Mit Batterieantrieb in die Lüfte

Das Elektroflugzeug e-Genius.<br>(Foto: Universität Stuttgart)<br>

Das Fliegen mit innovativen Technologien ist die Aufgabenstellung beim Berblinger Flugwettbewerb 2011, der vom 15. bis 17. April in Ulm stattfindet. Mit beteiligt sein wird auch das Elektroflugzeug „e-Genius“ der Fakultät für Luft- und Raumfahrt der Universität Stuttgart.

Der e-Genius ist ein speziell für den effizienten Elektroflug neu entwickeltes zweisitziges Flugzeug in Kohlefaser-Kunststoffbauweise. Mit einem 60 kW-Elektromotor erzielt das Flugzeug eine Reichweite von bis zu 400 Kilometern und verbraucht dabei nur 4,75 Kilowattstunden (dies entspricht 0,6 Liter Benzin) pro 100 Kilometer und Passagier. E-Genius ist eine Weiterentwicklung des Brennstoffzellenflugzeugs Hydrogenius, mit dem das Team um Prof. Rudolf Voit-Nitschmann bereits im Jahr 2006 den Berblinger-Wettbewerb gewann. Es wurde hierfür mit einem Batteriesystem ausgerüstet.

„Unser wichtigstes Ziel war es, kompromisslos die Leistungsfähigkeit eines modernen Elektroflugzeuges zu demonstrieren und bei der Flugleistung keine Abstriche gegenüber dem heutigen Stand der Technik zu akzeptieren“, erklärt Prof. Voit-Nitschmann. Zu den Anforderungen gehörten daher ein hocheffizientes elektrisches Antriebssystem, eine Reisegeschwindigkeit zwischen 140 und 235 Stundenkilometern und je nach Energiespeichersystem eine Reichweite von mehreren hundert Kilometern. Zudem sollte der Zweisitzer bei einer maximalen Abflugmasse von 850 Kilogramm mit einer Startstrecke von unter 600 Metern auskommen und ähnlich wie existierende Touring-Motor-Segler handhabbar sein.

Deshalb beschritt das Team, zu dem auch die Projektmitarbeiter Len Schumann und Steffen Geinitz gehören, für die Realisierung von e-Genius vollkommen neue Wege und entwarf insbesondere die Integration des gesamten elektrischen Antriebsstrangs neu. Der Antrieb befindet sich jetzt im Heck, was einen um 15 bis 20 Prozent verbesserten Wirkungsgrad, ein kompaktes und leichtes Einziehfahrwerk sowie die ungestörte Sicht nach vorne ermöglicht. Der Rumpf entstand in einer Kohlefaser-Sandwich-Bauweise und ist dadurch extrem leicht. Die Konzeption des Cockpits sorgt für Komfort und schafft hinter den Pilotensitzen Stauraum für den Energiespeicher

Das Antriebssystem der Hydrogenius-Plattform und im speziellen der e-Genius Version ist gezielt auf die Anforderungen des elektrischen Fliegens ausgerichtet und ermöglicht gleichzeitig ein äußerst umweltverträgliches und sicheres Flugzeug. So schafft der 25 auf 28 cm große und nur 27 Kilogramm schwere Motor bei einer Dauerleistung von 58 Kilowatt 2.500 Umdrehungen/Minute und liefert damit ein Spitzenmoment von 400 Newtonmeter . Die Energie für den permanenterregten Synchronmotor wird von einem Umrichter bereitgestellt, der ebenso wie der Motor selbst wassergekühlt ist. Dadurch kann die Verlustwärme gezielt abtransportiert und über einen Wärmetauscher effizienter abgegeben werden. Der Wirkungsgrad von Umrichter und Elektromotor zusammengenommen erreicht über einen weiten Einsatzbereich hinweg Werte von bis zu 95 Prozent und selbst unter Volllast noch über 90 Prozent.

Ergänzt wird der Teil des Antriebssystems, der direkt für den Vortrieb zuständig ist, durch einen eigens für die Hydrogenius-Plattform entwickelten Propeller. Dieser ist aufgrund des großen Geschwindigkeitsbereichs als Verstellpropeller ausgelegt und im Heck positioniert. Dies erlaubt einen im Vergleich zu konventionellen Propellern größeren Durchmesser, was aufgrund des höheren Wirkungsgrads und einer geringeren Umdrehungszahl die Lärmemissionen reduziert.

Mit Blick auf die künftige Entwicklung in der allgemeinen Luftfahrt zeigt e-Genius, dass es effektiver ist, ein Flugzeug speziell für den Elektroflug zu entwickeln und zu optimieren, als konventionelle Flugzeugkonzepte umzurüsten. Nur so ist es möglich, die Vorteile des Elektroantriebes zu nutzen und den Nachteilen mit entsprechenden konstruktiven Maßnahmen zu begegnen. E-Genius repräsentiert somit einen kompromisslosen Ansatz, um umweltfreundliches und wirtschaftliches Fliegen mit dem heutigen Stand der Technologie zu realisieren. Die Erprobung von e-Genius soll das Konzept bestätigen, aber auch die Schwachpunkte aufdecken. Diese Daten sind wichtig für mögliche zukünftige Serienprodukte, aber auch für die Zulassung dieser neuartigen Fluggeräte durch die Luftfahrtbehörden. Somit können die Projektbeiträge für den Berblinger-Preis 2011 Vorläufer für eine zukünftige Generation von elektrisch getriebenen, umweltfreundlichen Serienflugzeugen darstellen. Dazu kommt die hohe Wirtschaftlichkeit aufgrund der geringen Verbrauchskosten. So soll der Preis für eine „Tankfüllung“ auf der Basis der aktuellen Strompreise bei etwa 12,30 Euro liegen.

Der internationale Berblinger-Flugwettbewerb der Stadt Ulm wurde erstmals 1986 anlässlich der 175. Wiederkehr des Flugversuchs von Alfred Ludwig Berblinger, dem Schneider von Ulm, ausgetragen. Prof. Voith-Nitschmann und sein Team gewannen den Preis bereits 1996 mit dem Solarflieger Icaré und 2006 mit dem Brennstoffzellenflugzeug Hydrogenius.

Weitere Informationen bei Prof. Rudolf Voit-Nitschmann, Institut für Flugzeugbau, Tel. 0711/685-62770, e-mail: rvn@ifb.uni-stuttgart.de
http://www.ifb.uni-stuttgart.de/index.php/forschung/flugzeugentwurf/hydrogenius/300

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Andrea Mayer-Grenu idw

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