Gar nicht diskret

Mehr Praxisbezug: VolkswagenStiftung fördert mit 120.000 Euro Projekt zur Integration der Diskreten Mathematik in den Schulunterricht

PISA 2002 – wieder einmal weht der Eishauch einer Bildungsstudie durchs Land und sorgt für Aufregung in Politik, Wirtschaft und Wissenschaft, bei Eltern wie bei Schülern. Man jongliert (vor)schnell mit Lösungen, die Strukturen von Schule, Unterricht und Ausbildung jedoch werden kaum in Frage gestellt. Dabei gäbe es gerade in den naturwissenschaftlichen Fächern und in der Mathematik genug Anlass für Verbesserungen. Stichwort Mathematik: Irgendwo zwischen Mordlust und Langeweile liegt hier für die meisten Schülerinnen und Schüler die Bandbreite der Empfindungen während des Unterrichts. Der Spaß am Fach jedenfalls ist bei vielen längst verschütt gegangen.

Die VolkswagenStiftung hilft jetzt dabei, diesen Schatz wieder zu heben. Sie unterstützt ein Projekt, das die inhaltliche Modernisierung des Mathematikunterrichts zum Ziel hat. Mit rund 120.000 Euro gefördert wird das Vorhaben „Diskrete Mathematik für die Schule“ unter der Leitung von Professor Dr. Martin Grötschel von der Technischen Universität Berlin und vom Konrad-Zuse-Zentrum für Informationstechnik Berlin. Damit setzt die VolkswagenStiftung – sie hat bereits vor zwei Jahren mit großem Erfolg einen Mathematikwettbewerb ausgeschrieben – einen weiteren Akzent im Hinblick auf Reformbestrebungen in der schulischen Mathematikausbildung.

Deren großes Manko ist vor allem der für Schüler oft nicht erkennbare Praxisbezug dieses Fachs – und der lässt sich gerade anhand der „Diskreten Mathematik“ leicht verdeutlichen. Auf diesem Weg können Probleme und Fragestellungen mit unmittelbarem Alltagsbezug, sind sie einmal erkannt und verstanden, von den Schülern leicht gelöst werden. Beispiele: das „Kürzeste-Wege-Problem“ (Fahrplanauskunft und Navigationssysteme), so genannte Euler-Touren (das Berechnen der Idealtour für die Müllabfuhr) oder auch „Färbungen“ (Frequenzzuweisung in Mobilfunknetzen). Da die Grundlagen der Diskreten Mathematik leicht erlernbar sind, sollten sich Schüler ohne große Schwierigkeiten nach geringer Anlaufzeit mit solchen und ähnlichen Problemen erfolgreich auseinander setzen können. Im Gegensatz zum mechanischen Üben an vorgegebenen Rechenschemata lässt sich so auch das entdeckende Lernen fördern – und damit das Interesse an der Mathematik und im besten Fall an der Schule überhaupt.

„Unser Ziel ist es gerade, Schüler dazu anzuregen, sich mit Alltagsproblemen aus mathematischer Sicht zu beschäftigen, darüber zu diskutieren und Lösungsvorschläge mit Hilfe entsprechender Computerprogramme anzubieten“, sagen unisono Martin Grötschel und Projektmitarbeiterin Brigitte Lutz-Westphal. Die dabei erforderliche – und im Mathematikunterricht zumeist immer noch unübliche – Teamarbeit bedeute zugleich eine Stärkung der sozialen Kompetenzen der Schüler und habe damit generell einen positiven Einfluss auf Lernsituation und Lernverhalten. Eine nicht unwichtige Begleiterscheinung, die den Initiatoren des Projekts wichtig ist.

Im Verlauf des Vorhabens werden beispielhaft Unterrichtssequenzen entwickelt, die sich dann im Schulunterricht bewähren müssen. Dabei arbeiten die Wissenschaftler mit der Herder-Oberschule in Berlin und dem Wildermuth-Gymnasium in Tübingen zusammen. In Berlin besteht die Möglichkeit, eine Unterrichtseinheit im „Profilkursus Mathematik“ der Klasse 11 zu gestalten. Weitere Handlungsspielräume bieten sich über die Einbeziehung des Profil- und des Leistungskurses Informatik. In der ausgewählten Baden-Württembergischen Schule ist vor allem an die Zusammenarbeit mit niedrigeren Klassenstufen gedacht.

Begleitend – in Kooperation mit dem Unternehmen Algorithmic Solutions – wird ein Lern-Softwareprogramm entwickelt. Ebenso sollen Lehrerinnen und Lehrer im Zuge von Fortbildungen als künftige Multiplikatoren der neuen Didaktik und Inhalte gewonnen werden. Nach der praktischen Erprobung werden die Unterrichtssequenzen und bewährte Materialien für Lehrer und Schüler zielgruppengerecht aufbereitet zusammengestellt. Läuft alles gut, können dann im Optimalfall auch die Lehrpläne entsprechend geändert werden.

Dass das Interesse der Schüler vorhanden ist, damit zumindest von deren Seite alles gut läuft, darauf deutet aktuell die Zuwendung hin, die das Thema Mathematik in einem nicht gerade unbedeutenden Segment der öffentlichen Wahrnehmung erfährt – dem Kino. Dort stehen zurzeit gleich zwei große Mathematiker mit ihren Schicksalen im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit: Alan Turing entschlüsselt in „Enigma“ die Nachrichten der Nationalsozialisten, und in „A beautiful Mind“ verdient sich John Forbes Nash den Wirtschaftsnobelpreis für seine Arbeiten zur Spieltheorie. Auch das ist – Mathematik. Und die Kids sind begeistert.

Kontakte

VolkswagenStiftung, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, Dr. Christian Jung,
Telefon: 05 11/83 81 – 380, E-Mail: jung@volkswagenstiftung.de

1. Professor Dr. Martin Grötschel, Konrad-Zuse-Zentrum für Informationstechnik Berlin (ZIB), Takustraße 7, 14195 Berlin, Telefon: 030/84 185 – 209, E-Mail: groetschel@zib.de

2. Projektbearbeiterin, Brigitte Lutz-Westphal, Telefon:030/34 78 73 46,
E-Mail:westphal@math.TU-Berlin.de

Förderinitiative, VolkswagenStiftung, Dr. Ulrike Bischler, Telefon: 05 11/83 81 – 3 50,
E-Mail: bischler@volkswagenstiftung.de

Media Contact

Dr. Christian Jung idw

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