Wie kommen die Düfte ins Gehirn?

Die Duftforscher in Deutschland haben grünes Licht für ein DFG-Schwerpunktprogramm bekommen, das von der Universität Konstanz koordiniert wird.

Drei Jahre lang werden Forschungsprojekte gefördert, die sich mit dem Geruchssinn und mit dem, was im Gehirn von Tieren beim Riechvorgang passiert, beschäftigen. Pro Jahr stehen zwei Millionen Euro für diese Forschungsprojekte zur Verfügung. Der neue Schwerpunkt schafft ein ausgezeichnetes Fundament für neue wissenschaftliche Netzwerke und den Dialog über die Fächergrenzen hinweg. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus ganz Deutschland sind nun aufgefordert, sich um eine Teilnahme am DFG-Schwerpunkt zu bewerben. Ein internationales Gutachtergremium entscheidet, welche Projekte gefördert werden. Ab Frühling 2009 startet die Förderung.

Ziel der Forschungsprojekte wird es sein, die Mechanismen der Duftkodierung zu verstehen. Hier gibt es erstaunliche Widersprüche aufzuklären: zum einen haben einzelne Tierarten mehrere Geruchsorgane, die unterschiedlich funktionieren (die Maus hat mindestens vier Duftorgane in ihrer Nase), zum anderen funktionieren die Grundprinzipien der Duftverarbeitung über die Tierarten hinweg gleich – vom Mensch bis zur kleinen Furchtfliege. Hier ist die interdisziplinäre Kooperation der Forscher, die mit unterschiedlichen Methoden an verschiedenen Tieren arbeiten, besonders wichtig.

Der Koordinator des Programms ist der Neurobiologie und Zoologe Prof. Dr. Giovanni Galizia von der Universität Konstanz. Mit seiner Arbeitsgruppe untersucht er das Geruchssystem bei Insekten. Stellen Sie sich vor: die Dämmerung bricht ein, es sirrt, eine sanfte Landung und schon fließt Blut: Eine Mücke ist zielstrebig am Werk – sie sticht zu und mit ihr gleich ein Dutzend andere. Ihr exzellenter Geruchssinn lenkt sie sicher zu ihrem Ziel. Eine Mücke verfügt zwar über keine Nase, dafür aber über Duftrezeptoren, mit denen sie Duftstoffe erkennen kann. Dies ist nur ein Beispiel für den ausgezeichneten Geruchssinn, den Insekten haben.

Der Geruchssinn von verschiedenen Insekten ist so gut entwickelt, dass sie einzelne Duftmoleküle kilometerweit verfolgen können. Der männliche Seidenspinner, eine Schmetterlingsart, kann einzelne Pheromonmoleküle wahrnehmen und so ein Weibchen über mehrere Kilometer hinweg orten. Die Fruchtfliegen lockt die Obstschale auf dem Tisch scharenweise an. Auch Bienen verfügen über einen ausgezeichneten Geruchssinn. Er hilft ihnen in der Dunkelheit des Bienenstocks all das zu unterscheiden, was für sie lebenswichtig ist. Sie kann Pollen erkennen, den reifen von dem unreifen Honig unterscheiden. Sie erschnüffelt Feinde im Stock.

Auch wenn die Biene ihren Stock verlässt, ist ihr Geruchssinn für sie lebenswichtig. Sie muss Düfte erkennen können, damit sie die richtigen Blüten findet. Sie kann sogar durch die Produktion von eigenen Geruchsstoffen, andere Artgenossen auf besonders gute Futterplätze hinweisen. Das Riechorgan der Insekten ist nicht die Nase, sondern es sind meist Antennen oder auch andere herausragende Körperteile. Auf diesen Antennen sitzen sogenannte Riechsensillen mit geruchsempfindlichen Zellen.

Was aber passiert im Gehirn, wenn das Insekt Düfte zuordnen soll? Hier setzt die Arbeit des Wissenschaftlers Prof. Dr. Giovanni Galizia an, der an der Universität Konstanz eine Professur für Neurobiologie und Zoologie inne hat. „Ich schaue den Insekten in das Gehirn“, sagt er über seine Arbeit. Mit Hilfe von optischen bildgebenden Verfahren ist es ihm und seiner Arbeitsgruppe möglich, die Prozesse, die im Gehirn des Tieres beim Riechen ablaufen, abzubilden.

Im Rahmen seiner Arbeit hat er umfassende Untersuchungen zu diesen Prozessen gemacht. Dabei hat er auch den Versuch unternommen, Bienen auf bestimmte Düfte zu trainieren. Mit Erfolg: „Wir haben in unserer Forschung jetzt eine ganz wichtige Schwelle erreicht. Mit dem Schwerpunktprogramm schaffen wir ideale Voraussetzungen, um an diese Erfolge anzuknüpfen. Wir wissen mittlerweile bereits eine ganze Menge über die Duftsprache der Biene. Der Weg zu einer Art „Wörterbuch der Düfte“ ist allerdings noch lang, jeder Duft soll irgendwann einmal genau zu bestimmten Nervenzellen zugeordnet werden können.“, erklärt der Wissenschaftler.

Das neue DFG-Schwerpunktprogramm eröffnet den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern die Möglichkeit, sich über drei Jahre hinweg nochmals intensiv mit ganz unterschiedlichen Facetten der Duftforschung auseinanderzusetzen; das Programm kann um drei weitere Jahre verlängert werden. Das bietet auch hervorragende Möglichkeiten für die Wissenschaftler, einen interdisziplinären Austausch zu pflegen und einen Austausch über die eigenen Projektgrenzen hinaus.

Ein Genetiker tritt auf einen Neurobiologen, ein Verhaltensbiologe wieder auf diese beiden. Die Forschungsergebnisse von Mäusen, Fruchtfliegen und Menschen werden im Diskurs miteinander verglichen, oft auch parallel erarbeitet. “ Eine neue Qualität der Forschung wird möglich. Wir stoßen auf neue Kooperationsmöglichkeiten und können sowohl methodisch als auch konzeptionell in neue Richtungen vorstoßen, die wir vielleicht jetzt noch gar nicht kennen“, schwärmt Galizia.

Wer aus dem Millionenforschungstopf schöpfen möchte, muss strenge Qualitätsanforderungen erfüllen. Das vorgeschlagene Arbeitsgebiet muss neu in Deutschland und im internationalen Kontext sein, es müssen kurz- und mittelfristig klar definierte Forschungsziele da sein, es geht um deutliche Synergieeffekte.

Media Contact

Claudia Leitenstorfer idw

Weitere Informationen:

http://neuro.uni-konstanz.de/SPP

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