Stammzellen und Krebszellen sprechen dieselbe Sprache

Die gleichen biochemischen Signale, die bei der Taufliege für die Ausbildung der Flügel verantwortlich sind, sorgen beim Menschen dafür, dass Gewebestammzellen unsere Organe funktionsfähig erhalten.

Diese universelle Kommunikation der Zellen aller Organismen vom Nessel- bis zum Säugetier, der wnt-Signalweg, ist das Forschungsgebiet von Hans Clevers am Hubrecht Laboratory and Institute in Utrecht, Niederlande. Der Biologe entschlüsselte in zahlreichen bahnbrechenden Arbeiten die Rolle der wnt-Signale für die Funktion von Stammzellen und bei der Entstehung von Krebs. Dafür erhält er den in diesem Jahr mit 50.000 Euro dotierten Meyenburg-Preis.

Clevers konzentrierte viele seiner Untersuchungen auf die Zellen der Darmwand. Die Oberfläche des Dünndarms ist durch Abermillionen kleiner Gruben und feiner Ausstülpungen vergrößert, um die Nährstoffaufnahme zu verbessern. Die kurzlebigen spezialisierten Zellen der Darmschleimhaut müssen ständig von Stammzellen nachgeliefert werden. Im Verlaufe ihrer Ausreifung und Spezialisierung wandern die Zellen an die Spitze der Ausstülpungen, wo sie schließlich abgestoßen werden. Ist der wnt-Signalweg jedoch blockiert, so zeigte Clevers, kommt der Nachschub an spezialisierten Zellen zum Erliegen, und in die Darmschleimhaut verliert ihren charakteristischen Aufbau.

Umgekehrt werden bei Darmkrebs fast immer aktivierende Mutationen im wnt-Signalweg gefunden, meist im APC-Gen. Veränderungen in diesem Gen, so wies Clevers nach, bewirken ein „Dauerfeuer“ des wnt-Signals, so dass die Zellen in einen Stammzell-ähnlichen Zustand versetzt werden. Dadurch entgehen sie Differenzierung und Abstoßung und überleben so lang, dass sich weitere Mutationen anhäufen. Dies kann letztendlich zur Entartung und zu Krebs führen. Wissenschaftler gehen davon aus, dass die wnt-Signale die Bösartigkeit von Tumoren entscheidend fördern und daher vielversprechende Ziele für neue Therapieansätze darstellen.

Anlässlich der Preisverleihung veranstaltet die Meyenburg-Stiftung im Deutschen Krebsforschungszentrum ein wissenschaftliches Symposium zur Rolle der wnt-Signale bei Stammzellen und Krebs. Dr. Marion Meyenburg, die Tochter des Stifterehepaars Wilhelm und Maria Meyenburg, wird den Preis am Ende des Symposiums an Hans Clevers überreichen. Die Auszeichnung, die seit 1981 jährlich für herausragende Leistungen in der Krebsforschung vergeben wird, gehört zu den am höchsten dotierten Wissenschaftspreisen in Deutschland.

Journalisten und interessierte Bürger sind herzlich eingeladen

Termin: Donnerstag, 11. Dezember 2008, 13 bis 17.45 Uhr,
Kommunikationszentrum des Deutschen Krebsforschungszentrums
Programm: http://www.dkfz.de/de/veranstaltungen/veranstaltung.php?id=2863
Das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) ist die größte biomedizinische Forschungseinrichtung in Deutschland und Mitglied in der Helmholtz-Gemeinschaft deutscher Forschungszentren. Über 2.000 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, davon 850 Wissenschaftler, erforschen die Mechanismen der Krebsentstehung und arbeiten an der Erfassung von Krebsrisikofaktoren. Sie liefern die Grundlagen für die Entwicklung neuer Ansätze in der Vorbeugung, Diagnose und Therapie von Krebserkrankungen. Daneben klären die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen des Krebsinformationsdienstes (KID) Betroffene, Angehörige und interessierte Bürger über die Volkskrankheit Krebs auf. Das Zentrum wird zu 90 Prozent vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und zu 10 Prozent vom Land Baden-Württemberg finanziert.

Media Contact

Dr. Stefanie Seltmann idw

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