Eric Hobsbawm bekommt Bochumer Historikerpreis

Eric Hobsbawm ist der diesjährige Preisträger des Bochumer Historikerpreises. Die mit 25.000 Euro dotierte Auszeichnung würdigt das außergewöhnliche Lebenswerk des 91-jährigen britischen Sozialhistorikers.

Diese Entscheidung gab heute die Stiftung Bibliothek des Ruhrgebiets bekannt, die den Preis gemeinsam mit der Stadt Bochum, der Ruhr-Universität Bochum und der Stiftung der Sparkasse Bochum verleiht. Der diesjährige Historikerpreis wird anlässlich des 10. Stiftungsfestes der Stiftung Bibliothek des Ruhrgebiets am 28. November 2008 in Bochum verliehen. Es ist das dritte Mal, das dieser Preis verliehen wird. Zuvor sind bereits Lutz Niethammer (2002) und Jürgen Kocka (2005) gewürdigt worden.

Pionier der empirischen historischen Forschung

„Eric Hobsbawm ist auch international gesehen einer der bedeutendsten Historiker des 20. Jahrhunderts,“ begründete Prof. Klaus Tenfelde, der Vorsitzende des Vorstands der Stiftung Bibliothek des Ruhrgebiets die Wahl des Briten. Hobsbawm habe der Geschichtswissenschaft von den 1950er Jahren bis ins 21. Jahrhundert hinein wiederholt neue Impulse gegeben. So gehörte Hobsbawm zu den Pionieren der empirischen historischen Forschung auf dem Feld der Arbeitergeschichte. Früher als andere zeigte er schon 1959 Perspektiven einer Sozialgeschichte als „Geschichte von unten“ auf.

Kosmopolitische Biografie

„Mit seinem Leben und Wirken hat er die Höhen und Tiefen des 20. Jahrhunderts als Zeitzeuge direkt erlebt und in seinem Schrifttum umfasst,“ heißt es in der Begründung der Stifter, die auf Hobsbawms kosmopolitischen Hintergrund verweisen. 1917 im ägyptischen Alexandria geboren, wuchs Hobsbawm mit jüdischen Wurzeln in Wien und Berlin auf. 1933 emigrierte er nach England, wo er in Cambridge das Studium der Geschichte aufnahm.

An der Universität, aber auch schon zuvor in Berlin, wurde er zum überzeugten Kommunisten. Die Mitgliedschaft in der KP Großbritanniens prägte fortan sein Werk, aber auch seine Karriere und seine Rezeption. Erst heute, rund 18 Jahre nach dem Zusammenbruch des Ostblocks, zeichnet sich eine vorurteilsfreie Würdigung Hobsbawms auch in Deutschland ab.

Unorthodoxer Marxist und sozialkritischer Historiker

Der Bochumer Historikerpreis setzt hier ein Zeichen. „Eric Hobsbawm ist einer jener unorthodoxen britischen Marxisten, die die Gesellschafts-Geschichte revolutioniert haben“, erklären die Preisstifter und betonen zugleich, dass sich Hobsbawm nie habe von der Parteilinie vereinnahmen lassen. Vielmehr sei nun die Breite seines Blicks und die Reichweite seiner Deutungskraft anzuerkennen. Beides bewies Hobsbawm vor allem mit seiner vierteiligen Geschichte der bürgerlichen Moderne und ihren letztlich gescheiterten ideologischen Herausforderungen.

In „The Age of Revolution“ (1962) und „The Age of Capital“ (1975) beschrieb Hobsbawm den Sieg der bürgerlichen Gesellschaftsordnung über die traditionellen Ancien Regimes. „The Age of Empire“ (1987) behandelte ihre Blüte und ihr beginnendes Verblühen; „The Age of Extremes“ (1994) versuchte sich an einer Erklärung, warum die sozialistische Systemalternative, der sich Hobsbawm lebenslang mit unerschütterlicher Hoffnung verschrieben hatte, untergehen musste.

Frühere Preisträger: Niethammer und Kocka

Nach Lutz Niethammer im Jahr 2002 und Jürgen Kocka 2005 reiht sich mit Eric Hobsbawm nunmehr der dritte Historiker in die Riege der Träger des Bochumer Historikerpreises ein. Mit dem Preis werden alle drei Jahre herausragende Leistungen auf dem Gebiet der Wirtschafts- und Sozialgeschichte gewürdigt, die national wie international hohe Aufmerksamkeit gefunden haben.

Für weitere Informationen:

Dr. Jürgen Mittag, Geschäftsführer Stiftung Bibliothek des Ruhrgebiets, Tel: 0234/32-26-920, E-Mail: juergen.mittag@rub.de

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Dr. Josef König idw

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