"Microbubbles" im Herz

Mikrobläschen, beladen mit einem Medikament, werden in die Blutbahn injiziert. Am Zielort werden sie mit Ultraschall zerstört, das Medikament wird freigesetzt. Grafik: R. Bekeredjian

Gasbläschen transportieren Gene und Arzneistoffe / BioFuture-Preis für Weiterentwicklung der Ultraschall-Methode wird am 31. Januar 2005 an Dr. Raffi Bekeredjian verliehen

Für die Behandlung schwerer Herzerkrankungen könnte diese Entwicklung eine Revolution bedeuten: Winzige Gasbläschen, die in die Blutbahn injiziert werden, transportieren Gene oder Arzneimittel ins Herz. Durch Ultraschall werden sie am Zielort zerstört, der Inhalt wird freigesetzt und entfaltet dort seine Wirkung – und das voraussichtlich ohne Nebenwirkungen. Verwendet werden dafür Kontrastmittel für Ultraschalluntersuchungen, die schon lange bei Patienten im Einsatz sind. Nach Einsatz besonders hoher Ultraschallenergie platzen die Bläschen.

Dr. Raffi Bekeredjian hat dieses Verfahren in den letzten Jahren gemeinsam mit Wissenschaftlern der University of Texas entwickelt. Im Sommer 2004 kehrte er zu seiner Arbeitsgruppe in der Medizinischen Universitätsklinik Heidelberg zurück. Dort wird er diese Methode etablieren und bis zur klinischen Anwendung weiterführen – mit Hilfe der ca. 900.000 Euro Fördersumme des BioFuture Preises 2004, der ihm am 31. Januar 2005 vom Bundesministerium für Bildung und Forschung in Berlin verliehen wird.

Drei weitere Preisträger aus der Medizinischen Fakultät Heidelberg

Die Medizinische Fakultät Heidelberg konnte im vergangenen Jahr vier der acht Preisträger des renommierten Preises, der höchstdotierten Fördersumme für Nachwuchsforscher in Deutschland, stellen. Nur selten ist es bislang einem klinisch tätigen Wissenschaftler gelungen, diesen Spitzenpreis für Biotechnologie-Forschung zu erringen.

Dr. Raffi Bekeredjian ist Arzt und wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Abteilung Kardiologie, Pulmologie und Angiologie und gehört der Arbeitsgruppe „Experimentelle Echokardiographie“ von Professor Dr. Helmut Kücherer, dem Leitenden Oberarzt der Abteilung, an. Das Potenzial der neuen Methode schätzt dieser hoch ein: „Durch die Zerstörung von Ultraschall-Kontrastmitteln im Herzen könnten beispielsweise beim akuten Herzinfarkt hohe Konzentrationen von Medikamenten im Herzmuskel freigesetzt werden“, so Professor Kücherer. Die Nebenwirkungen wären gering, da sich der Wirkstoff nicht im gesamten Körper verteilt. Auch bei anderen Erkrankungen, z.B. bösartigen Tumoren, wäre eine Anwendung denkbar.

Ultraschall hat geringe biologische Nebeneffekte

In seinen Arbeiten haben Dr. Bekeredjian und seine amerikanischen Kollegen bereits den Beweis erbracht, dass die Gasbläschen („microbubbles“) tatsächlich als Träger von Genen und Arzneimitteln funktionieren. In der Zeitschrift „Circulation“ veröffentlichten sie 2003 Ergebnisse von Tierversuchen, die bewiesen, dass die Mikrobläschen tatsächlich Gene nach Ultraschall-Beschallung fast ausschließlich im Herz freisetzen, die dort dann aktiv werden. Die verwendeten Gene produzierten mehr als vier Tage lang einen „Leuchtstoff“ im Herzen, der kaum in anderen Organen zu finden war.

Von den Blasen als Genfähren versprechen sich die Heidelberger Forscher zudem geringere Risiken für den Patienten. Denn die derzeit in Labors und Kliniken getesteten Viren, die als Träger der Gene bei einer Gentherapie verwendet werden sollen, können im Prinzip auch andere Organe und Zellen befallen und dort unerwünschte Reaktionen auslösen. Dass die biologischen Nebeneffekte der Ultraschall-Methode im Herzen selbst nur gering ausfallen, konnten Dr. Bekeredjian und seine Kollegen in Texas in einer zweiten Arbeit zeigen: Mit Hilfe der so genannten Microarray-Technik stellten sie fest, dass sich die Aktivitäten der meisten Gene in den Herzzellen kaum veränderten.

Klinische Studien nach fünfjähriger Forschungszeit geplant

Die „Microbubbles“ sind nicht nur Genfähren, sondern auch Medikamenten-Transporter. Dies haben die Wissenschaftler in einer dritten Arbeit beschrieben. In einem Tierversuch zeigten sie, dass ein leuchtender Eiweißstoff mit Hilfe der zerplatzten Bläschen in hoher Konzentration ins Herz eingebracht werden kann.

Herr Dr. Bekeredjian wird sich nun in den nächsten Jahren mit der Optimierung dieser Technik beschäftigen. Ziel ist es, möglichst viele Zellen eines Zielorgans mit den Genträgern zu erreichen, um Herzerkrankungen erfolgreich behandeln zu können. Hierzu sind auch Kooperationen mit weiteren wissenschaftlichen Disziplinen geplant, z.B. der Chemie, Pharmazie und Ultraschallphysik. Am Ende der fünfjährigen Forschungszeit sollen – bei Erfolg – erste klinische Studien begonnen werden. Somit könnte der Weg für eine Anwendung am Patienten gebahnt werden.

Bei Rückfragen:

Dr. Raffi Bekeredjian
Telefon: 06221 / 56 39 097
E-Mail: Raffi.Bekeredjian@med.uni-heidelberg.de

Literatur zu Forschungsarbeiten von Dr. Bekeredjian:
(1) R. Bekeredjian et. al.: Effects of ultrasound-targeted microbubble destruction on cardiac gene expression. Ultrasound in Medicine & Biology, Volume 30,Issue 4,Pages 539-543.
(2) R. Bekeredjian et. al.: Ultrasound-Targeted Microbubble Destruction Can Repeatedly Direct Highly Specific Plasmid Expression to the Heart. Circulation. 2003;108:1022.

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Dr. Annette Tuffs idw

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