Der erste Albrecht-Kossel-Preis geht an Roland Lill – Biochemie-Konferenz 2014 als passender Rahmen

Lill, im württembergischen Öhringen geboren, studierte in Ulm und München Chemie und fertigte seine Diplom- und Doktorarbeit zu biochemischen Fragestellungen an. Nach zweijährigem Postdoc-Aufenthalt an der University of California, Los Angeles, kehrte er zur Habilitation nach München zurück und nahm 1996 eine C3-Professur am Institut für Zytobiologie und Zytopathologie an der Universität Marburg an. Seit 2002 hat er eine C4-Professur inne.

1999 entdeckte Lill den bis dahin unbekannten Prozess der Eisen-Schwefel-Protein-Biogenese in Eukaryoten. Diese Proteine besitzen Eisen-Schwefel-Cluster (ISC) als anorganische Co-Faktoren, die z.B. beim Elektronentransport, der Enzym-Katalyse und der Regulation der Genexpression benötigt werden. Mit seinem Forschungsteam isolierte er fast alle der 20 mitochondrialen ISC-Proteine und charakterisierte deren Funktion in der Eisen-Schwefel-Protein-Biogenese.

Er konnte zeigen, dass die Mehrzahl dieser ISC-Proteine auch für die Herstellung der cytosolischen und nukleären Eisen-Schwefel-Proteine verantwortlich ist und somit erklären, warum Mitochondrien essentielle Organellen sind. In der Folge klärte er auch die biochemische Bedeutung einzelner Komponenten des Eisen-Schwefel-Protein-Biosynthesewegs für die Entstehung menschlicher Krankheiten auf, die mit neurodegenerativen, hämatologischen und metabolischen Störungen verbunden sind.

Die Preisverleihung findet mit der internationalen Tagung der GDCh-Fachgruppe Biochemie vom 16. bis 18. Juli in Berlin den passenden Rahmen. Auf der Tagung werden die Bandbreite der Chemie der Biomoleküle, der Chemie in Zellen und Organellen, aber auch die Chemie der Omik-Teilgebiete der Biologie (z.B. Proteomik) sowie Biomaterialien und Xenobiologie präsentiert und diskutiert. Die 30 Vortragenden kommen aus sieben Ländern, darunter auch Israel, Japan und die USA.

Unter anderem stellen sie hoffnungsvolle Ansätze für neue Therapien gegen Krankheiten wie Krebs, Malaria oder Aids vor. Auch die Grundlagenforschung zur synthetischen Biologie kommt nicht zu kurz – alles unter dem Aspekt der bioorthogonalen Chemie. Hier werden chemische Untersuchungen an Biomolekülen durchgeführt, ohne die eigentlichen, natürlich ablaufenden biochemischen Prozesse zu verändern oder zu stören.

Der neu eingerichtete und mit 7.500 Euro dotierte Albrecht-Kossel-Preis ist die erste Auszeichnung der GDCh, die explizit hervorragende Leistungen auf dem Fachgebiet der Biochemie würdigt. Der Namensgeber des Preises, Ludwig Karl Martin Leonhard Albrecht Kossel, war ein deutscher Biochemiker, Mediziner und Physiologe. Er lebte von 1853 bis 1927 und wurde 1910 mit dem Nobelpreis für Physiologie oder Medizin für seine Forschung am Zellkern sowie die Isolierung der Nukleinsäuren und Bestimmung deren Konstitutionen ausgezeichnet.

Kossels Leitmotiv war die Suche nach den Grundbausteinen des Lebens. Er entzifferte das ABC (bzw. ATGC) der Erbsubstanz und charakterisierte die wichtigsten 30 Bausteine im Zellkern. Mit seinen Erkenntnissen hat er wie kaum ein anderer die modernen Lebenswissenschaften geprägt und voran gebracht. Kossel dozierte an mehreren Universitäten, darunter auch Marburg, und war unter anderem Ehrendoktor der Universitäten von Cambridge, Edinburg, Dublin, Genf und Greifswald sowie Mitglied mehrerer ausländischer Akademien der Wissenschaft. Zudem war er mehr als 30 Jahre lang Herausgeber der „Zeitschrift für Physiologische Chemie“.

Die Gesellschaft Deutscher Chemiker (GDCh) gehört mit rund 31.000 Mitgliedern zu den größten chemiewissenschaftlichen Gesellschaften weltweit. Sie vergibt zahlreiche Preise für hervorragende Leistungen in den verschiedenen Teildisziplinen der Chemie. Die Preise sind nach Chemikern benannt, die in ihrem Fach Wegweisendes geleistet haben. Der mit 7.500 Euro dotierte Albrecht-Kossel-Preis wurde 2012 eingerichtet und 2013 das erste Mal ausgeschrieben.

http://www.gdch.de

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Dr. Renate Hoer GDCh

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