Hochauflösende Optische Mikroskopie: ICO-Preis 2000 für Stefan Hell

Dr. Stefan Hell, Privatdozent und Leiter der Selbständigen Nachwuchsgruppe Hochauflösende Optische Mikroskopie am Max-Planck-Institut für biophysikalische Chemie in Göttingen, wurde in Anerkennung seiner „innovativen Arbeit zur Erhöhung der Auflösung in der Fernfeldmikroskopie“ mit dem Preis der Internationalen Kommission für Optik für das Jahr 2000 ausgezeichnet. Die International Commission for Optics (ICO) ist der internationale Dachverband von 44 nationalen Gesellschaften für Optik, wie z. B. der „Optical Society of America“. Der ICO-Preis wird jährlich an Personen verliehen, die vor ihrem 40. Lebensjahr „in der Optik ein neues Gebiet erschlossen oder maßgeblich erweitert haben“. Der international vergebene Preis wurde in den letzten zehn Jahren viermal in die USA und zuletzt 1992 an einen Wissenschaftler aus Deutschland vergeben.

Dr. Stefan Hell (Foto: P.Goldmann)

Die Titelseite des „Jahrbuch 1999“ der Max-Planck-Gesellschaft zeigte die von Hell und Mitarbeitern erreichte Auflösungsverbesserung beim 4Pi-konfokalen Mikroskop (rechts gegenüber links).

In der Laudatio, die jetzt im ICO Newsletter 46 (Januar 2001) erschienen ist, werden die Verfahren, die Hell entwickelt hat, ausführlich beschrieben und die Verbesserungen genannt, die sich aus ihrer Anwendung ergeben. Hells Ziel ist es, die von Abbe formulierte Beugungssgrenze der Lichtmikroskopie zu überwinden und das Auflösungsvermögen auf weniger als Hundert Nanometer (der Millionste Teil eines Millimeters) zu drücken. Das ist besonders für die biologisch-medizinische Forschung von großem Interesse, da man mit dem Lichtmikroskop, anders als z.B. dem Elektronen- oder dem Kraftmikroskop, auch lebende Zellen betrachten kann, und zwar in unterschiedlicher räumlicher Tiefe. Dreidimensionale lichtmikroskopische Untersuchungsmethoden, wie z.B. die konfokale und die Multiphoton-Fluoreszenz Mikroskopie spielen daher eine Schlüsselrolle bei der Erforschung der Geheimnisse des Lebens auf sub-zellulärer Ebene. Eine Verbesserung des Auflösungsvermögens ist hier von grundsätzlicher Bedeutung.

Hells Vorgehen ist nicht nur wissenschaftlich originell, sondern wurde auch praktisch bedeutsam. In seinen Arbeiten musste er theoretische Konzepte entwickeln, sie experimentell überprüfen und schließlich auch umsetzen. Er war nach vielen Jahrzehnten vermutlich der erste, der das Auflösungsproblem der Fluoreszenz-Lichtmikroskopie systematisch neu überdacht hat. Im Jahr 1990 entwickelte er die Idee der 4Pi-konfokalen Mikroskopie, mit der die axiale Auflösung der konfokalen Mikroskopie 3-7fach verbessert werden konnte. Um diese Idee zu untersuchen, ging er an das European Molecular Biology Laboratory (EMBL) in Heidelberg, wo er die Wirksamkeit von Teilprinzipien dieser Idee nachweisen konnte. Mit der 4Pi-konfokalen Mikroskopie konnten Hell und Mitarbeiter dreidimensionale Zellstrukturen 4-mal deutlicher abbilden als das mit „high-end“ konfokaler Mikroskopie möglich war. Mit der Anwendung zusätzlicher Bildbearbeitungstechniken erreichten sie sogar, zum allerersten Mal, eine dreidimensionale Auflösung in der Größenordnung von 100 nm, also deutlich unterhalb der Wellenlänge des Lichtes (400-700 nm).

Stefan Hell ist 1962 geboren. Er studierte Physik an der Universität Heidelberg, wo er 1987 sein Diplom erhielt und 1990 auch promovierte. Schon während seiner Doktorarbeit bei Professor Hunklinger erkannte er, dass die räumlich dichte, punktförmige Übertragungsfunktion von konfokalen Scanner-Mikroskopen ein guter Ansatzpunkt sind, die Auflösungsgrenzen der Fluoreszenzmikrokopie zu verbessern. Nach ersten Schritten in diese Richtung am EMBL ging er 1993 an die Universität Turku (Finnland), wo er in der Abteilung für Medizinische Physik eine Forschungsgruppe aufbaute, die diese Frage weiter untersuchte. Während dieser Zeit entwickelte er das Konzept der „Stimulated-Emission-Depletion (STED)“ Mikroskopie, bei der die Ausdehnung des abtastenden fluoreszierenden Lichtpunktes durch „Abschalten“ der Fluoreszenz an seinem Rand verkleinert wird. Hell sagte theoretisch voraus, dass diese Technik die Auflösung der Fluoreszenzmikroskopie etwa 5-fach verbessern werde, und demonstrierte das mit seinen Mitarbeitern dann auch einige Jahre später. Nach einem Halbjahresaufenthalt in Oxford und seiner Habilitation in Physik an der Universität Heidelberg (wo er immer noch lehrt) kehrte Hell 1997 aus Finnland nach Deutschland zurück, wo er am Max-Planck-Institut für biophysikalische Chemie in Göttingen eine unabhängige Arbeitsgruppe aufbaute.

Der (englische) Wortlaut der Laudatio ist im Internet zugänglich
( http://www.ico-optics.org/ico_jan01.html).
Auch die Bilder stehen dort in höherer Auflösung zur Verfügung 
( http://www.mpibpc.gwdg.de/PR/01_01/hell.html).

Für Rückfragen:
Priv.-Doz. Dr. Stefan Hell, Max-Planck-Institut für biophysikalische Chemie, AG Hochauflösende Optische Mikroskopie, 37070 Göttingen; Tel.: 0551 201 1360; Fax: 0551 201 1085; E-Mail: shell@gwdg.de

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Dr. Christoph R. Nothdurft

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