Klimafaktor Gebirge

Prof. Andreas Mulch, Geologe an der Leibniz Universität Hannover, hat gemeinsam mit seinen Co-Autoren eine Arbeit über den Einfluss der Sierra Nevada und der Rocky Mountains auf das Erdklima verfasst. Die Veröffentlichung „A Miocene to Pleistocene climate and elevation record of the Sierra Nevada (California)“ erscheint in der aktuellen Ausgabe der „Proceedings of the National Academy of Science. Seit dem 25.04.2008 ist er zu finden unter: http://www.pnas.org/papbyrecent.shtml.

Die Forschungsarbeit von Professor Mulch und Kollegen gibt Aufschluss über den Zusammenhang von topografischen Entwicklungsprozessen und langfristigen klimatischen Veränderungen.

Die Geologen untersuchten in den vergangenen Jahren die Spuren prähistorischen Regenwassers in vulkanischen Gesteinen. Sie fanden bereits heraus, dass die Sierra Nevada, ein etwa 600 Kilometer langes Hochgebirge, rund 40 Millionen Jahre alt sein könnte. Jetzt dokumentieren die neuesten Arbeiten, dass die Sierra Nevada schon seit mindestens 12 Millionen Jahren eine wichtige Rolle in der Verteilung des Niederschlags in den westlichen Vereinigten Staaten spielt.

Prähistorische Regentropfen unterscheiden sich in ihrer chemischen Zusammensetzung kaum von neuzeitlichen. Langfristige Klima- und Temperaturveränderungen führen jedoch dazu, dass, je nach Umgebungstemperatur, unterschiedliche Isotopenzusammensetzungen in diesen Wässern zu finden sind. An der Isotopenzusammensetzung des Wassers können die Erd- und Klimawissenschaftler sehen, wie hoch die Wolken aufsteigen mussten, um ein Gebirge zu überqueren und wie hoch dieses war.

Da die Temperatur mit zunehmender Gebirgshöhe abnimmt, ändert sich die Isotopenzusammensetzung des Wassers mit der Höhe, in der die Wolken die Regentropfen abgeben. Zwei Wasserarten werden unterschieden: zum einen das isotopisch „schwere Wasser“, das eine höhere Konzentration an Deuteriumisotopen enthält und in niedrigen Höhen abregnet, und das „leichtere Wasser“, das weniger Deuteriumisotope enthält und in höheren Gebirgslagen zu finden ist. Dieses Resultat ist ein wichtiger Baustein zum Verständnis der klimatischen Verhältnisse in den USA und hat direkten Einfluss auf das Klima in Westeuropa. „Wenn es den Gebirgszug der Sierra Nevada und der Rocky Mountains nicht gäbe, würde sich das Klima vermutlich auf der gesamten Nordhalbkugel der Erde verändern. Temperaturauswirkungen wären sicher in Nordamerika bis Zentraleuropa spürbar“, betont Prof. Andreas Mulch.

Alle Klimamodelle beruhen und beziehen sich auf die Topographie der Erde, deshalb ist es für die Zuverlässigkeit der Klimavorhersagen und des Klimawandels in der Zukunft immens wichtig, die genauen Entstehungsdaten von Gebirgsketten zu bestimmen. Nur so kann ein sicherer Abgleich mit Klimaereignissen in der Erdgeschichte erfolgen. Für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler wird deutlich, in welchem Zeitraum sich im Vergleich zu heute, Klimaveränderungen in der Vergangenheit vollzogen haben.

Prof. Andreas Mulch erklärt: „Wir wissen heute, dass Prozesse der tiefen Erde und des Erdmantels direkt gekoppelt sind an die Entwicklungsprozesse der Lebewelt und der Atmosphäre. Wenn wir als Geowissenschaftler diese gesellschaftlich hochinteressanten Zusammenhänge besser verstehen wollen, muss es uns gelingen, Forschung an den Schnittstellen der naturwissenschaftlichen Disziplinen zu etablieren und im Dialog mit Klimawissenschaftlern neue Forschungsfelder zu identifizieren.“ Für Geowissenschaftler bedeuten diese Ergebnisse eine Erweiterung ihrer Forschungsinhalte. „Wenn man staunend vor den imposanten Bergketten dieser Welt steht lautet die Frage nicht mehr nur „Wie kommt es, dass so hohe Berge entstehen?“ sondern zusätzlich „Wie beeinflusst dieser Berg unser Erdklima?“, so Mulch.

Media Contact

Dr. Stefanie Beier idw

Weitere Informationen:

http://www.uni-hannover.de

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