeiten. Bisher wurden die 135 so genannten „Qurna“-Ostraka vollständig bearbeitet und online veröffentlicht. Die etwa 320 bis 350 „Berlin“-Ostraka sollen bis Ende 2004 sukzessive folgen. Trotz sorgfältiger Aufbewahrung sind die Ostraka aber sehr gefährdet. Der Zustand der Schriftstücke hat sich in den vergangenen Jahrzehnten teilweise dramatisch verschlechtert. Manche der Ostraka sind mittlerweile sogar vollkommen unleserlich.

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Sandra Standhartinger pte.online

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