Fraunhofer-Forscher erhält Deutschen Studienpreis

Der Materialforscher vom Fraunhofer-Institut für Silicatforschung ISC in Würzburg wird für seine Dissertation, in der es um »Wasserreinigung und Rohstoffrecycling mit nanomagnetischen Helfern« geht, ausgezeichnet. Der 28 Jahre alte Wissenschaftler promovierte an der Fakultät für Chemie und Pharmazie der Julius-Maximilians-Universität Würzburg unter Professor Dr. Gerhard Sextl, Inhaber des Lehrstuhls »Chemische Technologie der Materialsynthese« und Leiter des Fraunhofer ISC.

Dr. Mandel hat die praktischen Forschungsarbeiten für seine Dissertation am Fraunhofer ISC durchgeführt; jetzt leitet er dort den Bereich »Partikeltechnologie und Grenzflächen«. Er erhält den mit 25 000 Euro dotierten ersten Preis in der Sektion Natur- und Technikwissenschaften. Die Verleihung findet am 2. Dezember 2014 in Berlin statt.

Verschiedenste Stoffe – von Düngemitteln bis Schwermetallen – verschmutzen weltweit Wasser, welches dadurch zu flüssigem Müll, zu Abwasser wird. Durch »nanomagnetische Helfer« ist es möglich, die Substanzen aus dem Wasser wieder herauszuholen – so werden sie erneut für Industrie oder Landwirtschaft nutzbar gemacht und gleichzeitig wird das Wasser gereinigt.

Karl Mandels Aufgabe in seiner Doktorarbeit war es, eine Art »Greifer« zu entwickeln, mit dem man ins Wasser »hineingreifen« und die darin gelösten Stoffe herausholen kann. Somit wäre das Wasser gereinigt und die herausgezogenen Stoffe für industrielle Zwecke wieder einsetzbar. Dieses Prinzip hat der Fraunhofer-Forscher mit einem materialchemischen und prozesstechnischen Ansatz ausgeführt.

Dabei sind kleine Spezialpartikel die innovative Lösung. Diese Partikel können feinstverteilt dem Abwasser zugegeben werden und dann die darin enthaltenen Stoffe selektiv chemisch binden. Der Trick dabei: Da die Partikel magnetisch sind, können sie mit ihrer Fracht einfach mit einem Magneten aus dem Abwasser herausgezogen werden.

Der an die Partikel gebundene Stoff wird dann wieder abgewaschen und kann so in einer Waschlösung gesammelt und z. B. für industrielle Prozesse wiederverwertet werden. Auch die Partikel selbst sind wiederverwendbar. Dem Abwasser erneut zugegeben können sie ihre Reinigungsaufgabe aufs Neue erfüllen.

Bei der Entwicklung dieses Prozesses bestand die besondere Herausforderung darin, die Spezialpartikel richtig aufzubauen. Um Stoffe im Wasser zu binden, müssen sie sich nämlich fein im Abwasser verteilen. Die Fängerpartikel müssen dazu völlig frei im Abwasser schweben und dürfen zunächst nicht magnetisch sein. An dieser Stelle kommt die Nanotechnologie zum Einsatz, die sich mit Materialien im Größenbereich von wenigen Tausendstel Mikrometern beschäftigt. Zum Vergleich: Ein Nanopartikel verhält sich in seiner Größenrelation zu einem Fußball wie der Fußball zum gesamten Erdball.

Nanoteilchen werden zu schaltbaren Magneten

Das Faszinierende an dieser kleinen Dimension ist, dass viele physikalische und chemische Eigenschaften von Materialien plötzlich radikal andersartig werden. So auch nanodimensionierte magnetische Materialien. Ein solches Nanopartikel rotiert seine magnetische Ausrichtung willkürlich in alle Richtungen – aber nur solange, bis ein großer Magnet in die Nähe des Partikels gebracht wird. Dann richtet sich seine Magnetisierung aus und es wird vom Magneten angezogen. Wird der Magnet entfernt, verliert es wieder seine magnetische Eigenschaft. Somit entsteht ein schaltbarer Magnet. Durch den Nanoeffekt ziehen sich die Partikel im Abwasser nicht gegenseitig an, verteilen sich gut und sind nur aktiv, wenn ein großer Magnet in der Nähe ist.
Um aber die Partikel mit einem großen Magneten gut anziehen zu können, braucht es einen Trick: Viele der kleinen Partikel werden mithilfe eines Matrixmaterials zu einem großen Partikel zusammengefasst. Ein solches Partikel, mit Abermillionen Nanopartikeln in seinem Inneren, entspricht in seiner Größe dann etwa der Dicke eines menschlichen Haares – und es behält seine Eigenschaft als schaltbarer Magnet bei. Ausgestattet mit einer für bestimmte Stoffe modifizierten Oberfläche bindet das große zusammengesetzte Partikel dann selektiv Stoffe wie Phosphat oder Arsen.
Mit diesem Verfahren kann eine Kläranlage so zur Rohstofflagerstätte der Zukunft werden, während das Wasser gereinigt wird.

