Verständliche Wissenschaft wird belohnt

Noch nie hatten sich so viele Wissenschaftler wie dieses Jahr um den mit 5.000 Euro dotierten Klaus Tschira Preis für verständliche Wissenschaft KlarText! beworben: Rund 170 Nachwuchswissenschaftler reichten Textbeiträge ein, in denen sie die Ergebnisse ihrer Doktorarbeiten präsentierten.

Die Arbeiten kamen aus zwölf Ländern. Voraussetzung für die Wettbewerbsteilnahme war ein Artikel in deutscher Sprache. Sechs Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die in Berlin, Frankfurt, Heidelberg, Karlsruhe und Leipzig promoviert wurden, überzeugten durch besondere Sprachgewandtheit in der Vermittlung anspruchvoller wissenschaftlicher Inhalte. Diese Leistung belohnt die Klaus Tschira Stiftung mit ihrem Preis für verständliche Wissenschaft, der am Donnerstag, den 8. Oktober 2009, um 16 Uhr in der Alten Aula der Universität Heidelberg verliehen wird. Schirmherr des Preises ist der Präsident der Max-Planck-Gesellschaft, Professor Peter Gruss.

Gefordert war von den Forschern zunächst eine exzellente Promotion in den Bereichen Biologie, Chemie, Informatik, Mathematik, Neurowissenschaften oder Physik. Über die wissenschaftliche Kompetenz hinaus war aber auch eine starke kommunikative Leistung nötig, um die Jury aus Wissenschaftlern und Journalisten zu überzeugen. Die Kommunikationsfähigkeit ist entscheidend, um innovative Erkenntnisse aus der Forschung einem interessierten, aber nicht fachkundigen Publikum zugänglich zu machen. Mit dem Preis, den die Träger anlässlich der feierlichen Verleihung persönlich von Klaus Tschira erhalten, zeichnet die Stiftung Wissenschaftler aus, die „Klartext schreiben“. Über den Wettbewerb hinaus, fördert die Klaus Tschira Stiftung alle Teilnehmer mit ihrem besonderen Angebot aus Schreibwerkstatt und Medientraining. Die Förderung eigener Projekte der Preisträger im Bereich „Verständliche Wissenschaft“ ist ebenfalls möglich. Als weitere Auszeichnung veröffentlicht das Wissenschaftsmagazin bild der wissenschaft alle preisgekrönten Texte in einer Sonderbeilage ihres Novemberheftes.

Wie Klaus Tschira-Preisträger für ihre Fächer werben, zeigt bei der Verleihung beispielhaft Wolfgang Reichel, Mathematikprofessor am Karlsruher Institut für Technologie und Preisträger des Jahres 1997. Seine Fakultät veranstaltete 2008, im Jahr der Mathematik, gemeinsam mit der Badischen Backstub' den erfolgreichen Wettbewerb „Brätseltüte“, bei dem die Karlsruhe Bevölkerung mit Mathematikaufgaben auf der Bäckertüte zum Rätseln aufgefordert wurde. Ob Wissenschaftler im Allgemeinen bei Alltagsfragen versagen, beantwortet Christoph Drösser, Mathematiker und Wissenschaftsredakteur der ZEIT. Drösser – Autor zahlreicher Bücher zum Thema Wissen im Alltag – wurde bekannt durch seine wöchentliche ZEIT-Kolumne „Stimmt's?“.

Auch im nächsten Jahr belohnt und fördert die Klaus Tschira Stiftung junge Wissenschaftler mit ihrem Preis für verständliche Wissenschaft. Einsendeschluss für Beiträge aus den Fächern Biologie, Chemie, Informatik, Mathematik, Neurowissenschaften und Physik ist der 28. Februar 2010. Weitere Informationen unter www.klaus-tschira-preis.info

Die Gewinner von KlarText!, dem Klaus Tschira Preis für verständliche Wissenschaft 2009, sind:

