Neueste Erkenntnisse aus der Wahrnehmungsforschung

Die Attempto-Preise gehen dieses Jahr an die Nachwuchswissenschaftler Dr. Christoph Kayser und Dr. Matthis Synofzik. Die mit jeweils 7.500 Euro dotierten Preise werden am heutigen 15. Mai traditionell im Rahmen der Mitgliederversammlung der Vereinigung der Freunde der Universität Tübingen e.V. (Unibund) um 15 Uhr im Großen Senat in der Neuen Aula überreicht.

Seit 1983 werden mit dem Preis herausragende Arbeiten junger Wissenschaftler im Bereich der Neurobiologie ausgezeichnet. Er dient zur Förderung der weiteren wissenschaftlichen Karriere und wird von der Attempto-Stiftung verliehen. Die Stiftung wurde vom Reutlinger Ehepaar Maria-Dorothea und Konrad Ernst ins Leben gerufen. Nahezu alle bisherigen Preisträger haben inzwischen erfolgreiche wissenschaftliche Karrieren gemacht.

Christoph Kayser wurde 1977 in Ulm geboren. Seit 2008 ist er am Tübinger Max-Planck-Institut für biologische Kybernetik als Projektleiter einer Max-Planck-Junior-Gruppe zum Thema „Neuronale Grundlagen der Sinnesintegration“ tätig. In seiner Forschung beschäftigt sich Kayser mit der Frage, wie und wo im Gehirn die Informationen von Seh- und Hörsinn kombiniert werden. Ihn interessieren dabei vor allem Prozesse zur Integration verschiedener Sinneseindrücke, mit denen der Mensch seine Wahrnehmung verbessert. So ist z. B. ein Sprecher in einer lauten Umgebung für den Hörer besser verständlich, wenn der Hörer die Lippenbewegung des Sprechenden auch visuell verfolgen kann. Auch Lernprozesse lassen sich schneller bewältigen, wenn Lerninhalte mit mehreren Sinnen aufgenommen werden. Bereits in früheren Studien hat Kayser mit seiner Gruppe nachgewiesen, dass der Prozess der Sinnesintegration schon auf viel tieferen Verarbeitungsebenen beginnt als bisher angenommen. In seiner prämierten Arbeit konzentriert er sich auf das Hörsystem und untersucht, wie genau sich die neuronale Repräsentation von akustischer Information durch Sinnesintegration verändert. Dazu vergleicht Kayser systematisch verschiedene Mechanismen der neuronalen Informationskodierung im Hörkortex. Dabei zeigt sich, dass Zellpopulationen Sinnesinformation auf verschiedenen zeitlichen Skalen gleichzeitig repräsentieren können. Kayser stellt somit fest, dass die Änderung einer neuronalen Antwort auf einer kurzen Zeitskala andere Komponenten eines akustischen Reizes kodieren kann als die langsamere Komponente derselben Antwort.

Matthis Synofzik wurde 1979 in Marburg geboren. Er forscht seit 2007 als Arzt und Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Zentrum für Neurologie, Abteilung Neurodegenerative Erkrankungen, sowie am Hertie-Institut für Klinische Hirnforschung. Zugleich ist er assoziierter Mitarbeiter am Institut für Ethik und Geschichte in der Medizin der Universität Tübingen. Synofzik befasst sich zum einen mit der Funktion des Kleinhirns und dessen Ausfällen bei Patienten mit Kleinhirnläsion. Nach gängiger Auffassung führt eine solche Schädigung des Kleinhirns zu Problemen mit der Koordination von Bewegungen. Zum anderen untersucht Synofzik auch Wahrnehmungsstörungen, insbesondere im Hinblick auf die Wahrnehmung von Bewegungen. Auch hier spielt das Kleinhirn eine wesentliche Rolle: Es fungiert als Schnittstelle zwischen der Durchführung und der Wahrnehmung von Bewegungen. An diesem Punkt setzt auch Synofziks Forschung an. Der Wissenschaftler nimmt an, dass den motorischen Störungen von Menschen mit Kleinhirnläsion Wahrnehmungsdefizite vorausgehen. Er möchte herausfinden, inwiefern die Bewegungsdefizite eine Folge von Wahrnehmungsstörungen sind. In seiner ausgezeichneten Arbeit untersucht Synofzik die Rolle des Kleinhirns bei der Wahrnehmung der eigenen Bewegung. Im Alltag trifft der Mensch ständig Vorhersagen über die eigenen Bewegungen, z. B. um etwas zu greifen. Diese Vorhersagen müssen den gegebenen Bedingungen angepasst werden, etwa in unterschiedlichen Lebensphasen oder auch bei wechselnder Tagesverfassung. Synofzik konnte in seiner Arbeit nachweisen, dass das Kleinhirn für diese Anpassungen zuständig ist.

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