Deutscher Psychologie-Preis 2003 für Doris und Norbert Bischof

Die Psychologie in Deutschland ehrt in diesem Jahr mit Prof. Dr. Norbert Bischof und Frau PD Dr. Doris Bischof-Köhler erstmals ein Forscherehepaar mit dem deutschen Psychologiepreis. Der mit 5.000 Euro dotierte Preis wird seit 1992 gemeinsam von der Deutschen Gesellschaft für Psychologie (DGPs), dem Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen (BDP) und der Christoph-Dornier-Stiftung (CDS) verliehen. Die gemeinsame Nomination durch eine paritätisch besetzte Jury, in der mit der DGPs der Wissenschaftsverband der deutschsprachigen Psychologie, mit dem BDP der größte Berufsverband der professionellen Psychloginnen und Psychologen in Deutschland und der CDS die größte psychotherapeu-tische Stiftung in Deutschland die wichtigsten Verbände vertreten sind, wird eine die verschiedensten Interessengruppen oder Perspektiven repräsentierende Urteilsbasis sicher gestellt.

Zu den bisherigen Preisträgern gehörten unter anderem Prof. Dr. Dietmar Schulte (1992), Prof. Dr. Lutz v. Rosenstiel (1993), Prof. Dr. Paul B. Baltes (1994), Prof. Dr. Klaus Fiedler und Prof. Dr. Max Steller (2000), Prof. Dr. Amelie Mummendey (2001) und Prof. Dr. Herta Flor (2002). Der Deutsche Psychologiepreis 2003 wird dem Ehepaar Bischof am 10. Dezember 2003 (17.00 Uhr) im Rahmen einer Feier in der Carl-Friedrich von Siemens Stiftung in München überreicht. Die Laudatio wird von Frau Prof. Dr. Heidi Keller gehalten.
Mit dem Ehepaar Bischof ehrt die Deutsche Psychologie zwei Persönlichkeiten, die nicht nur fachlich herausragend gearbeitet haben und arbeiten, sondern zugleich auch gelegentlich unbequeme Mahner für das Fach sind. Die Preisträger, die lange in Zürich gearbeitet haben und heute in München lehren und forschen, gehören nach Auffassung der Jury zu den bedeutendsten deutschsprachigen Psychologen. Norbert Bischof hat die deutschsprachige Psychologie weit über seine zahlreichen und wertvollen originären Beiträge zum Fach hinaus vor allem durch seine grundlegenden Denkanstöße mobilisiert oder gar geprägt. Er hat, lange bevor dies in Mode kam, eine biologische Wende der Psychologie angemahnt, die weniger an biologischen Informationen (Gen- und Hirnforschung) sondern vor allem an einer evolutionsbiologischen Perspektive gemessen werden sollte. Das wissenschaftliche Werk von Norbert Bischof ist dabei ungewöhnlich breit, in vielem sehr originell, und widersetzt sich in bemerkenswerter Weise schlichten Einordnungsversuchen. Die Spannbreite von Einzelstudien und programmatischen Arbeiten („Das Rätsel Ödipus“, „Kraftfelder der Mythen“) bis zu einem Lehrbuch zur Systemtheorie oder einer Biografie von Konrad Lorenz sind hierfür erkennbarer Ausdruck. Doris Bischof-Köhler hat insbesondere durch zahlreiche Arbeiten zur kindlichen Entwicklung wichtige Beiträge zum Fach geleistet, etwa zur Entwicklung des kindlichen Denkens, der kindlichen Fähigkeit zur Perspektivenübernahme, der Entwicklung des sozialen Selbst und zuletzt in ihrem umfassenden Buch zur Psychologie der Geschlechtsunterschiede („Von Natur aus anders“).

Beiden Forschern gemeinsam ist ein ungewöhnlich offener Ansatz, der Argumente verschiedener Methoden zwanglos verzahnt. Die Notwendigkeit, aber auch die Fruchtbarkeit des Bemühens, die Gleise üblicher Denkschemata zu verlassen und dabei auch diese selbst in Frage zu stellen, wird durch das Ehepaar Bischof und seine Arbeiten in ganz besonderer Weise verkörpert.

Die Verleihung des Deutschen Psychologiepreises an das Ehepaar Bischof ehrt zugleich auch eine Kultur der Darstellung, die beide Wissenschafter auszeichnet. Die Kunst, interessante Thesen auch interessant und anregend zu beschreiben und zu präsentieren, ist unter der Anforderung, wissenschaftliche Befunde zeitnah und standardisiert zu veröffentlichen, nicht immer so ernsthaft und erfolgreich gepflegt worden wie von den diesjährigen Preisträgern.

So kann die Wahl der Preisträger des Deutschen Psychologiepreises 2003 durch die gemeinsame Jury der drei diesen Preis tragenden Verbände vielleicht auch als Mahnung an die deutsche Psychologie verstanden werden, über die notwendigen und fruchtbaren Fortschritte der empirischen Arbeit auf internationalem Niveau, das die deutsche Psychologie heute auszeichnet, die ebenso notwendigen Momente der Selbstbesinnung und Reflexion nicht zu vernachlässigen. Psychologie ist heute ohne Zweifel eine empirische Wissenschaft mit einem sehr hohen Grad an Professionalisierung; die Preisträger haben dazu in ihren Arbeitsgebieten wesentlich beigetragen. Aber Psychologie könnte dabei und darüber hinaus auch ein Teil der Kulturlandschaft sein; nicht zuletzt hierfür ist das Ehepaar Bischof ein positives und herausragendes Beispiel.

Ansprechpartner:

Prof. Dr. Werner Greve
Universität Hildesheim
Institut für Psychologie
Tel.: 05121 – 883 471
Email: wgreve@rz.uni-hildesheim.de

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Weitere Informationen:

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