Erneut hohe Auszeichnung für Klaus Müllen – Hermann-Staudinger-Preis für Graphen-Polymerchemie

Müllen (69), seit 1989 Direktor am MPI für Polymerforschung, hat in seinem Geburtsort Köln Chemie studiert, an der Universität Basel promoviert, sich an der ETH Zürich habilitiert und gelangte über Professuren an den Universitäten Köln und Mainz ans dortige MPI für Polymerforschung. Neben seinen beiden Ehrendoktoraten führten ihn Gast- und Ehrenprofessuren u.a. nach Osaka, Shanghai, Jerusalem, Leuven, Cambridge, Rennes, St. Louis, Changchun, Gainesville, Montreal, Evanston, Calgary, Bordeaux, Beijing, Pittsburgh, Marseille, Shanghai und Singapur.

Zu den weit über 20 weiteren Auszeichnungen zählen der Max-Planck-Forschungspreis (1993), der Philip-Morris-Forschungspreis (1997), der ACS Award in Polymer Science (2011) und die Adolf-von-Baeyer-Denkmünze der GDCh (2013). Den Hermann-Staudinger-Preis der GDCh erhält Müllen in Anerkennung seiner richtungsweisenden Arbeiten zur Synthese von unkonventionellen polycyclischen aromatischen Kohlenwasserstoffen und 2D-Makromolekülen für elektronische Bauelemente sowie in Würdigung seines herausragenden persönlichen Engagements für das Fachgebiet der Makromolekularen Chemie.

Kohlenstoffmaterialien für die Informations- und Energietechnik

In seinem Vortrag stellt Müllen seine Polymerchemie der Graphene und Graphen-Nanobänder (GNRs) vor. Letztere sind Streifen von Graphen mit einem Durchmesser kleiner als 50 Nanometer und quasi eindimensionaler Struktur. Diesen Strukturen kann große praktische Bedeutung zukommen, doch weil sie strukturell noch nicht genau bestimmt werden konnten, tut man sie gern als „schwarzes Zeug“ ab, als Ruß. Andererseits werden die beiden Neuzugänge in der Kohlenstofffamilie verbreitet als multifunktionale Wundermaterialien und als ergiebige Spielwiese für die Physiker angepriesen.

Auch Müllen glaubt an die Zukunft dieser Materialien für die Energietechnik, und zwar für eine neue Generation von Halbleitern, um gedruckte Schaltungen weiter zu miniaturisieren und um gegenüber klassischen konjugierten Polymeren die Leitungsbandstrukturen besser beeinflussen zu können.

Für die Materialsynthese stellen diese Ziele große Herausforderungen dar, der sich Müllen und sein Team angenommen haben. Sie haben sowohl für die Graphen- als auch die GNRs-Herstellung neue Wege eingeschlagen. Dieser synthetische Durchbruch in der Grundlagenforschung führt die Materialwissenschaften in eine neue Zukunft, ist sich Müllen sicher, der in seinem Vortrag Vorhersagen über die Zukunft wagt.

Die Reimund-Stadler-Preisträger Michael Sommer und Frederik H. Wurm

Auch Michael Sommer (37), Habilitand und Nachwuchsgruppenleiter am Institut für Makromolekulare Chemie an der Universität Freiburg, befasst sich u.a. mit Graphen, und zwar mit Kompositen aus Graphen und konjugierten Polymeren für Anwendungen in Batterien, Superkondensatoren und thermoelektrischen Bauteilen. Sommers Schwerpunkt liegt dabei auf den konjugierten Polymeren. Auch hier sucht er nach effizienten, einfachen und kostengünstigen Syntheseverfahren und erforscht Struktur-Funktionalitätsbeziehungen für elektronische Bauteile, die auf organischen Materialien basieren. Die Erfolge seiner Forschungsarbeiten stellt er in seinem Preisträgervortrag dar.

Der zweite Reimund-Stadler-Preisträger, Frederik R. Wurm (35), ist Gruppenleiter am MPI für Polymerforschung in Mainz. Wie Sommer ist auch er schon vielfach ausgezeichnet und kann eine lange Publikationsliste vorlegen. Er befasst sich in seinen Arbeiten aber mit gänzlich anderen chemischen Substanzklassen, die er in seiner Grundlagenforschung eher geeignet sieht für Anwendungen im biologischen Bereich, etwa für die Herstellung künstlicher Gewebe oder für wasserlösliche proteinbasierte Therapeutika. Als Polymerchemiker versucht er eine präzise Synthesechemie zu entwickeln, um Wechselwirkungen von synthetischem Material mit Biomolekülen und Biooberflächen zu beeinflussen. Im Zentrum seines Forschungsinteresses stehen dabei Polyphosphorester.

Die Tagung im Brennglas

Die Tagung streift in weiteren 35 Vorträgen und noch weit mehr Posterbeiträgen alle aktuellen Forschungsgebiete der Makromolekularen Chemie, zu denen beispielsweise nanoskalige metallhaltige Supramoleküle, Katalyse in der Polyurethanchemie, faserverstärkte Kunststoffe oder Graphenmaterialien für die Brennstoffzellenkatalyse gehören. Der Vorsitzende des Organisationskomitees ist Professor Dr. Wolfgang H. Binder vom Institut für Chemie der Universität Halle.

Die Gesellschaft Deutscher Chemiker (GDCh) gehört mit über 31.000 Mitgliedern zu den größten chemiewissenschaftlichen Gesellschaften weltweit. Sie hat 28 Fachgruppen und Sektionen, darunter die Fachgruppe Makromolekulare Chemie mit knapp 1.200 Mitgliedern. Die Fachgruppe wurde vor 66 Jahren gegründet. Sie vereinigt Wissenschaftler aus Hochschulen, Forschungsinstituten und der Industrie, und zwar aus allen Bereichen der Polymerchemie und -physik von den Funktionswerkstoffen, den technischen Kunststoffen, über Biopolymere und Biomaterialien bis hin zu nanoskaligen Polymersystemen für die Medizin, Elektronik oder Optik. Der Reimund-Stadler-Preis der Fachgruppe ist mit 5.000 Euro dotiert. Für den Hermann-Staudinger-Preis der GDCh, benannt nach dem Chemienobelpreisträger von 1953 und dotiert mit 7.500 Euro, hat die Fachgruppe Makromolekulare Chemie ein Vorschlagsrecht.

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Dr. Renate Hoer idw - Informationsdienst Wissenschaft

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