Nachhaltige Baustoffe für die Zukunft – Preisverleihung in Dübendorf

Die Veranstaltung der gleichnamigen Fachgruppe der Gesellschaft Deutscher Chemiker (GDCh) findet am 11. und 12. Oktober im schweizerischen Dübendorf statt und unterstreicht mit der Wahl des Veranstaltungsortes den zunehmend internationalen Charakter der GDCh-Fachgruppentagungen.

Neben dem Schwerpunktthema Nachhaltige Baustoffe der Zukunft bilden Beiträge zu Forschung und Entwicklung über Zement, Mörtel und Betonen, computerbasierten Methoden in der Bauchemie sowie Untersuchungs- und Prüfverfahren für Baustoffe und Gebäude das zweitägige Programm. Die Förderpreise der Fachgruppe Bauchemie werden im Rahmen des Gesellschaftsabends verliehen.

Ausgehend vom weiteren erwarteten Wachstum der Weltbevölkerung und damit der Megastädte, führt Romer in seinem Vortrag aus, dass sich der Bedarf an Zement bis 2050 in etwa verdoppeln wird. Dabei sind Gebäude bereits heute für etwa 50 Prozent der globalen CO2-Emissionen und Weltabfallproduktion sowie mehr als 35 Prozent des globalen Energieverbrauchs verantwortlich. Die Baumaterialen selbst machen bei durchschnittlichen europäischen Gebäuden dabei immerhin rund 10 Prozent des sogenannten „environmental footprint“, also der Umweltbelastung, aus. Romer adressiert daher die Hauptquelle für CO2-Emission von Beton und Zement: den Klinkeranteil.
Um eine Reduktion des Klinkeranteils zu erreichen und so den Ausstoß des Klimagases zu verringern, müssen alternative Werkstoffe wie beispielsweise mineralische Verbindungen verwendet werden oder besondere Additive zum Einsatz kommen. Dies beeinflusst allerdings weitere Eigenschaften des Zements bzw. Betons. Neben verschiedenen Optionen geht Romer u.a. auf das verstärkte Recycling von Baumaterialen ein. Dieser Ansatz ermöglicht eine stark verbesserte Rohstoff-Effizienz und senkt gleichzeitig den Bedarf für Flächen, in denen Bauschutt einlagert werden muss, das sogenannte „landfilling“. Zudem leistet die Bauchemie auf diese Wiese auch einen Beitrag zur Biodiversität, so Romer.

Diplom-Ingenieur Henrik Funke, Technische Universität Chemnitz, beschäftigt sich im Themenblock „Forschung und Entwicklung“ mit einem „neuen Hybridwerkstoff aus Textilbeton und glasfaserverstärktem Kunststoff für Leichtbaustrukturen im Bauwesen“. Textilbeton, also spezielle Beton-Mischungen, die durch Textilfasern bzw. Textilfasermatten verstärkt werden, und glasfaserverstärkter Kunststoff (GFK) bieten beide große Vorteile. So sind diese Werkstoffe durch hohe Festigkeit, Langlebigkeit oder gute Oberflächenqualität bei kosteneffizienter Fertigung gekennzeichnet. Beide Materialien wurde in der Vergangenheit unabhängig voneinander entwickelt und optimiert, so dass sich bei einer Kombination der beiden Werkstoffe verschiedene Probleme zeigen, die eine baupraxisgerechte Umsetzung solch eines Hybridmaterials bislang nicht erlaubten.
Diese Probleme basieren in erster Linie auf unterschiedlichen Eigenschaften von Textilbeton und GFK z.B. bei der Dichte, Elastizität, Festigkeit oder beim Brandverhalten. Funke präsentiert in seinem Beitrag eine Lösung für dieses Problem. Durch Einsatz eines Interlayers aus Epoxidharz und einem Polyester-Wabenflies wurde eine mechanische, chemische und thermische Entkopplung der beiden Materialen erreicht. Auf diese Weise gelang es Funke und seinen Kollegen, einen neuen Hybridwerkstoff mit exzellenten Eigenschaften zu entwickeln. Den Wissenschaftlern gelang so die Herstellung eines 2,8 Quadratmeter großen und nur 40 kg schweren Fassadenelements, aufgebaut aus 5 mm Textilbeton und 4 mm GFK. In Zukunft könnten solche Bauteile weitere Fortschritte im Bereich Leichtbau ermöglichen.

Die Förderpreise der Fachgruppe Bauchemie für Diplomarbeiten gehen in diesem Jahr beide an die TU Bergakademie Freiberg. Iris Paschek wird für ihre Arbeit zum Thema „Untersuchungen zur Existenz und Stabilität von Calciumsulfat- und Calciumselenat-Subhydraten“ ausgezeichnet. Damit erbrachte sie einen wichtigen Beitrag zur Kenntnis der Zusammenhänge zwischen Bildungsbedingungen (Temperatur und Wasserdampfpartialdruck) und Hydratwassergehalt der Calciumsulfat-Subhydrate. Diese Zusammenhänge sind auch für die gipsverarbeitende Industrie von besonderer Bedeutung. Daneben erhält Andrea Winkler einen Förderpreis. Ihre Diplomarbeit mit dem Titel „Zur Wirkung von Gipsadditiven auf die Gipskristallisation“ lieferte wichtige Erkenntnisse zur Gelkristallisation von Gips und der Morphologieänderung bei Zusatz verschiedener Phosphonsäuren sowie auch zur Reaktionskinetik. Dabei löste Winkler auch offene Fragen aus dem Bereich der gipsverarbeitenden Industrie.

Dr. Ueli Michael Angst wird für seine Dissertation mit dem Thema „Chloride induced reinforcement corrosion in concrete“ von der Fachgruppe Bauchemie mit einem Förderpreis geehrt. Angst reichte seine Arbeit an der Norwegischen Universität für Wissenschaft und Technologie (NTNU – Trondheim) ein. Er hat im Rahmen seiner Arbeit eine sehr fundierte und grundlegend weitergehende Untersuchung des Themas der Korrosion von Stahlbewehrungen durchgeführt. Ausschlaggebend für die Ehrung sind dabei vor allem Angsts Vorgehensweise und die klare Struktur der Diskussion der Ergebnisse, aber auch die ausgereifte theoretische Herleitung seiner Resultate. Mit seinen Ergebnissen könnte zukünftig für eine umfassende sensorische Erfassung von Stahlbewehrungskorrosion ermöglicht werden.

Im kommenden Jahr werden die Bauchemiker wieder in Deutschland tagen. Ihr Treffen Anfang Oktober 2013 in Berlin wird dann aber als „1st International Conference on the Chemistry of Construction Materials“ die Internationalität des Themas noch weiter in den Vordergrund stellen. Beitragseinreichungen hierfür sind bis Mitte Januar 2013 möglich.

Die Gesellschaft Deutscher Chemiker gehört mit über 30.000 Mitgliedern zu den größten chemiewissenschaftlichen Gesellschaften weltweit. Sie hat 27 Fachgruppen und Sektionen, darunter die Fachgruppe Bauchemie mit rund 320 Mitgliedern. Die Fachgruppe besteht seit 1997. Sie hat sich zum Ziel gesetzt, bauchemische Kenntnisse zu bündeln, zum Informationsaustausch beizutragen und neue Impulse für Forschung und Entwicklung zu geben.

Media Contact

Dr. Renate Hoer GDCh

Weitere Informationen:

http://www.gdch.de

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