Eduard-Rhein-Preis 2001 geht an Prof. Dr. José Luis Encarnação

Pionier der Computergrafik erhält in München den höchsten Technologiepreis, von vielen Experten „heimlicher Nobelpreis“ der Technik genannt.

Mit dem Technologiepreis 2001 zeichnet die Eduard-Rhein-Stiftung Prof. Dr.-Ing. Dr.hc. Dr.E.h. José Luis Encarnação aus. Die Stiftung würdigt mit diesem Preis seine herausragenden Aufbauleistungen zur Etablierung der Graphischen Datenverarbeitung als die IT-Disziplin der Neuen Medien, zur „Konzeption, Entwicklung und Durchsetzung offener graphischer Standards für Multimedia und virtueller Realität“ und die technisch-wissenschaftliche, international prominente und führende Position des renommierten Wissenschaftlers und Leiters des internationalen Forschungsnetzwerkes INI-GraphicsNet. Aus der Hand der Bayerischen Staatsministerin für Unterricht und Kultus Monika Hohlmeier nahm Prof. Encarnação am vergangenen Samstag im Ehrensaal des Deutschen Museums in München die hochkarätige Auszeichnung entgegen. Der Eduard-Rhein-Preis ist der höchste Technologiepreis seiner Art in Europa und in diesem Jahr – ebenso wie der Grundlagenpreis der Stiftung – mit 100.000 Mark dotiert.

Geehrt wurde an dem Festakt vor rund 250 Gästen aus dem In- und Ausland auch Professor Dr. David N. Payne. Er nahm den Grundlagenpreis 2001 der Eduard-Rhein-Stiftung entgegen für die Erfindung des Erbium-dotierten Faserverstärkers (EDFA), der die Revolutionierung der Telekommunikationsnetze ermöglichte. Der Technologie- und der Grundlagenpreis der Stiftung sind die höchst dotierten Auszeichnungen für technologisch orientierte Forschungsarbeiten und den Nobelpreisen für Naturwissenschaften vergleichbar.

Die Graphische Datenverarbeitung, auch Computergrafik genannt, zählt zu den Grundlagen der modernen Informations- und Kommunikationsmedien. Sie liefert die technologische Basis der Mensch-Maschine-Schnittstelle von Computern, rechnergesteuerten Geräten und Systemen. Prof. Encarnação gehört zu den Pionieren, die bereits Anfang der 70er Jahre die Zahlenkolonnen der digitalen Welt in Bilder umsetzten und damit die Computergrafik von einem Nischenfach zu einer Schlüsseltechnologie entwickelt haben, die inzwischen alle Lebensbereiche verändert hat. Er und seine internationalen Forschungsgruppen arbeiten seit 30 Jahren an Projekten, um Technologien zur Visualisierung, Interaktion, Multimedia und Kommunikation zu entwickeln. Sein Credo: Der Rechner muss den Menschen bedienen und nicht umgekehrt. Die Computergrafik wird hier zur treibenden Kraft, denn nichts wird weltweit leichter verstanden als Bilder – der Mensch ist nun mal ein Augentier.

Die Verdienste des Wissenschaftlers Encarnação um den Aufbau, die Gestaltung, Durchsetzung und Profilierung der Graphischen Datenverarbeitung in Deutschland und der ganzen Welt, hob Prof. Dr. Klaus Bender von der Technischen Universität München in seiner Laudatio hervor: Der Ausgezeichnete habe mit der Entwicklung des Graphischen Kernsystems (GKS) bereits zu Beginn der achtziger Jahre bahnbrechende Arbeit geleistet, die zu nationalen und internationalen Standards führte. GKS setzte sich erfolgreich gegen die US-Konkurrenz CORE durch und machte den Namen Encarnação international bekannt. Prof. Encarnação zeichne insbesondere aus, dass er sein Wirken nie auf die Grundlagenarbeit beschränkte, sondern immer mit großem Engagement auch die praktische Umsetzung und Verbreitung der Ergebnisse betrieben habe. Der schnelle und effektive Wissenstransfer von der Forschung in die Wirtschaft sei für ihn stets von besonderer Bedeutung gewesen, betonte Prof. Bender weiter. Ferner habe Prof. Encarnação schon früh großes Engagement in wissenschaftlichen Gesellschaften bewiesen: So gehörte er 1975 zur den Gründungsmitgliedern der europäischen Vereinigung für Graphische Datenverarbeitung EUROGRAPHICS.

José Luis Encarnação ist zum einen der Visionär, der Ideen entwickelt und Trends nicht nur frühzeitig erkennt, sondern definiert. Zum anderen ist er ein erfolgreicher Wissenschaftsmanager: Durch sein Engagement entstand aus kleinen Anfängen ein internationales Forschungsnetzwerk mit zirka 800 Beschäftigten an sechs Standorten auf drei Kontinenten, das INI-GraphicsNet. Er ist der Initiator, der Motor, der wissenschaftliche und operative Leiter dieses weltweit einmaligen Verbundes.

Mit dem Technologiepreis würdigt die Eduard-Rhein-Stiftung das bisherige Lebenswerk von Prof. Encarnação.

Von seinem Ziel, die neuen Technologien zur Mensch-Maschine-Interaktion für jeden Menschen intuitiv und effektiv nutzbar zu machen, überzeugte der visionäre Forscher Prof. Encarnação auch am Festkolloquium, das am Vortag der Preisverleihung an der TU München stattfand: Der visionäre Universitätsprofessor gab den zahlreichen Gästen einen Überblick zu den aktuellen Forschungstrends und zukünftigen Entwicklungen der Graphischen Datenverarbeitung.

Die Eduard-Rhein-Stiftung ist eine wissenschaftlich und politisch unabhängige Stiftung bürgerlichen Rechts. Sein Vermögen hatte Eduard Rhein, auch als der deutsche „Nobel“ bezeichnet, 1976 in die Eduard-Rhein-Stiftung überführt zur Vergabe von jährlichen Geldpreisen für „hervorragende Forschungs- und/oder Entwicklungsleistungen auf den Gebieten der Rundfunk-, Fernseh- und Informationstechnik“. Der Kulturpreis wird für herausragende künstlerische und/oder journalistische Leistungen verliehen.

Unter den internationalen Preisträgern, welche die Eduard-Rhein-Stiftung kürte, finden sich bedeutende Namen wie Prof. Konrad Zuse, ausgezeichnet für den ersten Computer Z1, Prof. Claude Shannon für die Grundlagen der modernen Informationstheorie, Dr. Marcian Hoff für die Erfindung des Mikrocomputers oder Prof. Walter Bruch für das PAL-Fernsehen. Im letzten Jahr erhielt der Wissenschaftler Prof. Dr. Norman Abramson die begehrte Auszeichnung. Er schuf bereits 1973 ein betriebsfähiges System zur drahtlosen Übertragung von Datensätzen.
Tim Berners-Lee erhielt den Technologiepreis der Stiftung 1998 für die Schöpfung und Entwicklung des „World Wide Web“ und Heinrich von Pierer wurde im vergangenen Jahr für seine Verdienste bei der Zusammenarbeit von Wissenschaft und Technik mit dem Ehrenring der Stiftung ausgezeichnet. Diesen erhielt 2001 Prof. Ernst-Ludwig Winnacker.
Bernad Shaw und Joachim Fest hat das Kuratorium der Stiftung 1991 bzw. 1999 mit dem Kulturpreis geehrt, 2001 ging er an Dr. Gerold Lingnau.

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