Doppelerfolg für Jülicher Energieforschung

Nachwuchsforscher erhalten Wissenschaftspreis 2004 des NRW-Wissenschaftszentrums und Industrie-Clubs Düsseldorf

Der eine arbeitet an neuen Materialien, um den Wirkungsgrad konventioneller Kraftwerke wie Kohlekraftwerke zu verbessern. Der andere entwickelt industrienah und kostengünstig Prototypen neuartiger Solarzellen. Mit Promotionsarbeiten zu zwei sehr unterschiedlichen Methoden der Stromerzeugung haben der Physiker Dr. Henry Bosch und der Ingenieur Dr. Tobias Repmann die Jury überzeugt: Die beiden Wissenschaftler, die ihre Doktorarbeiten am Forschungszentrum Jülich erstellt haben, wurden in Düsseldorf mit dem Wissenschaftspreis 2004 ausgezeichnet. Henry Bosch erhält den mit 20.000 Euro dotierten ersten Preis, Tobias Repmann den mit 10.000 Euro dotierten zweiten Preis.

Der Wissenschaftspreis, den der Industrie-Club Düsseldorf und das Wissenschaftszentrum Nordrhein-Westfalen jedes Jahr verleihen, fördert Forschungsarbeiten junger Nachwuchswissenschaftler. In diesem Jahr werden Themen aus der Energieforschung prämiert. „Dass dabei beide Preise an Arbeiten aus dem Forschungszentrum Jülich vergeben werden, ist ein Erfolg für die neuen Themen unserer Energieforschung“, freut sich Dr. Gerd Eisenbeiß, für Energie- und Materialforschung zuständiger Vorstand des Forschungszentrums Jülich. „Der erste Preis für eine Arbeit über effizientere Kraftwerke und der zweite Preis für unser junges Photovoltaik-Institut: Das zeigt, wie effizient wir ein breites Forschungsspektrum bearbeiten, und motiviert für weitere Erfolge.“

Hitzeschutz für Turbinen

Kohle, Erdöl und Erdgas: Fossile Brennstoffe sind Strom- und Wärmequelle Nummer eins in Deutschland. Um sie möglichst sauber und effizient zu verbrennen, sind fortschrittliche Kraftwerke unerlässlich. So ist der Wirkungsgrad einer Kraftwerksturbine umso höher, je heißer das Arbeitsgas ist. Ein hoher Wirkungsgrad wiederum spart Kosten und schont die Umwelt. Denn: Geringerer Brennstoffverbrauch heißt auch, dass weniger des – als Treibhausgas berüchtigten – Kohlendioxids in die Atmosphäre gelangt.

Heutige Turbinen können bei Temperaturen bis etwa 1.200 Grad Celsius betrieben werden. Wird es heißer, macht die schützende Wärmedämmschicht aus YSZ (yttriumoxid-teilstabilisiertes Zirkoniumoxid) schlapp. Wie Turbinen noch höhere Temperaturen aushalten können, zeigt Dr. Henry Bosch (Forschungszentrum Jülich, Prüfung an der Ruhr-Universität Bochum) in seiner Doktorarbeit „Entwicklung neuer Wärmedämmschichten für thermisch hochbelastete Komponenten in Gasturbinen“. Der 33-jährige Physiker hat sich am Jülicher Institut für Werkstoffe und Verfahren der Energietechnik (IWV 1) detailliert mit neuen Materialien für die Wärmedämmung beschäftigt – und heiße Kandidaten für die großtechnische Anwendung in Gasturbinen ausgemacht.

Am Anfang der Untersuchungen stand Lanthanzirkonat. Durch systematische Variation der chemischen Zusammensetzung und detaillierte physikalische Untersuchungen landete Henry Bosch schließlich bei einer Handvoll Verbindungen. Aus dem Härtetest unter Betriebsbedingungen ging dann der aussichtsreichste Kandidat hervor: Neodymzirkonat im Doppelpack mit YSZ ist dem konventionellen YSZ deutlich überlegen. Es kann bei einer hohen Lebensdauer Temperaturen von bis zu 1325 Grad Celsius verkraften – das sind 100 Grad mehr als heute übliche Turbinen. Was dies bedeutet, zeigen Schätzungen der Kraftwerksbetreiber: Demzufolge sorgt bereits eine um 50 Grad höhere Temperatur für einen um bis zu vier Prozent höheren Wirkungsgrad. Das wiederum spart – je nach Kraftwerkstyp – mehrere hunderttausend Euro Brennstoffkosten pro Jahr, bis zu 48000 Tonnen weniger Kohlendioxid würden etwa bei einem kohlebefeuerten 240MW-Kraftwerk in die Atmosphäre gelangen.

