Photovoltaik-Hybridsystem mit Brennstoffzelle als Wegweiser für netzferne Energieversorgungssysteme

Solargenerator auf der Rappenecker Hütte<br>©Fraunhofer ISE/Foto: Guido Kirsch<br>

Die Stromversorgung der Rappenecker Hütte mit erneuerbaren Energien zählt zu den Meilenstein-Projekten in der frühen Geschichte des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme ISE. 1987 installierten die Freiburger Forscher auf dem netzfern gelegenen Wandergasthof eine Photovoltaik(PV)-Hybridanlage, die nicht nur eine praktische Lösung für Eigentümer und Pächter, sondern gleichzeitig eine Forschungsstation für netzferne Energieversorgungssysteme wurde.

Mit dem Ziel, zu einer vollständig umweltfreundlichen Energieversorgung zu kommen erfuhr die Anlage sukzessive Erweiterungen. 1990 kam ein Windrad hinzu, 2003 eine Brennstoffzelle, der Einsatz der fossilen Komponente Dieselgenerator konnte immer weiter reduziert werden. Am 27. Juli 2012 feiert die Rappenecker Hütte nicht nur ihr 350-jähriges Bestehen, sondern auch 25 Jahre erfolgreiche Photovoltaik-Geschichte.

Heute geht die Entwicklung von PV-Hybridsystemen über die Einzelhausversorgung hinaus, der Schwerpunkt liegt vor allem auf größeren Inselnetzen in Entwicklungs- und Schwellenländern. »In netzfernen ländlichen Regionen mit solaren Deckungsraten von über 80 Prozent können wir heute die Stromgestehungskosten gegenüber einem Dieselgenerator je nach Randbedingungen sogar halbieren«, erläutert Dr. Matthias Vetter, Abteilungsleiter PV-Inselanlagen und Batteriesystemtechnik.

»Hier auf der Rappenecker Hütte haben wir die 100-Prozent-Versorgung mit erneuerbaren Energien greifbar gemacht, als letzter Baustein fehlt nur der Schritt der Wasserstofferzeugung vor Ort« fügt Institutsleiter Prof. Eicke Weber ergänzend hinzu und schlägt die Brücke zur netzintegrierten PV: »Auch im netzgekoppelten Bereich kostet der Solarstrom heute deutlich weniger als der Strom aus der Steckdose. Zudem können wir die erfreuliche Mitteilung machen, dass die Module auf der Rappenecker Hütte nach 25 Jahren noch deutlich über 80 Prozent ihrer ursprünglichen Leistung aufweisen.«

Als vor 25 Jahren die von der EU geförderte PV-Anlage (3,8 kWp) auf das Scheunendach der Rappenecker Hütte montiert wurde, machte sie das beliebte Wanderziel Rappenecker Hütte zur ersten mit solar erzeugtem Wechselstrom versorgten Gaststätte Europas. 1990 erhielt die Sonne Verstärkung von einem Windrad (1,8 kW), gefördert durch das Bundesforschungsministerium. 2003 erfolgte ein weiterer Schritt in Richtung nachhaltiger Energieversorgung. Mit Mitteln des Innovationsfonds des regionalen Energieversorgers badenova konnte eine Brennstoffzelle installiert werden. Mit hohem elektrischem Wirkungsgrad, lokal schadstofffrei und leise, wurde mit der wasserstoffbetriebenen Polymer-Elektrolyt-Membran (PEM)-Brennstoffzelle eine richtungsweisende Zukunftstechnik installiert, so dass die Nutzung des Dieselgenerators (12 kW) weiter reduziert werden konnte. Wieder nahm die Rappenecker Hütte eine Vorreiterrolle ein und wurde Wegbereiter für Systeme in der ganzen Welt.

Zum Jubiläum 25 Jahre Solarstrom auf der Rappenecker Hütte stellt die Firma FutureE 2012 eine neue Brennstoffzelle (4 kW) samt Peripherie kostenlos zur Verfügung. Mit einem Wirkungsgrad von 55 Prozent ist das Brennstoffzellensystem erheblich effizienter als ein Dieselgenerator, der maximal 15 Prozent erreicht. Der Primärenergieeinsatz kann so mehr als halbiert werden. Brennstoffzellen sind sehr wartungsarm. Damit entfallen die hohen Kosten für die Wartung der Dieselgeneratoren. Zudem ist gerade in ökologisch sensiblen Bergregionen die Reduzierung der Grundwasser- und Umweltgefährdung durch den Austritt von Diesel vor allem beim Transport wichtig. Bei der hier verwendeten Brennstoff-zelle wird Wasserstoff aus Gasflaschen (Energieinhalt einer Flasche 26 kWh) eingesetzt. Seit 2003 stellt die Firma basi Schöberl den Wasserstoff kostenlos zur Verfügung. Der Dieselgenerator bleibt als Notreserve in der Anlage.

In einer Brennstoffzelle werden Wasserstoff und Sauerstoff kontrolliert und mit hohem elektrischem Wirkungsgrad in Strom umgewandelt, wobei auch die entstehende Wärme genutzt werden kann. Die PEM-Brennstoffzelle wird mit reinem Wasserstoff und Luftsauerstoff betrieben. Langfristig besteht die Option und Notwendigkeit, Wasserstoff aus regenerativen Energiequellen bereit zu stellen und damit den Ausstoß klimaschädigender Stoffe auf Null zu senken.

Heute wird der Jahresstromverbrauch von 4000 kWh der Rappenecker Hütte, die in den Wintermonaten geschlossen ist, zu rund 65 Prozent von der Photovoltaik gedeckt. Der Windkraftanteil beträgt circa 10 Prozent und der Brennstoff-zellenanteil etwa 25 Prozent. Interessierte Wanderer und Mountainbiker können das Zusammenspiel von Photovoltaik-anlage, Windkraftanlage und Brennstoffzelle in »gläsernen« Technikräumen mit Erläuterungstafeln kennenlernen.

Media Contact

Karin Schneider Fraunhofer-Institut

Weitere Informationen:

http://www.ise.fraunhofer.de/

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