Bakterienkiller aus dem Gen-Baukasten

iGEM (international Genetically Engineered Machines competition) ist ein Wettbewerb in Synthetischer Biologie, der seit 2005 vom Massachusetts Institute of Technology in Boston ausgerichtet wird und sich seither zu einem der größten internationalen Wettbewerbe im Wissenschaftsbereich entwickelt hat. In diesem Jahr stehen sich 84 studentische Teams aus der ganzen Welt gegenüber, darunter erstmals drei Teams aus Deutschland. Die Projektleitung der Heidelberger Gruppe hat Prof. Dr. Roland Eils (Universität Heidelberg und Deutsches Krebsforschungszentrum).

Die Synthetische Biologie ist eine sehr junge Wissenschaft. Im Gegensatz zur klassischen Gentechnologie wird hier ein ingenieurwissenschaftlicher Ansatz in die Biologie eingebracht. Ähnlich wie bei der Konstruktion eines Flugzeugs aus verschiedenen vorgefertigten Bauteilen verwendet die synthetische Biologie einfache Gen-Bausteine und kombiniert diese zu neuen komplexen Systemen mit bestimmten Funktionen. iGEM sammelt die Gen-Bausteine in einer Datenbank, deren Repertoire über die vergangenen Jahre hinweg auf derzeit mehr als 1000 angewachsen ist. Diese Bausteine stehen allen Teilnehmern des Wettbewerbs zur Verfügung.

Die Teams arbeiten während der Sommersemesterferien an ihren Projekten. Anfang November werden beim Finale in Boston die Ergebnisse präsentiert und mehrere Preise in den einzelnen Kategorien vergeben. Der Wettbewerb wurde ursprünglich ins Leben gerufen, um die in den Sommermonaten oft leerstehenden Laborräume der Universitäten zu nutzen und den Studenten in einer sehr frühen Phase ihres Studiums die Möglichkeit zu eigenständiger Projektarbeit zu geben.

Im Heidelberger iGEM-Team arbeiten 15 Studenten der Universität Heidelberg und eine Studentin der TU Darmstadt aus den Bereichen Molekulare Biotechnologie, Biologie und Mathematik zusammen. Sie werden unterstützt von Betreuern aus der Arbeitsgruppe von Victor Sourjik im ZMBH der Universität Heidelberg und aus der Abteilung von Roland Eils (Universität Heidelberg und Deutsches Krebsforschungszentrum). Die Arbeiten selbst werden am Bioquant, dem erst 2007 ins Leben gerufenen neuen Zentrum für quantitative Analyse molekularer und zellulärer Biologischer Systeme, durchgeführt.

Das Heidelberger Team plant eine biologische Maschine, die Krankheitserreger oder auch Tumorzellen erkennen und spezifisch abtöten kann. Als Modell dafür entwickeln die Studenten ein künstliches System aus zwei Stämmen des Darmbakteriums E. coli: einem „Beutestamm“, der die Krankheitserreger repräsentiert, und einem „Killerstamm“. Dazu modifizieren die Nachwuchswissenschaftler die genetischen Informationen der Bakterien.

Das Heidelberger Team muss zwei zentrale Probleme lösen: Zum einen sollen die Killerbakterien ihre Beute erkennen und sich zielgerichtet darauf zu bewegen können. Dazu wird das natürliche Wahrnehmungs- und Bewegungssystem der E. coli-Bakterien, das in der Natur zum Beispiel zum Aufspüren von Nährstoffen dient, ausgenutzt.

Zum anderen müssen die Killerbakterien mit einem effizienten Tötungs-Modul ausgestattet werden. Hier verfolgt das Team zwei verschiedene Strategien. Die Forscher setzen sowohl auf bakterienspezifische Viren als auch auf bestimmte Gifte, die auch gegen Tumorzellen wirksam sind.

Neben der praktischen Arbeit im Labor simuliert ein Teil des Teams das Testsystem am Computer, um Vorhersagen über das Verhalten von „Beute“ und „Killer“ unter verschiedenen Bedingungen zu gewinnen. Diese Erkenntnisse ermöglichen eine zielgerichtete Planung der Laborversuche.

Die Arbeit an diesem sehr ehrgeizigen Projekt ist bereits in vollem Gange, die Studenten tüfteln über drei Monate hinweg Tag und Nacht an ihrem Bakterienkiller aus dem Gen-Baukasten. Erste Erfolge konnten sowohl bei der Computersimulation als auch bei der Laborarbeit verbucht werden. Das Team ist fest entschlossen, das Projekt bis zum Finale in Boston im November weit voranzubringen und gegenüber der harten Konkurrenz mit internationalen Größen aus Harvard, Cambridge und Tokio erfolgreich zu bestehen.

Rückfragen bitte an:
Prof. Dr. Roland Eils
Tel. 06221 423601
r.eils@urz.uni-heidelberg.de

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Dr. Michael Schwarz idw

Weitere Informationen:

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