Dresdner Arzt erhält Forscherpreis der DGHO

PD Dr. med Gunnar Folprecht hat auf dem wichtigsten gemeinsamen Kongress der Deutschen, Schweizer und Österreichischen Hämatologen und Onkologen in Berlin den Vincenz Cerny Preis 2010 erhalten.

Der leitende Arzt der interdisziplinären Ambulanz des Universitäts KrebsCentrums bekam die mit 7.500 Euro dotierte Auszeichnung der Fachgesellschaft für seine herausragende Krebsforschung.

In einer klinischen Studie, konnte er nachweisen, dass bösartige, nicht operable Lebertumore, die sich als Metastasen eines Darmkrebses dort gebildet haben, bei mehr als 60 Prozent der Patienten durch eine Chemotherapie mit einer Medikamentenkombination schrumpfen, die den Antikörper Cetuximab enthält. Die verkleinerten Lebermetastasen konnten in einer anschließenden Operation zum Teil entfernt werden. Die Erkenntnisse für diese spezielle Patientengruppe markieren einen weiteren Fortschritt für eine individualisierte Krebstherapie.

„Dies ist weltweit die erste randomisierte Studie in der Patientengruppe mit nur auf die Leber begrenzten, nicht operablen Metastasen, die sich aus bösartigem Darmkrebs, den so genannten Kolon- und Rektumtumoren, entwickelt haben“, berichtet PD Dr. med. Gunnar Folprecht, der auch als Leiter der Onkologischen Tagesklinik und Ambulanz der Medizinischen Klinik I am Universitätsklinikum Carl Gustav Carus tätig ist.

Von den Patienten mit Lebermetastasen leiden mehr als 80 Prozent an einem nicht resektablen Tumor. Das heißt, der Tumor kann aufgrund seiner Ausdehnung operativ nicht entfernt werden, da zum Beispiel zu große Teile der Leber entfernt werden müssten. Diese Patienten können nur mit einer Chemotherapie behandelt werden, wobei ihre Aussichten auf ein Langzeit-Überleben ohne die chirurgische Entfernung der Metastasen erfahrungsgemäß gering sind.

An der klinischen Studie, die fachübergreifend von onkologischen Forschungsgruppen an mehr als zwölf Kliniken in Deutschland und Österreich gemeinsam durchgeführt wurde, haben im dreijährigen Untersuchungszeitraum 114 Patienten teilgenommen. „Es war damals ein ganz neuer Ansatz, als wir im Dezember 2004 die ersten Patienten dieser Studie mit einer Chemotherapie in Kombination mit einem Medikament, das den Antikörper Cetuximab enthält, behandelten“, erklärt Folprecht.

Krebszellen besitzen an ihrer Oberfläche spezifische Bindungsstellen (Rezeptoren), die unter anderem auch chemische Signale zum Zellwachstum empfangen und weiterleiten. Das sind die so genannten Epidermalen Wachstumsfaktor-Rezeptoren (EGFR). Der Antikörper Cetuximab bindet sich an einen solchen Wachstums-Rezeptor und blockiert die Signalübertragung. Die Tumorzelle wird somit gezielt an ihrem Wachstum gehindert. Bei deutlich mehr als 60 Prozent der zusätzlich zur Chemotherapie mit dem Antikörper Cetuximab behandelten Patienten verkleinerten sich die bösartigen Lebermetastasen. Bei einem Drittel der Patienten konnten die Lebermetastasen anschließend operativ entfernt werden.

Die randomisierte Langzeitstudie brachte auch weitere Forschungsergebnisse für eine auf den einzelnen Patienten zugeschnittene, bestmögliche Krebstherapie: Bei jedem der an der Studie teilnehmenden Krebserkrankten wurde Darmkrebsgewebe untersucht. Hierbei wurde bestätigt, dass durch die Bestimmung von Genveränderungen im Tumor, zum Beispiel eine Mutation im k-ras-Gen, die Wirksamkeit dieser Medikamentenkombination vorhergesagt werden kann.

