Spitzenforschung in EU-Projekten – erster Preis für doIT Software Awards

Karlsruhe arbeitet intensiv am intelligenten Web

Das Internet lernt sprechen. Genauer: Das World Wide Web lernt, wie ein Mensch mit Sprache umzugehen und logische Beziehungen zwischen Wörtern und Informationen herzustellen. In Karlsruhe forschen Wissenschaftler der Universität und weiterer Einrichtungen intensiv im Bereich dieser nächst höheren Ausbaustufe des Internets, dem so genannten semantischen Web. Ein Team des Instituts für Angewandte Informatik und Formale Beschreibungsverfahren (AIFB) hat jetzt den ersten Preis des doIT Software-Awards für die Entwicklung der Software „Bibster“ gewonnen.

Mit der Weiterentwicklung des Internets will die Informatik-Forschung erreichen, dass Informationen im Web in Zukunft von Suchmaschinen besser gefunden werden. Eine höhere Treffsicherheit wird unter anderem für Web Services (standardisierter Internet-Zugang zu automatisierten Diensten im Web) dringend gebraucht. Firmen-Intranets können von der innovativen Technologie am meisten im Bereich der Daten-Integration profitieren.

Bibster beispielsweise macht das Suchen und Teilen von Informationen leicht: Mit der an der Fridericiana entwickelten Software können sich die Benutzer gegenseitig Daten ihrer Rechner zur Verfügung stellen. Das bedeutet, ein Benutzer von Bibster kann zum Beispiel nach bestimmten Zeitschrifteneinträgen von „Jürgen Müller“ suchen oder thematische Anfragen nach Büchern mit einem bestimmten Thema abschicken. „Das Besondere an Bibster ist, dass die Software mit semantischen Strukturen umgehen kann. Das heißt, sie erkennt Begriffe und kann diese zuordnen“, erklärt Professor Dr. Steffen Staab.

Die Europäische Union (EU) unterstützt die Forschung zum semantischen Web im 6. Forschungsförderprogramm mit vier europaweit ausgelegten Forschungsprojekten (Integrated Projects, IP) sowie dem Aufbau von vier Exzellenznetzwerken (Network of Excellence, NoE). Karlsruhe entwickelt sich in diesem Zusammenhang zu einem herausragenden Standort für Semantic Web-Spitzenforschung in Deutschland und Europa.

„An drei der vier integrierten Projekte und an einem Netzwerk sind Firmen und Institute aus Karlsruhe zum Teil federführend beteiligt“, berichtet der Präsident der Semantic Web Science Association e.V., Professor Dr. Rudi Studer. Der Informatiker ist mit einer Forschungsgruppe am AIFB der Universität Karlsruhe, einem zweiten Forschungsteam am FZI Forschungszentrum Informatik sowie der Firma Ontoprise GmbH, Karlsruhe, in alle drei Projekte sowie in den Aufbau des Exzellenznetzwerkes eingebunden.

Hintergrund der Forschungsarbeiten ist, dass Computer im Web derzeit nicht, oder nur sehr fragmentarisch, erkennen können, in welcher übergeordneten Beziehung Wörter zueinander stehen und in welchem Umfeld sie was bedeuten. Rechner wissen zum Beispiel nicht, dass ein Mitarbeiter eine Person ist oder dass ein Ball im Kontext von Kleid und Frack als festliche Veranstaltung und nicht als Sportgerät einzustufen ist.

Um die Computer hier weiterzuentwickeln, werden die Begriffe und Zusammenhänge, in denen der Mensch über einen bestimmten Problembereich nachdenkt und redet, von den Informatikforschern formal modelliert und so aufbereitet, dass Korrelationen für die Maschine erkennbar werden. Aus der praktischen Anwendung des Modells entstehen Begriffs- und Ordnungsbestimmungen, so genannte Ontologien. Ontologien sind die Grundlage für das semantische Web. Sie werden so angelegt, dass sie kontinuierlich, zum Teil automatisch, mit dem angewandten Sprachschatz des Fachgebietes aktualisiert und weiter ausgebaut werden können.

