Zukunft der Elektronik: Neuer katalytischer Effekt zur Herstellung von Galliumoxid entdeckt

Eine durch die gezeigte Metallaustausch-Katalyse mögliche Galliumoxid-Indiumoxid Überstruktur, für neuartige auf Galliumoxid basierende Elektronik. PDI

Halbleitende Oxide bilden eine neue und im Moment hochbeachtete Materialklasse der  Halbleitertechnologie. Galliumoxid ist das dafür typische Material, das mit extremer Hochspannungsfestigkeit und optischer Transparenz im tiefen ultravioletten Spektralbereich bisher unerreichte elektronische Bauelemente verspricht.

Solche Bauelemente basieren auf sehr dünnen und hochreinen Halbleiterschichten, die mittels spezieller Abscheideverfahren hergestellt werden. Jetzt ist es Wissenschaftlern des Paul-Drude-Instituts für Festkörperelektronik (PDI) gelungen, das Kristallwachstum von Galliumoxid erstmalig mit einem katalytischen Effekt in seiner Ausbeute drastisch zu steigen. Der Effekt ist nicht nur eine Neuentdeckung, er ist auch übertragbar auf andere Materialien mit ähnlichen Eigenschaften wie die des Galliumoxids. Die Ergebnisse sind in „Physical Review Letters“ erschienen.

Die physikalische Gasphasenabscheidung (PVD) ist eine der Kerntechnologien zum Herstellen dünner hochreiner Halbleiterschichten. Zu ihr zählt auch die Molekularstrahlepitaxie (MBE), die bei den Untersuchungen zum Einsatz kam. Die Reaktionschemie während der MBE ist deutlich einfacher als bei anderen viel komplexeren Technologien zur Halbleiterherstellung.

Die Forscher des PDI hatten daher nicht erwartet, dass im MBE-Prozess ein katalytischer Effekt auftreten könnte. Dieses Phänomen erklären sie sich durch einen neuen Mechanismus, den sie Metallaustausch-Katalyse nennen.

Die Untersuchungen zeigen zum einen, dass bei Hinzufügen des Elements Indium die Wachstumsrate von Galliumoxid während der MBE um ein Vielfaches ansteigt. Zum anderen formt sich Galliumoxid in der Anwesenheit von Indium auch noch unter Bedingungen, unter denen es ohne dieses Element nicht mehr möglich wäre. Dabei bildet das Galliumoxid eine besondere Kristallstruktur aus, die sich einzigartig für die Kombination von Galliumoxid- mit Indiumoxidschichten in sogenannten Heterostrukturen eignet, wie sie in vielen Bauelementen benötigt werden.

Aufgrund der einfachen Reaktionschemie während der MBE sind die Forscher überzeugt, dass der beobachtete Effekt allgemeingültig und damit auf alle Materialien anwendbar ist, die vergleichbare Eigenschaften aufweisen wie die des Galliumoxids. Dr. Patrick Vogt, PDI-Wissenschaftler und Erstautor der Studie, resümiert: „Die entdeckte Metallaustausch-Katalyse liefert einen völlig neuen Ansatz für das Wachstum von kristallinen Materialien und eröffnet sehr wahrscheinlich einen neuen Weg zu bisher unbekannten Halbleiter-Bauelementen.“

Patrick Vogt ist Nachwuchswissenschaftler. Von Hause aus Physiker hat er am PDI auf dem Gebiet der physikalischen Chemie und Halbleiterphysik promoviert – im Rahmen des Leibniz-WissenschaftsCampus GraFOx. Interdisziplinär und kooperativ organisiert fördert GraFOx die innovative Materialforschung, konkret zu Oxiden, auf höchstem Niveau.

Publikation:
Patrick Vogt, Oliver Brandt, Henning Riechert, Jonas Lähnemann, and Oliver Bierwagen (2017): Metal-exchange catalysis in the growth of sesquioxides: towards heterostructures of transparent oxide semiconductors. Physical Review Letters, Vol. 119, Iss. 19, Pp. 196001
DOI: https://doi.org/10.1103/PhysRevLett.119.196001

Weitere Informationen zum Leibniz-WissenschaftsCampus GraFOx unter http://grafox.pdi-berlin.de

Kontakt:
Paul-Drude-Institut für Festkörperelektronik, Leibniz-Institut im Forschungsverbund Berlin e.V.
Dr. Patrick Vogt
E-Mail vogt@pdi-berlin.de

Dr. Oliver Bierwagen
E-Mail bierwagen@pdi-berlin.de
Tel. +49 (0)30 / 20377-491

www.pdi-berlin.de 

https://doi.org/10.1103/PhysRevLett.119.196001
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