DFG unterstützt Greifswalder Neuroblastom-Forschung an der Kinderklinik

Prof. Holger Lode (li.) und Dr. Nikolai Siebert wollen in den kommenden drei Jahren die Durchschlagskraft der Greifswalder Immuntherapie erheblich verbessern. Foto: UMG/Manuela Janke

Anja aus der Ukraine, Berzan aus der Türkei und Olivia aus Australien. Nirgendwo geht es so international zu wie auf der Station der Kinderonkologie. Mädchen und Jungen aus aller Welt kommen nach Greifswald, weil sie unter einem tückischen Tumor leiden und ihre letzte Hoffnung in eine spezielle Immuntherapie setzen.

Das Team um Professor Holger Lode und Dr. Nikolai Siebert hat jetzt eine Bewilligung von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) erhalten, um dieses Verfahren weiter zu entwickeln und zu optimieren. Dafür stellt die DFG für die kommenden zwei Jahre in einer ersten Stufe 300.000 Euro zur Verfügung.

„Für unsere Arbeit an dieser sehr komplexen Behandlungsmethode ist die Förderung eine großartige Unterstützung. Wir wollen das Verfahren verfeinern und so die Heilungschancen weiter erhöhen“, sagte Prof. Holger Lode, Direktor des Zentrums für Kinder- und Jugendmedizin an der Universitätsmedizin Greifswald. Das Neuroblastom ist eine der häufigsten Krebserkrankungen bei Kindern. Sie machen fast acht Prozent aller Krebserkrankungen im Kindes- und Jugendalter aus. Patienten mit dieser Erkrankung haben mit konventionellen Methoden immer noch eine sehr ungünstige Prognose.

Die Krebszellen wirkungsvoll blockieren

Die Greifswalder Kinderonkologen haben in den letzten Jahren die spezielle Immuntherapie für Kinder mit einem Neuroblastom bis zum klinischen Einsatz weiterentwickelt. Die Behandlung beruht derzeit auf einem Antikörper, der die Krebszellen als körperfremd markiert und so dem Immunsystem zur Bekämpfung sichtbar macht. Diese Behandlung dauert etwa ein halbes Jahr.

Der Greifswalder Kinderonkologe Prof. Holger Lode war maßgeblich an der Entwicklung und dem Erfolg der Therapie beteiligt, wobei die Ursprünge bereits in seine Zeit als Wissenschaftler am renommierten Scripps Research Institute in La Jolla (Kalifornien) vor 20 Jahren zurückreichen.

Insgesamt 80 kleine Patienten wurden schon in Greifswald mit der Immuntherapie behandelt. Diese kamen überwiegend aus Deutschland, aber auch aus Australien, Singapur, Korea, Spanien, England, Norwegen, Schweden, Dänemark, Holland, Polen, Israel, den USA, Russland, Bulgarien, Türkei und Griechenland. Die Therapie wird zunehmend an großen onkologischen Zentren in Europa eingesetzt wie beispielsweise in London (Great Ormond Street Hospital), Paris (ITCC), Genua, Wien und Valencia.

„Bei dem neuen Verfahren soll künftig zusätzlich die hemmende Wirkung der Krebszellen auf das Immunsystem unterbunden werden, um so die Wirksamkeit der Therapie zu verbessern. Dieses Prinzip, auch Immuncheckpoint Blockade genannt, erforschen wir in unserer Forschungsgruppe unter Leitung von Dr. Nikolai Siebert“, erläuterte Lode. „Wir rechnen damit, das erweiterte Verfahren in der 2. Projektphase, also in etwa drei Jahren, klinisch einsetzen zu können.“

Insgesamt hat sich die Lebenserwartung durch neue medizinische Verfahren in den letzten 20 Jahren verdoppelt. Bei einem Neuroblastom liegen gegenwärtig die Überlebenschancen bei Langzeituntersuchungen lediglich bei 30 Prozent.

„Wenn die Betroffenen innerhalb eines Jahres einen Rückfall erleiden, besteht mittels konventioneller Therapie kaum noch eine Chance. Durch die Antikörpertherapie gelang es, das Überleben bei Patienten mit einem Rückfall nach einem Jahr von quasi Null auf 80 Prozent zu steigern. Nach fünf Jahren leben derzeit noch 40 Prozent der Kinder und Jugendlichen mit einem Neuroblastom. Das ist für die Antikörpertherapie zwar beachtlich, wir wollen dieses Ergebnis aber mit dem neuen Ansatz noch einmal deutlich verbessern“, unterstrich Dr. Nikolai Siebert.

Zur Kinderonkologie im Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin gehören eine Station, eine Tagesklinik sowie eine Ambulanz mit zwei Oberärzten, drei Assistenzärzten, 15 Pflegefachkräften, einer Sozialarbeiterin und einem Erzieher. Für die Eltern der jungen Langzeitpatienten stehen zwei Dolmetscher und Unterkünfte vor Ort zur Verfügung.

In Greifswald werden jedes Jahr rund 500 Kinder und Jugendliche mit einer Krebserkrankung betreut. Das Forschungsteam, bestehend aus vier Wissenschaftlern, vier Technischen Assistenten, einer Studiendokumentarin und medizinischen Doktoranden, ist teilweise von der Universität, aber überwiegend aus Drittmitteln finanziert.

Foto UMG/Manuela Janke:
Rückenwind von der Deutschen Forschungsgemeinschaft – Prof. Holger Lode (li.) und Dr. Nikolai Siebert wollen in den kommenden drei Jahren die Durchschlagskraft der Greifswalder Immuntherapie erheblich verbessern.

Universitätsmedizin Greifswald
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Sauerbruch-Straße, 17475 Greifswald
T +49 3834 86-63 01 und -63 25
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