Viel Unterstützung und Förderung für die Promotion

Die Auszeichnung mit dem Deutschen Studienpreis für die Promotion zeigt die gesellschaftliche Bedeutung der Arbeit Dr. Mandels. »Ich freue mich sehr über den Preis und darüber, dass ich mit meiner Arbeit und der Darstellung meiner Forschung die Jury des Deutschen Studienpreises interessieren und begeistern konnte«, sagt der Fraunhofer-Forscher. Er betont, dass die Voraussetzung für den Preis zwar seine Promotionsarbeit gewesen sei, dass diese jedoch ohne die Unterstützung und Förderung vieler Beteiligter nicht möglich gewesen wäre. Die gesamte Gruppe und das Fraunhofer ISC hätten ihm das optimale Arbeitsumfeld für die Dissertation bereitet.

Als Promotionsstudent wurde er finanziell und ideell vom Fonds der Chemischen Industrie durch ein Kekulé-Stipendium gefördert. Die Doktorarbeit war zudem teilweise auch an dem von der Baden-Württemberg Stiftung geförderten Projekt »BioSupaWert« aufgehängt.

Ganz besonders bedankt sich Dr. Mandel bei seinem Doktorvater Prof. Dr. Gerhard Sextl für die sehr gute Betreuung und Förderung. »Ebenso möchte ich mich ganz herzlich bei meinen Betreuern Dr. Carsten Gellermann, dem damaligen Leiter des Bereichs Partikeltechnologie und Grenzflächen, sowie Dr. Frank Hutter, Wissenschaftler in derselben Gruppe, für die tolle Betreuung und Unterstützung bedanken.« Eine weitere Danksagung des jungen Preisträgers geht an Dipl.-Ing. Asya Drenkova-Tuhtan vom Institut für Siedlungswasserbau, Wassergüte- und Abfallwirtschaft in Stuttgart: »Es war wirklich eine prima Zusammenarbeit im Projekt »BioSupaWert«, mit einer Klasse Kollegin.«

Fruchtbare Zusammenarbeit zwischen dem Fraunhofer ISC und der Universität Würzburg

Dr. Karl Mandel, der mit dem Projektteam von »BioSupaWert« für seine Arbeit im Herbst 2013 bereits mit dem »Zukunftspreis Re-Water Braunschweig« ausgezeichnet worden war, freut sich, dass das Thema seines Promotionsvorhabens an der Julius-Maximilians-Universität auf so breites Interesse und eine solche Begeisterung stieß. So sei eine wunderbare Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer ISC und der Universität Würzburg zustande gekommen.
Auch Prof. Dr. Gerhard Sextl, Leiter des Fraunhofer ISC und Inhaber des Lehrstuhls Chemische Technologie der Materialsynthese, sieht in dem Erfolg den Beweis für die gelungene Verzahnung des Fraunhofer ISC mit der Universität Würzburg. »Als Doktorvater freue ich mich sehr über den Preis für Dr. Mandels Forschungsbeitrag. Die Arbeit zeigt, welch hohe Anwendungsorientierung für die Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftler durch die Zusammenarbeit von Institut und Universität erreicht wird und welch tolle Früchte sie trägt. Der Studiengang Funktionswerkstoffe ist ein geeignetes Modell für weitere interdisziplinäre Studiengänge. Bei der Ausbildung der Studierenden arbeiten Universität und das Fraunhofer ISC eng zusammen«, kommentierte Prof. Dr. Sextl die Bekanntgabe des Preisträgers.

Die Arbeit mit den magnetischen Nanopartikeln am Fraunhofer ISC ist für Dr. Mandel übrigens keineswegs beendet: Ein von der Baden-Württemberg-Stiftung finanziertes Folgeprojekt zum Thema Phosphat-Rückgewinnung hat eben begonnen. Aber auch die wissenschaftliche Lehrtätigkeit ist ein Gebiet, in dem sich Dr. Mandel künftig mehr einbringen möchte.

Mehr Informationen zum Studiengang »Funktionswerkstoffe« gibt es unter:
http://www.uni-wuerzburg.de/fuer/studierende/angebot/faecher/tecfun/
Informationen zum Bereich »Partikeltechnologie und Grenzflächen« am Fraunhofer ISC:
http://www.isc.fraunhofer.de/arbeitsgebiete/nanopartikel/

Der Deutsche Studienpreis der Körber-Stiftung
Der Deutsche Studienpreis zeichnet jährlich die besten Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftler aller Fachrichtungen aus. Schirmherr ist Bundestagspräsidenten Norbert Lammert. Der Deutsche Studienpreis zählt zu den höchstdotierten wissenschaftlichen Nachwuchspreisen in der Bundesrepublik. Ausgezeichnet werden können Promovierte aus allen Disziplinen, die mit »magna« oder »summa cum laude« promoviert haben. Neben der fachwissenschaftlichen Exzellenz zählt beim Deutschen Studienpreis vor allem die spezifische gesellschaftliche Bedeutung der jeweiligen Forschungsbeiträge. Dabei ist weniger die ökonomische Verwertbarkeit gefragt, wohl aber der gesamtgesellschaftliche Nutzen wissenschaftlicher Erkenntnisse. Neben der fachlichen müssen Bewerber auch kommunikative Qualitäten vorweisen. Kandidaten in der engeren Auswahl müssen auf einer Tagung in einem Vortrag die Jury von der fachlichen und gesellschaftlichen Relevanz ihrer Forschungsarbeit überzeugen.

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