Biologie

Vita
Dr. rer. nat. Nina Schaller (geb. 1974) studierte von 1994 bis 2001 Biologie an der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg. Im Anschluss an ein Volontariat im Frankfurter Zoo begann sie 2003 ihre Doktorarbeit am Forschungsinstitut Senckenberg, Frankfurt, in Zusammenarbeit mit den Universitäten Antwerpen und Heidelberg, unter der Leitung von Dr. Bernd Herkner. 2003 bis 2006 unterstützte das Cusanuswerk sie mit einem Promotionsstipendium. Ihre Dissertation mit dem Titel „Structural attributes contributing to locomotor performance in the ostrich (Struthio camelus)“ schloss sie 2008 mit „magna cum laude“ ab. 2006 wurde Nina Schaller mit dem „Young Scientist Award“ der Society of Experimental Biology ausgezeichnet. Ab Ende Oktober 2009 untersucht Nina Schaller am Royal Ontario Museum Toronto die aerodynamischen Eigenschaften von Straußenflügeln.
Siegerbeitrag
Was macht den Afrikanischen Strauß zu einem der ausdauerndsten Läufer der Welt? Diese Frage zieht sich als roter Faden durch Dr. Nina Schallers Artikel über ihre Doktorarbeit. In ihrem Beitrag „Auf Zehenspitzen zum Weltrekord“ nimmt die Zoologin den Leser mit auf ihre Suche nach den Geheimnissen des „schnellsten Marathonläufers der Welt“ (die nur möglich war, weil Nina Schaller drei Straußenküken per Hand aufzog). Der Laie erhält auf diese Weise Einblick in ein biomechanisches Thema und versteht die Grundprinzipien einer Fortbewegung, die besonders energieeffizient ist. Der Artikel sei kurzweilig und interessant geschrieben, das Thema in glasklarer Weise behandelt und die Fragen allgemeinverständlich erklärt, urteilte die Jury des Klaus Tschira Preises.

Chemie

Vita

Dr. rer. nat. Theobald Lohmüller (geb. 1977) studierte von 1998 bis 2003 Biologie und Chemie an den Universitäten Erlangen-Nürnberg und Würzburg. Sein Studienabschluss wurde 2004 mit dem Preis der Fakultät für Chemie und Pharmazie der Universität Würzburg ausgezeichnet. 2004 bis 2008 promovierte er bei Prof. Joachim Spatz am Max-Planck-Institut für Metallforschung, Stuttgart, und an der Universität Heidelberg. Seine Doktorarbeit mit dem Titel „Nanostructured Functional Materials“, die er mit „summa cum laude“ abschloss, wurde mit einem Preis aus dem „Dr. Sophie Bernthsen-Fonds“ ausgezeichnet. Im Anschluss an seine Promotion war er einige Monate für das Global Research Center for Nanostructured Surfaces der BASF in Singapur tätig. Seit Januar 2009 forscht Theobald Lohmüller am Department of Chemistry der University of California in Berkeley.

Siegerbeitrag
Im Gegensatz zu den bunten Tagfaltern scheinen die dämmerungs- und nachtaktiven Motten ein Schattendasein zu fristen. Dr. Theobald Lohmüller zeigt in seinem Beitrag, dass die kleinen Nachtfalter ihren tagaktiven Verwandten keineswegs nachstehen. Sie sind für uns Menschen sogar äußerst interessant, weil sie einen Trick der Natur nutzen, der auch uns das Leben einfacher machen könnte. In seinem Artikel „Die Motte hat den Durchblick“ beschreibt Lohmüller äußerst spannend, wie die Motte es schafft, mit wenig Licht zu sehen und dabei unentdeckt zu bleiben. Der Chemiker hat untersucht, wie die Reflektion des Lichts an der Augenoberfläche verhindert wird. Er hat außerdem gezeigt und erklärt, wie dieses Prinzip mit Nanotechnologie auf herkömmliche Linsen- und Glasoberflächen übertragen und beispielsweise zur Entspiegelung oder zur Verbesserung von Solaranlagen eingesetzt werden könnte. Die übersichtliche Struktur seines Artikels, kurze Sätze und eine klare Sprache vermitteln dem Leser ein lebendiges Bild alltagsnaher Forschung, fand die Jury des Klaus Tschira Preises.

