Exzellenz für Osteuropa

Zu den Forschungsgebieten, auf denen europäische Wissenschaftler international führend sind, gehört die Aufklärung von Protein-Strukturen mittels Kernspinresonanz-Spektroskopie (NMR). Die Frage nach der natürlichen Form eines Proteins erlaubt Einsichten in seine Funktion, und diese ist auch für viele medizinische Fragestellungen entscheidend.

Bereits im April 2006 haben sich 21 europäische Forschungszentren aus acht Ländern unter der Federführung der Goethe-Universität zu einem Forschungsverbund zusammen geschlossen, der von der Europäischen Union (EU) bis zum Jahr 2010 mit 8.4 Millionen Euro gefördert wird. Im letzten Jahr wurde diese Initiative um europaweit verteilte Hochleistungsrechner im Projekt eNMR ergänzt, das mit zwei Millionen Euro für vier Jahre gefördert wird. Jetzt wird dieser Verbund um vier osteuropäische Partner in Llubiljana, Brno, Warschau und Budapest, die Zugang zu NMR-Messzeit anbieten werden, sowie weitere acht Partner im Netzwerk erweitert. „EAST-NMR“ erhält von der EU ab 2009 eine Fördersumme von 3.5 Millionen Euro für die nächsten vier Jahre.

Damit Europa seine führende Rolle bei der NMR-Spektroskopie ausbauen kann, müssen nach Überzeugung von Prof. Harald Schwalbe, Koordinator dieser europäischen Projekte, alle europäischen Länder in die Entwicklung einbezogen werden. „Derzeit wird NMR in Osteuropa nur spärlich genutzt und es gibt dort wenig Erfahrung mit NMR-Großprojekten“, urteilt Schwalbe, „die Folge ist, dass Nachwuchswissenschaftler nicht ihr volles Potential entwickeln können“. Das soll sich mit EAST-NMR jetzt ändern. Das Projekt wird den osteuropäischen Partnern Messzeiten in den bereits bestehenden NMR-Zentren des EU-NMR-Netzwerkes zur Verfügung stellen und Nachwuchswissenschaftler in die Methode und ihre zahlreichen Anwendungsmöglichkeiten einführen. Im Rahmen von Forschungsverbünden sollen junge Forscher die Präparation von Proben erlernen, insbesondere für die schwer zu handhabenden Membranproteine.

Profitieren werden die osteuropäischen Partner auch von „eNMR“, einem Projekt mit den Ziel, die komplexe Auswertung der gemessenen Daten zu erleichtern. Weltweit gibt es nur eine Handvoll international ausgewiesener Experten, die spezielle Computerprogramme zur Interpretation der Daten entwickeln. Einer von ihnen ist der kürzlich an die Universität Frankfurt berufene Prof. Peter Güntert. Damit dieses Wissen möglichst vielen experimentell arbeitenden Wissenschaftlern zur Verfügung steht, wird das NMR-Computer-Netzwerk an das weltweit operierende und sehr leistungsstarke dezentrale Netzwerk (GRID) der Hochenergiephysik angeschlossen. Künftig sollen sich Wissenschaftler webbasiert Zugang zum NMR-Computer-Netzwerk verschaffen. Die Verarbeitung der NMR-Daten ist dann über das GRID aus Supercomputern der Hochenergiephysik in sehr viel kürzerer Zeit als bisher möglich.

Der Netzwerk-Gedanke steht auch im Zentrum eines von der EU bewilligten Trainings-Netzwerks für Nachwuchswissenschaftler, die sich mit der Erforschung von Membran-Proteinen befassen. Neben NMR-Spektroskopie erhalten die jungen Forscher Einsicht in die gentechnische Herstellung von Proteinen, ihre biochemische und biophysikalische Charakterisierung sowie die Strukturanalyse mittels Röntgenbeugung, Elektronenmikroskopie und Rasterkraftmikroskopie. Die künftige Generation von Biologen soll mithilfe dieses interdisziplinären Ansatzes lernen, den Zusammenhang zwischen Struktur und Funktion der Proteine aufzuklären und neue Angriffspunkte für Wirkstoffe zu finden. Das gilt insbesondere für G-Protein gekoppelte Rezeptoren, an denen 30 Prozent der aktuell verfügbaren Wirkstoffe angreifen. Das Netzwerk unter Federführung der französischen Forschungseinrichtung CNRS (Centre National de la Recherche Scientifique) umfasst 12 Forschergruppen und drei Industriepartner aus sechs westeuropäischen Ländern.

Informationen:
Prof. Harald Schwalbe,
Zentrum für biomolekulare Magnetische Resonanz, Campus Riedberg,
Tel.: (069)-798-29737, schwalbe@nmr.uni-frankfurt.de.
Prof. Peter Güntert und Prof. Volker Dötsch,
Zentrum für biomolekulare magnetische Resonanz, Campus Riedberg,
Tel.: (069)-798-29631, guentert@em.uni-frankfurt.de,
vdoetsch@em.uni-frankfurt.de.
Die Goethe-Universität ist eine forschungsstarke Hochschule in der europäischen Finanzmetropole Frankfurt am Main. Vor 94 Jahren von Frankfurter Bürgern gegründet, ist sie heute eine der zehn größten Universitäten Deutschlands. Am 1. Januar 2008 gewann sie mit der Rückkehr zu ihren historischen Wurzeln als Stiftungsuniversität ein einzigartiges Maß an Eigenständigkeit. Rund um das historische Poelzig-Ensemble im Frankfurter Westend entsteht derzeit für rund 600 Millionen Euro der schönste Campus Deutschlands. Mit 45 eingeworbenen Stiftungs- und Stiftungsgastprofessuren nimmt die Goethe-Uni den deutschen Spitzenplatz ein. In drei Forschungsrankings des CHE in Folge und in der Exzellenzinitiative zeigt sich die Goethe-Universität als eine der forschungsstärksten Hochschulen Deutschlands.
Herausgeber: Der Präsident
Abteilung Marketing und Kommunikation,
Postfach 11 19 32, 60054 Frankfurt am Main
Redaktion: Dr. Anne Hardy,
Referentin für Wissenschaftskommunikation
Telefon (069) 798 – 2 92 28, Telefax (069) 798 – 2 85 30,
E-Mail hardy@pvw.uni-frankfurt.de

Media Contact

Dr. Anne Hardy idw

Weitere Informationen:

http://www.uni-frankfurt.de

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Förderungen Preise

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Neue universelle lichtbasierte Technik zur Kontrolle der Talpolarisation

Ein internationales Forscherteam berichtet in Nature über eine neue Methode, mit der zum ersten Mal die Talpolarisation in zentrosymmetrischen Bulk-Materialien auf eine nicht materialspezifische Weise erreicht wird. Diese „universelle Technik“…

Tumorzellen hebeln das Immunsystem früh aus

Neu entdeckter Mechanismus könnte Krebs-Immuntherapien deutlich verbessern. Tumore verhindern aktiv, dass sich Immunantworten durch sogenannte zytotoxische T-Zellen bilden, die den Krebs bekämpfen könnten. Wie das genau geschieht, beschreiben jetzt erstmals…

Immunzellen in den Startlöchern: „Allzeit bereit“ ist harte Arbeit

Wenn Krankheitserreger in den Körper eindringen, muss das Immunsystem sofort reagieren und eine Infektion verhindern oder eindämmen. Doch wie halten sich unsere Abwehrzellen bereit, wenn kein Angreifer in Sicht ist?…

Partner & Förderer