Ein molekulares Universalwerkzeug setzt sich durch: Meyenburg-Preis 2005 für die Entdeckung der siRNA

Jahrzehntelang haben Wissenschaftler nach einer Methode gesucht, um die Aktivität einzelner Gene schnell und zuverlässig abzuschalten. Dem deutschen Biochemiker Dr. Thomas Tuschl, der 2003 vom Göttinger Max-Planck-Institut an die Rockefeller University in New York wechselte, ist dies mit einem überraschend einfachen Trick gelungen. Für seine Entdeckung wird ihm am 4. Mai im Deutschen Krebsforschungszentrum der diesjährige Meyenburg-Preis verliehen.

Tuschl erkannte 2001, dass kurze, doppelsträngige RNA-Abschnitte von nur 21 bis 23 Bausteinen Länge, so genannte siRNAs („small interfering RNAs“), gezielt Boten-RNA-Moleküle stilllegen können. Boten-RNA entsteht als Abschrift einzelner Gene und dient der Zelle als Bauplan für die Herstellung von Proteinen. Die Folge der Blockade: Das betreffende Gen wird nicht mehr in Proteinmoleküle übersetzt.

Binnen kürzester Zeit entwickelte sich siRNA zu einem der wichtigsten Werkzeuge der biomedizinischen Forschung. Mit maßgeschneiderten künstlichen siRNA-Molekülen schalten Forscher heute gezielt Gene aus und schließen aus den anschließenden Veränderungen der Zellen auf die Funktion der „ausgefallenen“ Proteine. Die Methode ermöglicht, gleich Hunderte von Genen auf einmal zu untersuchen. Derzeit setzen Pharmafirmen weltweit die siRNA-Technologie dazu ein, das menschliche Erbgut großflächig nach Angriffspunkten für neue Medikamente zu durchsuchen.

Auch die natürliche Funktion der ultrakurzen RNA-Moleküle in der Zelle ist inzwischen besser verstanden. Man weiß, dass sie eine Vielzahl von Prozessen regulieren: Von der Virusabwehr bis hin zur Steuerung der Genaktivität reichen die Aufgaben der Molekülschnipsel.

Inzwischen wird die siRNA-Technik jedoch längst nicht mehr nur als Methode der Grundlagenforschung gehandelt, sondern bietet sich auch für den therapeutischen Einsatz an. Mittlerweile ist es gelungen, die winzigen RNA-Doppelstränge an geeignete Trägermoleküle zu koppeln. So ließ sich bei Mäusen bereits durch gezieltes Stilllegen von Genen eine Stoffwechselstörung behandeln. Thomas Tuschl, der als Mitbegründer der Firma Alnylam Pharmaceuticals auch das wirtschaftliche Potential der siRNA-Technologie schnell erkannt hat, wurde für seine Entdeckung bereits vielfach geehrt.

Maria Meyenburg verfügte 1975 testamentarisch die Einrichtung der Wilhelm und Maria Meyenburg-Stiftung im Deutschen Krebsforschungszentrum. Der derzeit mit 40 000 Euro dotierte Preis für herausragende Leistungen in der Krebsforschung wird von Dr. Marion Meyenburg, der Tochter des Stifterpaars, überreicht.

Die Preisverleihung findet am Mittwoch, dem 4. Mai 2005, um 16 Uhr im Kommunikationszentrum des Deutschen Krebsforschungszentrums statt. Interessierte Bürger und Journalisten sind herzlich eingeladen.

Media Contact

Dr. Julia Rautenstrauch idw

Weitere Informationen:

http://www.dkfz.de

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