Saarbrücker Materialwissenschaftler erhält in den USA hohe Auszeichnung für Klebstoff-Forschung

Warum dabei auch Metalle und Kunststoffe aneinander haften und wie solche Klebungen lange halten können, erforscht Wulff Possart, Professor für Adhäsion und Interphasen in Polymeren der Universität des Saarlandes.

Für seine grundlegenden Erkenntnisse in der Klebstoff-Forschung wurde er jetzt als erster deutscher Wissenschaftler mit einer hohen US-amerikanischen Auszeichnung, dem „Award for Excellence in Adhesion Science“, geehrt. Der Preis wird von der Adhesion Society of America, der weltweit führenden Forschervereinigung auf diesem Gebiet, vergeben.

„Mit dem Begriff Adhäsion bezeichnet man die Kräfte, die dazu führen, dass zwei Materialien aneinander haften. Es geht dabei also nicht nur um Klebstoffe, wie man sei etwa vom Heimwerken kennt, sondern auch um neuartige Verbundwerkstoffe sowie um Beschichtungen und Lacke“, erläutert Professor Possart sein Forschungsgebiet. Solche Werkstoffe sind häufig hohen Belastungen ausgesetzt.

„Für die Tragflächen eines Flugzeugs werden zunehmend faserverstärkte Kunststoffe verwendet, die man heute auf das Metallgerüst aufgeklebt. Diese Klebungen müssen bei Wind und Wetter nicht nur starke Schwingungen und plötzliche Zugkräfte aushalten, sondern auch hohe Temperaturunterschiede verkraften“, nennt Wulff Possart als Beispiel. Gegenüber genieteten Leisten hätten diese Klebverfahren jedoch den Vorteil, dass sie leichter seien und zugleich wesentlich stabiler. Daher kommen sie auch bei der Sanierung von Brücken, in der Architektur und im Automobilbau immer mehr zum Einsatz.

„Ein Auto enthält heute etwa 15 bis 20 Kilogramm Klebstoff. Das liegt nicht nur an den Verbundwerkstoffen, die etwa für Armaturen und Sitze verwendet werden, sondern auch an den Karosserieteilen, die auf das Fahrzeugskelett aufgeklebt werden. Damit wird die Karosserie wesentlich steifer, kann aber zugleich einen Aufprall besser abfedern“, erläutert der Materialforscher. Für jede Anwendung benötige man jedoch eine andere Klebstoffmischung. Laut Schätzungen gibt es derzeit 250.000 Klebstoff-Formulierungen auf dem Markt. “Um die richtige Zusammensetzung zu finden, wird häufig nur empirisch oder nach dem Bauchgefühl vorgegangen. Wir erforschen deshalb die grundlegenden Mechanismen einer Haftung und versuchen vorherzusagen, wie lange diese auch unter starker Beanspruchung halten wird“, sagt Possart. Damit könne die Industrie viel Geld sparen, da man heute die Klebeflächen um das Fünf- bis Zehnfache größer auslege, um auf Nummer sicher zu gehen. „Wir konnten außerdem nachweisen, dass sich die Klebstoffe durch die Oberflächen vieler Materialien stark verändern und die Chemie sehr weit in die Klebstoffe oder in die Matrix der Verbundwerkstoffe hineinwirkt“, erklärt der Saarbrücker Professor.

Damit die Erkenntnisse aus der Grundlagenforschung schnell den Weg in die industrielle Praxis finden, arbeitet Wulff Possart mit verschiedenen Firmen zusammen. Neben der Automobil- und Flugzeugindustrie zählen dazu die Hersteller von Klebstoffen und Verbundwerkstoffen. Für diese prüft er, ob ihre Klebprozesse optimal eingestellt sind und experimentiert mit neuen Haftmaterialien. Europaweit tauschen sich die Adhäsionsforscher regelmäßig in der European Adhesion Conference (EURADH) aus, die dieses Jahr vom 16. bis 20. September in Friedrichshafen stattfindet. Einer der Tagungsleiter wird Professor Wulff Possart sein.

Hinweis für Hörfunk-Journalisten: Sie können Telefoninterviews in Studioqualität mit Wissenschaftlern der Universität des Saarlandes führen, über Rundfunk-ISDN-Codec. Interviewwünsche bitte an die Pressestelle (0681/302-3610) richten.

Weitere Informationen:
http://www.adhesionsociety.org/Awards/excellence.htm
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Friederike Meyer zu Tittingdorf idw

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