Gemeinsam lernen – mit und ohne Behinderung

Unter dem Motto „Gemeinsam lernen – mit und ohne Behinderung“ zeichnet der „Jakob Muth-Preis für inklusive Schule“ auch in diesem Jahr Schulen aus, die behinderte und nicht behinderte Kinder vorbildlich zusammen unterrichten.

Projektträger sind der Beauftragte der Bundesregierung für die Belange behinderter Menschen, Hubert Hüppe, die Bertelsmann Stiftung und die Deutsche UNESCO-Kommission. Bewerben kann sich bis zum 14. Mai jede Schule, die den Weg zur inklusiven Schule beschreitet – unabhängig von Schulform oder Trägerschaft. Die drei ersten Preise sind mit je 3.000 Euro dotiert und werden im November 2010 feierlich verliehen.

Mit dem bundesweiten Preis soll die Praxis von Schulen bekannter gemacht werden, die eine bessere Teilhabe ermöglichen – unabhängig von Herkunft, Beeinträchtigung oder sonstiger Benachteiligung. Namensgeber Jakob Muth (1927-93) hatte sich als Bochumer Professor schon früh für eine gemeinsame Erziehung behinderter und nicht behinderter Kinder eingesetzt.

Bis heute sieht die Praxis in Deutschland anders aus: Rund 85 Prozent der Kinder mit Behinderungen oder Lernschwierigkeiten in Deutschland werden in separaten Förderschulen unterrichtet. Diese erweisen sich häufig als Sackgasse für ihre weitere Entwicklung: Die Abgänger erhalten keinen qualifizierenden Schulabschluss und eine gesellschaftliche Teilhabe wird ihnen wesentlich erschwert. Dass es anders geht, zeigen andere europäische Länder: In Italien, Norwegen und Schweden etwa gehen 95 Prozent aller beeinträchtigten Schüler in allgemeine Schulen. Auch in Deutschland kann das Konzept der inklusiven Schule gelingen: Dies zeigen die 144 Schulen, die sich im vergangenen Jahr am damals erstmalig ausgelobten Jakob Muth-Preis beteiligt haben.

Die seit Anfang 2009 verbindliche UN-Konvention über die Rechte behinderter Menschen fordert auch für Deutschland, schulische Bildung möglichst inklusiv zu gestalten. „Mit der Konvention ist die Entscheidung über die Frage, ob es ein inklusives Schulsystem geben muss, gefallen. Jetzt geht es um das Wie“, sagt Hubert Hüppe. Wenn behinderte Kinder gemeinsam mit nicht behinderten Kindern unterrichtet werden, seien die Bildungschancen deutlich größer, und zwar für alle Kinder. „Jetzt sind die Schulen auf der Suche nach Konzepten. Sie benötigen die Erfahrung und Kreativität von Pädagogen, die sich bereits auf den Weg gemacht haben. Nichts wirkt besser als ein gutes Vorbild.“

„Von einem inklusiven Schulsystem profitieren alle – Schüler mit und Schüler ohne Förderbedarf“, betont Dr. Jörg Dräger, Vorstandsmitglied der Bertelsmann Stiftung und zuständig für die Bildungs- und Integrationsprojekte. Der nötige Umbau des Schulsystems brauche aber Zeit: „Zuerst müssen sich Schulen und Lehrer darauf vorbereiten, Kinder mit Förderbedarf aufzunehmen.“ Ein Großteil der ca. 2,6 Milliarden Euro, die pro Jahr für Förderschulen in Deutschland ausgegeben werden, sollte in diesen Umbau investiert werden, fordert Dräger: „Sonst zahlen wir weiter Jahr für Jahr viel Geld für einen Sonderweg, der für zu viele Kinder in einer Sackgasse endet.“

„Inklusive Bildung weltweit ist ein wichtiges Ziel der UNESCO“, sagt Dr. Roland Bernecker, Generalsekretär der Deutschen UNESCO-Kommission. Deutschland sei hier im internationalen Ver-gleich noch nicht weit genug und müsse dringend mehr Anstrengungen unternehmen. Inklusion bedeute nicht, dass sich der Lernende in ein bestehendes System integrieren muss, sondern dass das Bildungssystem die Bedürfnisse aller Lernenden berücksichtigt und sich an sie anpassen muss. „Erst wenn unser Bildungssystem allen Kindern ermöglicht, in einem gemeinsamen Unterricht voll am schulischen Leben teilzuhaben, können wir von umfassender Bildungsgerechtigkeit sprechen“, unterstreicht Bernecker. Diese Idee soll der Jakob Muth-Preis in Deutschland weiter voranbringen.

Bewerben kann sich jede Schule, die sich auf dem Weg zur inklusiven Schule befindet. Das Bewerbungsformular, die Auswahlkriterien sowie weitere Informationen zum Preis finden Sie unter www.jakobmuthpreis.de. Bis zum 14. Mai 2010 können Bewerbungen geschickt werden an:

Jakob Muth-Preis für inklusive Schule
c/o Bertelsmann Stiftung
Carl-Bertelsmann-Str. 256
33311 Gütersloh
Ulrich Kober, Telefon: 0 52 41 / 81-81 598
E-Mail: ulrich.kober@bertelsmann-stiftung.de

Media Contact

Ute Friedrich idw

Weitere Informationen:

http://www.jakobmuthpreis.de

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