Die verbesserten Möglichkeiten einer Operation der Lebermetastasen haben sich die Krebsforscher des deutsch-österreichischen Forschungsverbundes in einem Blindversuch bestätigen lassen: „Die Tumore der Patienten wurden zu Beginn der Behandlung, dann nach zwei, vier und sechs Monaten im Computertomographen (CT) aufgenommen“, so PD Dr. med. Gunnar Folprecht vom Universitäts KrebsCentrum Dresden. Chirurgen der beteiligten Kliniken wurden die Computertomographie-Bilder ohne Hinweis auf das Aufnahmedatum zur Beurteilung vorgelegt. Sie sollten einzig sagen, ob der darauf abgebildete Tumor zu operieren sei oder nicht. Folprecht weiter: „Wir haben die Aussagen der Chirurgen zu jeder einzelnen Aufnahme mit dem jeweiligen Zeitpunkt der kombinierten Chemotherapie-Behandlung abgeglichen. Die Chirurgen haben in dem Blindversuch unsere Forschungsergebnisse bestätigt, dass nach der Behandlung ungefähr ein Drittel der Patienten mehr als zu Beginn der kombinierten Chemotherapie als operabel eingeschätzt werden. Dies bestätigt unser Konzept einer Behandlung mit dem Ziel einer möglichst starken Tumorverkleinerung.“

Diese Studie wurde in der britischen Fachzeitschrift „The Lancet“ publiziert:
G. Folprecht1, T. Grünberg2, W. O. Bechstein3, H.-R. Raab4, F. Lordick5, J. T. Hartmann6, H. Lang7, A. Frilling8, J. Stoehlmacher9, J. Weitz10, R, Konopke11, C. Stroszczynski12, T. Liersch13, D. Ockert14, T. Hermann15, E. Goekkurt16, F. Parisi17, C.-H. Köhne18, „Tumour response and secondary resectability of colorectal liver metastases following neoadjuvant chemotherapy with cetumixmab: the CELIM randomised trial“, in:

Lancet Oncol 11 (1): 38-47 (2010)

Universitätsklinikum Carl Gustav Carus/ Universitäts KrebsCentrum, Dresden
2) Universitätsklinikum Wien
3) Universitätsklinikum Frankfurt/ Main
4/18) Klinikum Oldenburg
5) Klinikum rechts der Isar, München
6) Universitätsklinikum Tübingen
7) Universitätsklinikum Mainz
8) Universitätsklinikum Essen
10/14) Universitätsklinikum Heidelberg
13) Universitätsklinikum Göttingen
15) Krankenhaus der Barmherzigen Brüder, Trier
17) New York University Cancer Institute, New York
Weitere Informationen:
PD Dr. med. Gunnar Folprecht
Leitender Arzt der interdisziplinären Ambulanz des Universitäts KrebsCentrums, Leiter der Onkologischen Tagesklinik und Ambulanz der Medizinischen Klinik I
Tel. (0351) 458-4797
E-Mail: Gunnar.Folprecht@uniklinikum-dresden.de
Pressekontakt:
Birte Urban-Eicheler
Öffentlichkeitsarbeit und Bildungsprojekte
Universitäts KrebsCentrum (UCC)
Tel. (0351) 458-7443
E-Mail: birte.urban@uniklinikum-dresden.de
Das Universitäts KrebsCentrum Dresden (UCC) ist bundesweit eines von elf „Onkologischen Spitzenzentren“ der Deutschen Krebshilfe e.V. Diese Auszeichnung erhielt das UCC 2007 nach einer internationalen Begutachtung als eines der ersten Spitzenzentren in Deutschland. Das Universitäts KrebsCentrum Dresden wurde 2003 gemeinsam vom Universitätsklinikum und der Medizinischen Fakultät Carl Gustav Carus als Comprehensive Cancer Center für umfassende interdisziplinäre Versorgung krebskranker Patienten, Krebsforschung und Lehre gegründet. Seit 2004 ist das UCC nach DIN EN ISO 9001:2008 zertifiziert.

Im Universitäts KrebsCentrum Dresden arbeiten in sämtlichen onkologischen Disziplinen hoch spezialisierte Fachärzte zusammen, um für die einzelnen Patienten eine individuell abgestimmte, optimale multidisziplinäre Therapie zu erzielen. Viele Spezialisten sind nicht nur erfahrene Ärzte, sondern darüber hinaus als Hochschullehrer und Krebsforscher tätig. Damit ist sichergestellt, dass der modernste Wissensstand bei jedem Schritt von der Diagnostik bis zur Behandlung berücksichtigt wird.

Am Universitäts KrebsCentrum hat das Deutsche Krebsforschungszentrum Heidelberg im März 2010 eine Dresdner Außenstelle des Krebsinformationsdienstes (KID) eingerichtet, die Fragen von Patienten, Angehörigen und Ärzten in den neuen Bundesländern zum Thema Krebs unabhängig, kostenlos und fachlich fundiert beantwortet.

Media Contact

Holger Ostermeyer idw

Weitere Informationen:

http://www.ucc.med.tu-dresden.de

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