Die EU-Forschungsprojekte und Netzwerke beschäftigen sich jeweils mit unterschiedlichen technologischen Teilaspekten des Semantic Web.

Firmen und Forschungsinstitute aus Karlsruhe arbeiten an folgenden Forschungsvorhaben mit:

SEKT (Semantically Enabled Knowledge Technologies)
Projektkoordination: British Telecom.
Technische Koordination: Institut AIFB, Universität Karlsruhe
SEKT untersucht die Zusammenführung bekannter Technologien wie etwa Dokumentenmanagement, Contentmanagement und Wissensmanagement. Sprachverarbeitung und maschinelles Lernen werden mit Ontologien verbunden. Ferner wird ein durchgängiger Anwendungs-Entwicklungsprozess entworfen sowie eine Benutzungsoberfläche für den Umgang mit dem intelligenten Web. An SEKT arbeiten sechs Universitäten/Forschungsinstitute und sechs Industriepartner aus acht europäischen Ländern.

aceMedia (Integrating Knowledge, Semantics and Content for User-centred Intelligent Media Services)

Projektkoordination: Motorola Ltd.
aceMedia ist der Entwicklung eines Multimedia-Content-Management-Systems gewidmet, das semantischen Zugriff auf multimediale Inhalte ermöglicht. Ein Hauptziel der Forschungsarbeiten ist die Gewinnung von Wissen, das in Medieninhalten (Texten, Bildern, Grafiken, Audio, Video) über die primäre Aussage des Dokumentes hinaus inhärent vorhanden ist. Gearbeitet wird an der Beschreibung dieses Wissens auf allen Computer- und Netzebenen, an der Erweiterung und Vereinfachung der Funktionalitäten zur Einbringung von Inhalten in die Systeme sowie an Funktionalitäten zur Übertragung, Suche, zum Zugriff und für die Wiederverwendung. An aceMedia sind neun Industriepartner und sechs Universitäten/Forschungsinstitute aus elf europäischen Ländern beteiligt.

DIP (Data, Information, and Process Integration with Semantic Web Technologies)

Projektkoordination: National University of Ireland Galway, DERI Institut
Das Hauptziel von DIP ist die Weiterentwicklung der Semantic Web Technologien sowie der Web Service-Technologien mit dem Ziel, beides zu kombinieren. Die integrierte Technologie soll die Infrastruktur für die elektronische Geschäftsabwicklung (eCommerce) der Zukunft sowie die künftige Arbeit übers Netz (eWork) bilden. An DIP sind elf Industriepartner und sieben Universitäten und Forschungsinstitute aus neun europäischen Ländern sowie aus Israel beteiligt.

Knowledgeweb – Network of Excellence (NoE)

Projektkoordination: Universität Innsbruck, Institut für Informatik
Ko-Koordination des Forschungsbereiches: Institut AIFB, Universität Karlsruhe
Knowledge Web ist ein Exzellenznetzwerk mit der Mission, die europäische Industrie und Dienstleister im Bereich der Semantic Web Forschung für webbasierten eCommerce und eWork voranzubringen. Es stützt sich dabei auf drei Säulen: 1. Förderung der Industrie, 2. Förderung der Lehre und 3. Förderung der Forschung. 18 Partner aus elf europäischen Ländern bauen am Knowledge Web, 17 aus Universitäten und Forschungsinstituten, einer aus der Industrie.

Ansprechpartner für Interviews:

Professor Dr. Rudi Studer
Dr. York Sure
Institut für Angewandte Informatik und Formale Beschreibungsverfahren (AIFB)
Universität Karlsruhe (TH)
Telefon: 0721/608-3923 bzw. 0721/608-6592
E-Mail: studer@aifb.uni-karlsruhe.de
E-Mail sure@aifb.uni-karlsruhe.de

Zum Projekt DIP:

Dr. Andreas Abecker
FZI Forschungszentrum Informatik
Telefon: 0721/9654-802
E-Mail: andreas.abecker@fzi.de

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Angelika Schukraft Universität Karlsruhe (TH)

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