Das Ziel: Solarstrom zum kleinen Preis

Doch Erdöl-, Erdgas- und Kohlevorräte werden nicht ewig reichen. Zu den umwelt- und klimafreundlichen Energie-Alternativen, an denen heute geforscht wird, gehört die Photovoltaik – die direkte Umwandlung von Sonnenlicht in Strom. Trotz erster Markterfolge steckt die breite Nutzung dieser erneuerbaren Energie noch in den Kinderschuhen, denn Solarzellen sind für viele Anwendungen noch zu teuer. Dabei versprechen Dünnschicht-Solarzellen vergleichsweise geringere Kosten als herkömmliche kristalline Solarzellen. Zudem können sie auf großen Flächen und vielen Materialien – wie biegsamen Kunststoffen – hergestellt werden. Noch allerdings ist der Wirkungsgrad der kristallinen Solarzellen höher.

Den Wirkungsgrad der Dünnschicht-Solarzellen zu verbessern und gleichzeitig Wege zu kostengünstigen, anwendungsreifen Solarmodulen aufzuzeigen – daran hat Dr. Tobias Repmann (Forschungszentrum Jülich, Prüfung an der RWTH Aachen) in seiner Doktorarbeit „Stapelsolarzellen aus amorphem und mikrokristallinem Silizium – Prozess- und Modulentwicklung“ erfolgreich gearbeitet. Sein Ergebnis: industrienah hergestellte Prototypen 30 mal 30 Zentimeter großer Solarmodule, die amorphes und mikrokristallines Silizium enthalten – mit einem um 30 bis 50 Prozent höheren Wirkungsgrad als kommerziell erhältliche Module, die nur amorphes Silizium nutzen.

Auf dem Weg dorthin hat Tobias Repmann am Jülicher Institut für Photovoltaik zunächst einen Prozess entwickelt, mit dem er Schichten aus mikrokristallinem Silizium schnell und mit gleichbleibend guter Qualität auf bis zu 30 mal 30 Zentimeter großen Flächen herstellen kann. Dann hat der 32-jährige Elektrotechniker einzelne kleinflächige Solarzellen aus mirkoskristalinem Silizium und Tandem-Solarzellen hergestellt und deren Wirkungsgrad optimiert. In solchen Tandemzellen sind zwei Solarzellen – eine aus amorphem und die andere aus mikrokristallinem Silizium – übereinandergestapelt. In einem nächsten Schritt schließlich gelang es ihm dann, erste großflächige Prototypen dieser Tandem-Solarmodule auf 30 mal 30 Zentimeter großen Gläsern zu realisieren. Diese Fertigungsgröße stellt einen wichtigen Schritt auf dem Weg zu industriellen Solarmodulgrößen von etwa einem Quadratmeter dar. Tobias Repmann arbeitete während seiner Doktorarbeit eng mit der Firma RWE Schott Solar zusammen.

Die diesjährigen Jülicher Erfolge schließen an die Prämierung des letzten Jahres an. Den Wissenschaftspreis 2003 erhielt der Hirnforscher Dr. Gereon Fink vom Forschungszentrum Jülich, der gleichzeitig an der Neurologischen Klinik des Universitätsklinikums Aachen arbeitet. Fink untersuchte „Normale und gestörte Aufmerksamkeitsprozesse und deren therapeutische Beeinflussbarkeit“. Mit seinen Arbeiten hat er Verfahren verbessert, die die Arbeit des Gehirns sichtbar machen („Neuroimaging“). (s. auch Pressemitteilung des Forschungszentrums Jülich vom 22. Mai 2003).

Pressekontakt:
Dr. Renée Dillinger, Wissenschaftsjournalistin, Forschungszentrum Jülich, 52425 Jülich,
Tel. 02461 61-4771, Fax 02461 61-4666, E-Mail: r.dillinger@fz-juelich.de

Mechthild Hexamer, Leiterin Öffentlichkeitsarbeit, Pressesprecherin,
Tel. 02461 61-4661, Fax 02461 61-4666, E-Mail: m.hexamer@fz-juelich.de

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Peter Schäfer idw

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