Schrödinger-Preis für Arbeit über Lachgasemissionen

Mit dieser Auszeichnung würdigen der Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft und die Helmholtz-Gemeinschaft gemeinsam herausragende wissenschaftliche Leistungen, an denen Forscher verschiedener Disziplinen beteiligt waren. In einer viel beachteten Untersuchung hat die Gruppe um Butterbach-Bahl die bisher herrschende Meinung widerlegt, dass großflächige Beweidung zur stetig wachsenden Lachgaskonzentration in der Atmosphäre und damit zur globalen Erderwärmung beiträgt.

Der neue Präsident des Stifterverbands, Andreas Barner, wird die Auszeichnung im Rahmen der Helmholtz-Jahrestagung am 19. September in Berlin verleihen. Bei der Untersuchung „Grazing-induced reduction of natural nitrous oxide release from continental steppe“ wirkten der Biologe Professor Klaus Butterbach-Bahl und der Geograf Dr. Michael Dannenmann vom Institut für Meteorologie und Klimaforschung – Atmosphärische Umweltforschung (IMK-IFU) des KIT sowie die Atmosphärenphysikerin Professorin Xunhua Zheng (Chinese Academy of Sciences), der Chemiker Professor Nicolas Brüggemann (Forschungszentrum Jülich) und der Geoökologe Dr. Benjamin Wolf (Empa/Zürich) federführend. Während der Laufzeit des Projekts waren Nicolas Brüggemann und Benjamin Wolf am KIT tätig. Die Ergebnisse der Arbeit, die Ökosystem- und Klimaforschung verbindet, publizierte die Fachzeitschrift „Nature“ 2010.

Die Wissenschaftler haben nachgewiesen, dass die Viehhaltung in Steppengebieten die Abgabe des Treibhausgases Lachgas an die Atmosphäre nicht – wie zuvor angenommen worden war –, erhöht, sondern im Gegenteil sogar verringert. Lachgas (N2O) gehört neben Kohlenstoffdioxid (CO2) und Methan zu den wichtigsten Gasen, die zu Klimawandel und Erderwärmung beitragen.

So ist die Treibhauswirkung einer bestimmten Menge N2O in der Atmosphäre rund 300-mal stärker als die der gleichen Menge CO2.Vom Menschen verursachte Lachgasemissionen entstehen zu rund 60 Prozent in der Landwirtschaft, etwa wenn Mikroben im Boden stickstoffhaltige Exkremente weidender Schafe oder Rinder abbauen. Wissenschaftler hatten daher angenommen, dass auch die Viehhaltung in Steppen- und Präriegebieten dazu beiträgt, dass die Lachgaskonzentration in der Atmosphäre ständig steigt.

Dass der Sachverhalt komplexer ist, zeigten die fünf Forscher um Butterbach-Bahl im Rahmen ihrer von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten Forschergruppe: Flächen, die nicht zur Viehhaltung genutzt werden, emittieren über das Jahr verteilt tatsächlich größere Mengen Lachgas als beweidete Flächen. Für ihre Studie erhoben die Wissenschaftler ein ganzes Jahr lang Daten über mehrere Messstationen im Steppengebiet der Inneren Mongolei/China.

Vorangegangene Kurzzeituntersuchungen hatten übersehen, dass die Emission erheblicher Lachgasmengen aus Steppenböden in die Atmosphäre einen natürlichen Prozess darstellt und dass ein Großteil der natürlichen Emission auf die Tauperiode im Frühjahr zurückzuführen ist.

Genau diese Emission wird durch Beweidung von Steppen deutlich verringert, wie die fünf Forscher in ihrer Studie gezeigt haben: Denn indem die Tiere die Flächen abweiden, vermindern sie die Grashöhe. Dadurch wird der Schnee leichter vom Wind weggetragen. Unter der dünneren Schneedecke sind die beweideten Böden im langen und kalten Winter schlechter isoliert und daher bis zu zehn Grad Celsius kälter, wie Butterbach-Bahl erklärt. „Während der Tauperiode im März entsteht außerdem weniger Schmelzwasser, daher sind die Böden trockener“, erläutert der KIT-Forscher. „Kälte und Trockenheit aber hemmen die mikrobiellen Aktivitäten: Mithin entsteht weniger Lachgas.“

Die Wissenschaftler um Butterbach-Bahl gehen davon aus, dass frühere Berechnungen die Lachgasemission aus beweideten Graslandgebieten um rund 72 Prozent überschätzen. Allerdings ist es eine Tatsache, dass die Lachgaskonzentration in der Atmosphäre ständig steigt. Um dies zu verstehen, ist noch viel weitere Forschungsarbeit erforderlich, wie Butterbach-Bahl betont. Eine vermehrte Viehwirtschaft bringt nicht die Lösung des Problems, da sie große Mengen Methan freisetzt. Zudem führt Überweidung von Steppengebieten zu Bodendegradation und zu starken Verlusten an Bodenkohlenstoffvorräten.

Über den Wissenschaftspreis des Stifterverbands – Erwin Schrödinger-Preis
Seit 1999 zeichnen die Helmholtz-Gemeinschaft und der Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft mit dem Erwin Schrödinger-Preis herausragende wissenschaftliche oder technisch innovative Leistungen aus, die in Grenzgebieten zwischen verschiedenen Fächern der Medizin, Natur- und Ingenieurwissenschaften erzielt worden sind und an denen Vertreter mindestens zweier Fachrichtungen mitgewirkt haben. Der Preis wird jährlich abwechselnd vom Stifterverband und der Helmholtz-Gemeinschaft dotiert. Über das Preisgeld von 50 000 Euro können die Preisträger frei verfügen. Der Preis wird jährlich im Rahmen der Helmholtz-Jahrestagung offiziell übergeben.

Das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts nach den Gesetzen des Landes Baden-Württemberg. Es nimmt sowohl die Mission einer Uni-versität als auch die Mission eines nationalen Forschungszentrums in der Helmholtz-Gemeinschaft wahr. Thematische Schwerpunkte der Forschung sind Energie, natürliche und ge-baute Umwelt sowie Gesellschaft und Technik, von fundamentalen Fragen bis zur Anwendung. Mit rund 9000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, darunter knapp 6000 in Wissenschaft und Lehre, sowie 24 000 Studierenden ist das KIT eine der größten Forschungs- und Lehreinrichtungen Europas. Das KIT verfolgt seine Aufgaben im Wissensdreieck Forschung – Lehre – Innovation.

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Monika Landgraf idw

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