Informatik

Vita
Dr. rer. nat. Dominik Schultes (geb. 1980) studierte von 2001 bis 2005 Informatik an der Universität Kaiserslautern und der Universität des Saarlandes, gefördert durch die Studienstiftung des Deutschen Volkes. 2005 schloss er sein Studium mit dem Master of Science ab. 2004 erwarb Dominik Schultes ein Postgraduate Diploma in Science an der University of Auckland, Neuseeland. Dort wurde er als bester Student des Jahres in Computer Science ausgezeichnet. Er promovierte von 2005 bis 2008 an der Universität Karlsruhe mit dem Thema „Route Planning in Road Networks“ bei Prof. Peter Sanders mit „summa cum laude“. Der Förderverein des Forschungszentrums Informatik in Karlsruhe prämierte seine Doktorarbeit mit dem Preis für die beste Dissertation 2008. Noch vor seiner Promotion wurde Schultes im Januar 2008 in die Liste der weltweit 50 Preisträger des Scientific American Award aufgenommen, mit dem jährlich Wissenschaftler geehrt werden, die mit ihren Forschungsarbeiten technologische Spitzenpositionen besetzen. Seit 2008 ist Schultes als Senior-Software-Ingenieur bei der Capgemini sd&m AG in Offenbach am Main tätig.
Siegerbeitrag
Wie kommt man am schnellsten mit dem Auto ans Ziel – auch wenn man eine Abbiegung verpasst hat oder wenn Verkehr und Straßenverhältnisse die übliche Route verlangsamen? Dr. Dominik Schultes entwickelte in seiner Doktorarbeit ein Routenplanungsverfahren, das einen optimalen Weg so schnell bestimmt, dass die Berechnung schon fertig ist, bevor man überhaupt merkt, dass sie angefangen hat. Anschaulich beschreibt er in seinem Beitrag „Der Weg ist das Ziel“ seine Suche nach einem verbesserten und extrem schnellen Routenplanungsverfahren für Navigationsgeräte. Schultes erklärt allgemein verständlich, nach welchen Kriterien er bei seiner Arbeit vorgegangen ist, um bekannte Verfahren durch eine innovative Lösung zu verbessern. Er stellt seine bahnbrechende Lösung klar, gut nachvollziehbar und einprägsam dar.

Mathematik

Vita
Dr. rer. nat. Tim Conrad (geb. 1978) gründete nach seinem Abitur das EDV Systemhaus PC Point Conrad GbR in Buxtehude, dessen Inhaber er für zwei Jahre blieb. 2000 begann er ein Studium der Bioinformatik an der Freien Universität Berlin. Dort erwarb er 2003 den Bachelor of Science und im darauffolgenden Jahr den Bachelor of Computer Science (Honours) an der Monash University in Melbourne. 2005 schloss er sein Studium der Bioinformatik mit dem Master of Science an der FU Berlin ab. Seine Dissertation mit dem Titel „New Statistical Algorithms for the Analysis of Mass Spectrometry Time-Of-Flight Mass Data with Applications in Clinical Diagnostics“ fertigte Tim Conrad innerhalb der Graduduiertenschule „Berlin Mathematical School“ an der FU Berlin bei Prof. Christof Schütte an. Im Anschluss an seine mit „summa cum laude“ abgeschlossene Promotion übernahm er an der Freien Universität Berlin die Leitung der Nachwuchsgruppe „Computational Proteomics“.
Siegerbeitrag
Manchmal wird ein Arztbesuch zur Inspiration für eine Forschungsarbeit. Tim Conrad kam auf sein Promotionsthema nach einer Routine-Blutuntersuchung. Im Mittelpunkt seiner Forschung stand die Frage, welche „molekularen Fingerabdrücke“ bestimmte Krankheiten im Blutbild hinterlassen und wie man diese Erkrankungen dadurch frühzeitiger und besser nachweisen könnte. Hierfür entwickelte er unterschiedliche Algorithmen zur statistischen Auswertung der Massenspektren von Blutproben. Sein Einsatz einer herkömmlichen Playstation 3 beschleunigte die Berechnungen um ein Vielfaches. Tim Conrads Arbeit „Blutige Fingerabdrücke aus der Playstation“ ist ein sehr verständlich und fesselnd geschriebener Beitrag über eine Forschung im Grenzgebiet zwischen Medizin, Informatik und Mathematik. Anwendungsmöglichkeiten und Nutzen der Forschungsergebnisse werden dem Leser unmittelbar klar. Er versteht: Hier wird Mathematik eingesetzt, um Alltagsprobleme zu lösen.

