Wie ein Schuss in Styropor

Die Physikerin Dr. Claudia Schnohr von der Universität Jena hat den Preis der diesjährigen internationalen Konferenz „Ion Beam Modification of Materials“ in Montreal erhalten.

Die Auszeichnung wird alle zwei Jahre an herausragende Nachwuchswissenschaftler vergeben und ist mit 1.000 kanadischen Dollar (ca. 800 Euro) dotiert. Die Physikerin vom Institut für Festkörperphysik der Universität Jena arbeitet an der Modifikation von Halbleitern durch Ionenbestrahlung. Dadurch gewinnt sie wertvolle Informationen über Materialien und Werkstoffe, die dann bei praktischen Anwendungen von Nutzen sein können. Gerade Halbleiter sind heute aus den meisten Technologien nicht mehr wegzudenken.

„Was passiert, wenn solche Materialien mit hochenergetischen Ionen bestrahlt werden?“, lautet die Ausgangsfrage ihrer Arbeit. Dabei hat sie vor allem Materialien mit einer geordneten, kristallinen Struktur untersucht. „Man muss sich das so vorstellen, als würde man z. B. mit einer Pistole auf einen Styroporblock schießen“, veranschaulicht die 29-Jährige ihre Versuche. „In der Regel bleibt die Kugel irgendwann stecken, hat aber auf dem Weg dorthin das Material modifiziert – nämlich zerstört bzw. verändert. Es ist ein Loch entstanden.“ Gleiches passiert bei den Halbleitern, die mit Ionen „beschossen“ werden. Denn die Ionen geben, wenn sie in das Material eindringen, Energie ab, die die Struktur des Halbleiters ebenfalls verändert.

„Allerdings hängt es vom Material ab, ob die kristalline Struktur dabei komplett zerstört oder nur punktuell beschädigt wird“, erklärt Claudia Schnohr. „Das Kristallgitter von Indiumphosphid-Halbleitern etwa ist dann komplett zerstört, das Material amorph. Galliumphosphid-Halbleiter hingegen werden vom Ion zwar durchdrungen, sie verändern ihre Struktur aber kaum.“

Beides sind wichtige Erkenntnisse für die Forschung. So müssen Satelliten etwa so beschaffen sein, dass die elektronischen Bauteile den kosmischen Strahlungen standhalten und sich eben nicht verändern. Durch solche Untersuchungen finden die Wissenschaftler das richtige Material dafür. Andererseits können auch die veränderten Halbleiter nützlich sein. „Durch die Modifikation ändern sich beispielsweise auch die elektrischen Eigenschaften oder das Ätzverhalten entlang der Ionenspur“, sagt die Jenaer Physikerin. „So etwas könnte für die Herstellung spezialisierter Bauelemente von Interesse sein.“ In Jena werden verschiedene Halbleiter untersucht, um sie für Anwendungen einordnen zu können.

Während ihrer Dissertation an der Australian National University in Canberra, Australien, beschäftigte sich die junge Wissenschaftlerin zudem mit einem Verfahren, mit dem solche Veränderungen genauer durchleuchtet werden können: der Röntgenabsorptionsspektroskopie. „Materialien unterscheiden sich oftmals grundlegend darin, wie sie Röntgenstrahlen absorbieren“, erklärt Claudia Schnohr. „Davon profitiert der Arzt, wenn er einen Arm röntgt, genauso wie der Physiker, wenn er Strukturinformationen von Materialien sammeln will.“ Röntgenstrahlen mit unterschiedlicher Energie werden vom Material auch unterschiedlich absorbiert. Das gibt Auskunft über seine Struktur und Beschaffenheit. Die Physikerin möchte diese Methode durch ihre Arbeit auch am Jenaer Institut für Festkörperphysik etablieren.

Kontakt:
Dr. Claudia Schnohr
Institut für Festkörperphysik der Universität Jena
Max-Wien-Platz 1, 07743 Jena
Tel.: 03641 / 947333
E-Mail: c.schnohr[at]uni-jena.de

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Sebastian Hollstein idw

Weitere Informationen:

http://www.uni-jena.de

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