Der Herr der Magnetfelder: EU verleiht HZDR-Forscher begehrte Forschungsförderung in Millionenhöhe

Dr. Frank Stefani erkundet magnetohydrodynamische Phänomene. Der Europäische Forschungsrat unterstützt seine Untersuchungen nun mit 2,5 Millionen Euro. HZDR / R. Weisflog

Unsere Erde umspannt ein Magnetfeld, da in ihrem Inneren eine Schicht aus flüssigem Eisen einen festen Eisenkern umspült. Diese Bewegungen lösen einen elektrischen Strom aus, der wiederum das wichtige Magnetfeld, das uns zum Beispiel vor dem Sonnenwind schützt, hervorruft. Wie dieser Geodynamo genau funktioniert, ist bisher aber unklar.

Frank Stefani vom Institut für Fluiddynamik am HZDR will mehr Licht ins Dunkel des Erdkerns bringen. Nach Ansicht des Physikers könnte die Präzession eine wichtige Rolle spielen: „Unter diesem Begriff verstehen wir die Bewegung, die zum Beispiel ein gekippter, sich drehender Kinderkreisel vollführt. Auch unsere Erde taumelt auf ähnliche Weise durch das Weltall, da ihre Rotationsachse um etwa 23 Grad zur Bahnebene geneigt ist. Diese Präzession könnte zumindest eine komplementäre Energiequelle des Geodynamos sein.“

Um diese Hypothese zu testen, hat Stefani mit seinen Kollegen ein weltweit einmaliges Experiment entwickelt. Die Physiker füllen dafür eine gewaltige Stahltrommel, die im Durchmesser zwei Meter umfasst, mit acht Tonnen flüssigem Natrium.

„Da dieses Element Strom sehr gut leitet, eignet es sich exzellent für unsere Experimente“, erläutert Stefani und fährt fort: „Bei den Versuchen wird das Gefäß um seine eigene Längsachse rotieren, während sich gleichzeitig ein massiver Teller, auf dem es montiert ist, um sich selbst dreht. Dadurch können wir im Natrium eine Präzessionsströmung auslösen, die vergleichbar mit derjenigen der Erde ist.“

So wollen die Forscher nachweisen, dass Präzession als natürlicher Antrieb einer Strömung ausreicht, um ein Magnetfeld zu erzeugen. Vor kurzem konnte Stefanis Team belegen, dass die Erfolgschancen dafür sehr gut stehen.

Was bringt die Materie aus dem Tritt?

Sieben Jahre hat der Physiker in das Design und den Aufbau der Anlage investiert. Ab 2019 sollen die ersten Experimente anlaufen. Der ERC-Grant bietet ihm nun eine exzellente Grundlage, um mit zusätzlichem Personal einen möglichst großen wissenschaftlichen Gewinn aus den geplanten Versuchen zu ziehen. Denn die Untersuchungen zum Dynamoeffekt sind nur ein Teil des Projekts LEMAP (Laboratory Experiments on Magnetic Phenomena in Geo- and Astrophysics).

Ein zweiter Aspekt beschäftigt sich mit der Frage, wie sich Sterne und Schwarze Löcher aus Gasscheiben bilden können. Eine entscheidende Rolle dürfte hier die sogenannte Magneto-Rotationsinstabilität (MRI) spielen, wie Stefani erklärt: „Eigentlich müsste aufgrund der Drehimpulserhaltung die Materie stabil um das Zentrum der Gasscheiben kreisen. Sie dürfte dort nicht hineinfallen. Das ist aber die wesentliche Voraussetzung für die Entstehung von Sternen.“

Es muss einen weiteren Mechanismus geben. Laut MRI-These könnten Magnetfelder die Rotation der elektrisch leitfähigen Scheiben destabilisieren, wodurch Drehimpuls nach außen und Masse nach innen transportiert wird. In zwei Vorläuferexperimenten konnte Frank Stefani mit Kollegen aus Potsdam bereits spezielle Versionen der MRI nachweisen.

Mit einer neuen Anlage, die ebenfalls im DRESDYN-Projekt entsteht, will er nun erstmals die Standardvariante der MRI im Labor erzeugen. Dafür kreieren die Wissenschaftler zunächst eine stabile, kreisförmige Strömung aus flüssigem Natrium. Diese setzen sie dann unter den kombinierten Einfluss eines senkrechten und eines kreisförmigen Magnetfeldes. „Wir möchten vor allem herausfinden, wie sich die MRI-getriggerte Turbulenz verhält, wenn wir die Rotationsgeschwindigkeit stark erhöhen und dabei gleichzeig das ringförmige Magnetfeld auf null reduzieren“, erzählt Stefani.

Welche Auswirkungen Magnetfelder im Kosmos haben, steht auch beim dritten Teil des Projekts im Mittelpunkt. Hier wollen die Forscher eine bestimmte Zone der Sonne – die Tachocline – im Labor nachstellen. In dieser Region erfolgt der Übergang zwischen dem starr rotierenden inneren Bereich des Sterns zur äußeren Konvektionszone.

„Uns interessiert hier der Streifen um den Äquator, an dem es auch die meisten Sonnenflecken gibt“, beschreibt Stefani. „In diesem Teil der Tachocline rotiert das Äußere schneller als das Innere. Für diesen Typ von Strömung haben wir gerade die Theorie einer neuen magnetohydrodynamischen Instabilität entwickelt, die wir Super-MRI nennen. Diese wollen wir experimentell nachweisen, was aber sehr hohe elektrische Ströme erfordert.“

Es sind genau solch risikoreicheren Vorhaben, die der ERC mit den Advanced Grants unterstützen will. Die Förderung richtet sich dabei vor allem an bereits anerkannte Forscherinnen und Forscher. Ausschlaggebendes Kriterium ist die wissenschaftliche Exzellenz des vorgeschlagenen Projekts. In dieser Runde gab es 2.167 Bewerbungen, von denen nur 269 ausgewählt wurden. Die Förderquote liegt damit bei rund 12 Prozent.

http://www.hzdr.de/presse/erc-grant_stefani

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Simon Schmitt Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf

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