Neurowissenschaften

Vita
Dr. rer. nat. Stefanie Höhl (geb. 1983) studierte von 2002 bis 2007 Psychologie an der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg. Sie erstellte ihre Diplomarbeit am Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften in Leipzig. Im Anschluss an ihr Diplom erarbeitete Stefanie Höhl dort bei Prof. Angela Friederici und Dr. Tricia Striano ihre

Doktorarbeit mit dem Titel „Neural Correlates of Emotional Expression and Eye Gaze Processing in Infancy“. Im Dezember 2008 schloss sie ihre Promotion mit „summa cum laude“ an der Universität Leipzig ab. Von Mai 2007 bis September 2008 war Stefanie Höhl Stipendiatin der Max-Planck-Gesellschaft. Seit Abschluss der Doktorarbeit ist sie als Akademische Rätin am Lehrstuhl für Entwicklungspsychologie und Biologische Psychologie der Universität Heidelberg beschäftigt.

Siegerbeitrag
Wenn Menschen sich in unbekannten Situationen befinden, orientieren sie sich am Verhalten und an den emotionalen Signalen anderer. Sie lernen beispielsweise durch Beobachtung, dass erschrockene Gesichter ein Warnsignal sind. Dass auch bereits Babys im Alter von drei Monaten hierzu in der Lage sind, hat erstmals Stefanie Höhl herausgefunden. In ihrem Beitrag „Soziale Entdecker in Windeln“ beschreibt sie interessant und für jeden verständlich ihre Forschungen zu diesem Themengebiet. Stefanie Höhl erklärt in ihrem gut strukturierten Beitrag anschaulich, mit welchen Methoden sie bereits bei sehr jungen Babys herausfinden konnte, welche Fähigkeiten diese im Bereich des „sozialen Referenzierens“ besitzen, das die Voraussetzung für das Lernen durch Beobachtung ist. Zum Verständnis des Lesers trägt auch bei, dass die Wissenschaftlerin ihren eigenen Forschungsanteil anschaulich schildert.

Physik

Vita
Dr. phil. nat. Christian Vollmer (geb. 1977) studierte zunächst zwei Jahre lang Journalistik an der Universität Dortmund, bevor er sich von 1999 bis 2005 an der Universität zu Köln dem Studium der Geologie und Paläontologie widmete. Anschließend promovierte er von 2005 bis 2008 am Max-Planck-Institut für Chemie in Mainz und der Universität Frankfurt mit dem Titel „NanoSIMS Analysis and High Resolution Electron Microscopy of Silicate Stardust Grains From Red Giant Stars and Supernova Explosions“. Im Juli 2009 wurde Christian Vollmer der Preis der Freunde und Förderer der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main für die in diesem Jahr beste naturwissenschaftliche Arbeit an der Universität verliehen. Zurzeit forscht Christian Vollmer am Max-Planck-Institut für Chemie in Mainz.
Siegerbeitrag
Welche Geschichte ein winziges Staubkorn, kleiner als ein tausendstel Millimeter, in sich trägt, erzählt Christian Vollmer in seinem packenden Beitrag „Ein kosmisches Körnchen Wahrheit“. Der Geologe beschreibt darin, wie er mit neuen Methoden aus der Nano-Materialforschung Meteoritenstaub „unter die Lupe“ genommen und welche Geheimnisse er ihm entlockt hat. Bereits der Vorspann seines Artikels weckt beim Leser Neugierde. Vollmer erfüllt diese Erwartungshaltung durch einen von Anfang bis Ende spannend geschriebenen Beitrag, der auch zeigt, dass in der Wissenschaft neben vielen technischen Herausforderungen immer wieder mit völlig unerwarteten Ergebnissen zu rechnen ist.

Die Klaus Tschira Stiftung gemeinnützige GmbH fördert die Naturwissenschaften, Mathematik und Informatik sowie die Wertschätzung der Öffentlichkeit für diese Fächer. Zur Stärkung der Kommunikationskompetenz von Wissenschaftlern veranstaltet sie z.B. auch Schreibwerkstätten und Medientrainings für Wissenschaftler.

Hintergrundmaterial für die Berichterstattung finden Sie unter

www.klaus-tschira-preis.info

Dort finden Sie ab dem 8. Oktober, 14 Uhr auch Fotos der Preisträgerinnen und Preisträger.

Journalisten sind herzlich eingeladen, an der Preisverleihung teilzunehmen. Das Programm ist beigefügt. Um Anmeldung wird gebeten.

Kontakt für die Medien:

Renate Ries
Klaus Tschira Stiftung gGmbH
Presse und Kommunikation
Tel: 06221-53 3102, Mobil: 0170-575 9894
renate.ries@klaus-tschira-stiftung.de

Media Contact

Renate Ries idw

Weitere Informationen:

http://www.klaus-tschira-preis.info

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