LMU-Biologin erhält eine Million Euro EU-Förderung

Dr. Katja Sträßer vom Genzentrum der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München war in einem erstmals von der EU ausgeschriebenen Programm für Nachwuchswissenschaftler erfolgreich. Sie ist eine von nur 300 Antragstellern, deren Projekt aus europaweit rund 10.000 Projektanträgen ausgewählt wurde.

Sträßer erhält nun knapp eine Million Euro über fünf Jahre. Die Biologin untersucht die Genexpression, also die Umsetzung von genetischer Information in Proteine. Gene sind Abschnitte des Erbmoleküls DNA, die jeweils die Bauanleitung für ein Protein tragen. „Mich interessiert vor allem, wie die einzelnen Schritte der Genexpression gekoppelt sind“, berichtet Sträßer. „Denn das zeigt, wie die Umsetzung von genetischer Information kontrolliert und reguliert wird.“

In einer vorangegangenen Arbeit konnte sie bereits zeigen, dass das Ctk1-Protein bei verschiedenen, auch zeitlich und räumlich getrennten Stufen der Genexpression eine Rolle spielt. Im jetzt bewilligten Projekt will sie deshalb die Funktionen dieses Moleküls genauer untersuchen und weitere Faktoren identifizieren, die verschiedene Bereiche der Genexpression verbinden. Die Genexpression als Abfolge relativ getrennter Schritte ist schon gut untersucht.

Die Kopplung verschiedener Bereiche ist aber ein ganz neuer Mechanismus zur Regulation dieser zentralen Vorgänge – nicht zuletzt auch beim Menschen.

In höheren Organismen umfasst die Genexpression eine Vielzahl verschiedener Schritte: Zunächst wird die genetische Information in der Transkription in ein RNA-Molekül übersetzt. RNA ist eine der DNA chemisch nah verwandte Nukleinsäure. Diese Boten-RNA, auch „messengerRNA“ oder mRNA genannt, wird dann prozessiert, also chemisch verändert, und mit verschiedenen Proteinen in einen Komplex verpackt, der dann aus dem Zellkern transportiert wird.

Im Zellinneren, dem Cytoplasma, wird die in der mRNA enthaltene genetische Information schließlich in der Translation in ein Protein übersetzt. „Diese zum größten Teil zeitlich und räumlich getrennten Vorgänge hat man – jeden für sich – bereits gut untersucht“, so Sträßer. „Erst in den letzten Jahren hat sich aber erwiesen, dass einige dieser Prozesse nicht unabhängig ablaufen, sondern miteinander verbunden sind. Das gilt in erster Linie für Vorgänge im Kern oder solche im Cytoplasma. Das Hauptziel des jetzt bewilligten Projekts ist es, eine Kopplung von räumlich getrennten Prozessen, also der Transkription mit der Translation, nachzuweisen.“

Ein erster Schritt ist bereits getan: Vor kurzem konnte Sträßer nachweisen, dass ein bereits bekanntes Molekül eine derartig umfassende Verbindung schafft. Das Ctk1-Protein in Hefe sorgt dafür, dass die Transkription nicht vorzeitig abbricht und spielt auch bei der Prozessierung der mRNA eine wichtige Rolle. „Wir haben gezeigt, dass Ctk1 mit dem TREX-Komplex interagiert, der die Transkription mit dem Export der mRNA aus dem Kern koppelt“, berichtet die Biologin. „Nach unseren Ergebnissen ist Ctk1 aber auch für eine effiziente Translation wichtig, also für die Produktion von Proteinen im Cytoplasma.

Mit hoher Wahrscheinlichkeit erfüllt auch das Gegenstück von Ctk1 in menschlichen Zellen, das CDK9-Protein, diese sehr überraschende Funktion. Wir vermuten jetzt, dass sich Ctk1 nach der Prozessierung der mRNA an diese bindet und mit in das Cytoplasma transportiert wird, wo es dann bei der Translation helfen kann.“ Dieses Protein wäre damit ein erstes Beispiel für eine Verbindung zwischen Vorgängen der Genexpression im Zellkern und im Cytoplasma.

Ein Ziel des geplanten Projekts ist deshalb die detaillierte Analyse der verschiedenen Funktionen von Ctk1. Darüber hinaus sollen weitere Faktoren mit ähnlich breit gefächerten Aufgaben in der Genexpression identifiziert werden. Von Interesse sind für Sträßer aber auch die Ribosomen, große Komplexe aus Proteinen und Nukleinsäuren, die im Cytoplasma anhand der mRNA-Vorlagen die entsprechenden Proteine synthetisieren. „Wir wollen untersuchen, wie und welche ribosomalen Proteine chemisch modifiziert werden, und welche Faktoren daran beteiligt sind“, sagt Sträßer. „Diese Modifikationen sind zur Regulation einer Vielzahl zellulärer Prozesse wichtig, nur gerade bei den für die Proteinsynthese so wichtigen Ribosomen weiß man kaum etwas darüber.

Das macht die Modifikationen an sich schon sehr spannend. Sie könnten möglicherweise aber auch für die Kopplung der Translation mit der Transkription von Bedeutung sein. Zuletzt werden wir überprüfen, ob unsere Resultate aus Hefezellen auch für Säugerzellen gelten. So könnten wir Mechanismen identifizieren, die in allen höheren Organismen Prozesse der Genexpression in Zellkern und Cytoplasma verbinden.“

Dr. Katja Strässer leitet seit Januar 2003 eine unabhängige Forschergruppe am Genzentrum der LMU. Die 36-jährige Biotechnologin erhielt 2004 den „EMBO Young Investigator Award“ und 2007 den Habilitationspreis der Dr. Klaus Römer-Stiftung am Department für Chemie und Biochemie der LMU. Katja Sträßer ist assoziiertes Mitglied des Exzellenzclusters „Center for Integrated Protein Sience Munich (CIPSM)“.

Grundlage für die Entscheidung des ERC war die wissenschaftliche Exzellenz der Antragsteller sowie des beantragten Projekts. Dabei musste es sich um sehr innovative Forschung handeln: riskant, aber im Erfolgsfall mit einem zukunftsweisenden Erkenntnisgewinn verbunden. Das Projekt sollte Kooperationen beinhalten sowie ein hohes Maß an Interdisziplinarität. Dieses EU-Programm zur Förderung von Grundlagenforschung wurde erst 2007 eingerichtet.

Ansprechpartnerin:
Dr. Katja Strässer
Genzentrum der LMU
Tel.: 089 / 2180 – 76937, Fax: 089 / 2180 – 76945
E-Mail: strasser@lmb.uni-muenchen.de

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Luise Dirscherl idw

Weitere Informationen:

http://www.uni-muenchen.de

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