Der Glanz des Wakker-Preises an Fläsch fällt auch auf die HTW Chur

Welchen Charakter soll unser Dorf aufweisen? Diese Frage beschäftigt viele Gemeinden. Denn viele Strukturen in den Dörfern stammen aus einer Zeit mit anderen Gesellschafts- und Wirtschaftsformen. So ist das Bild ländlicher Gemeinden häufig durch die Landwirtschaft geprägt, auch wenn die Mehrheit der Bewohner nur im Dorf wohnt, aber ihre Arbeit in grösseren Ballungszentren findet.

Diese Situation gilt auch für die Gemeinde Fläsch. Dem Engagement des lokalen Architekten Kurt Hauenstein ist es zu verdanken, dass die Verantwortlichen nicht einfach zuwarteten, bis sich das Dorf schleichend verändert hatte, sondern die Gestaltung des Dorfbildes aktiv angingen. 2004 wählten sie Christian Wagner, Professor für Architektur an der HTW Chur, als Bauberater. Zusammen skizzierte man ein Leitbild. Kernelement dabei war, den Charakter eines Weinbaudorfs in Fläsch zu erhalten und nach Möglichkeit weiterzuentwickeln.

Um weitere Zielvorstellungen für die Bauordnung der Gemeinde zu entwickeln, schlug Wagner vor, das Studierende der HTW Chur das Dorf analysieren und Projekte für dasselbe ausarbeiten. Die Gemeinde war einverstanden. Die vier Dozenten Roger Boltshauser, Maurus Frei, Andreas Hagmann und Aita Flury sowie rund 60 Studierende investierten unter der Gesamtleitung von Christian Wagner für ihre Analysen über 20'000 Stunden. Sie erstellten unter anderem umfassende Bebauungsstudien. Charakteristiken der Grundrisse von Häusern sowie Ställen, der Dachformen, der Mauern, der Pflanzen, des Verkehrs oder der Besonnung wurden erfasst. Dabei zeigte sich beispielsweise, wie prägend die ins Dorf hineingreifenden Weinberge oder die vielen Mauern sind.

Basierend auf den Studien schlugen Christian Wagner und der Raumplaner Christian von Ballmoos der Gemeinde eine neue Bauordnung vor. Diese umfasste auch eine Bauzonenänderung, so dass möglichst viele der Weinberge im Dorf erhalten bleiben. Ein wichtiger Punkt war, dass jeder Gesuchsteller für einen Neu- oder Umbau eine Bauberatung erhält. Diese kann dann bereits im Vorfeld eines Bauprojektes erläutern, auf was der Bauherr achten sollte, beispielsweise dass Fremdelemente wie Zyklopenmauerwerk oder künstliche Terrassierungen nicht ins Dorf gehören. Die fest verankerte Beratung hat auch zur Folge, dass Massvorschriften für Bauten auf ein Minimum reduziert werden können.

Die Stimmbürger von Fläsch hiessen die neue Bauordnung beziehungsweise das neue Baugesetz im Jahre 2008 gut. Mit dem Wakkerpreis 2010 kommt es nun zur schweizweiten Anerkennung der Ortsbildplanung von Fläsch. Einen Teil der Anerkennung dürfen die Forschenden der HTW Chur um Christian Wagner auch für sich verbuchen. Ihre Analysen und Vorschläge helfen Fläsch, damit es sein schmuckes Gesicht längerfristig behalten kann.

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Christoph Meier idw

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