Organische Elektronik – eine heiße Sache

Organische Leuchtdioden sind flächige Strahler, die hauchdünn auch auf flexiblen Substraten aufgetragen werden können. In Zukunft wird man sie öfter als Beleuchtungsmittel in Form größerer Module wiederfinden. Insbesondere bei sehr hohen Helligkeiten können dann Inhomogenitäten unter Selbsterwärmung auftreten.<br><br>Foto: IAPP<br>

Inzwischen erreichen Bauelemente schon so hohe Leistungen, dass sie in kleinen Gräten wie Mobiltelefonen zum Einsatz kommen. Bei größeren Geräten heizen sich die organischen Bauelemente jedoch so unkontrolliert auf, dass sie zusammenbrechen oder ungleichmäßig Strom leiten. Physiker der TU Dresden und Mathematiker des WIAS haben nun die typischen Rückkopplungseffekte gemeinsam analysiert und beschreiben diese für organische Halbleiter in den Physical Review Letters.

Als die Displays bei Mobiltelefonen immer größer wurden, musste man zunächst immer genau von vorn auf das Gerät schauen, um etwas erkennen zu können – die klassischen LEDs strahlten nur in eine Richtung. Bei einem modernen Smartphone mit organischen LEDs im Display gibt es dieses Problem nicht mehr: Das Licht strahlt in alle Richtungen, und auch aus einem schrägen Blickwinkel ist alles gut zu erkennen. Auch großflächige organische LEDs gibt es schon, sie ermöglichen ganz neue Formen der Beleuchtung von Räumen.

Doch wenn der Stromfluss zu stark wird, treten plötzlich Inhomogenitäten in der Helligkeit auf, die Fläche erscheint fleckig. Ein weiteres Anwendungsfeld ist die Solarenergie: Mit organischen Solarzellen lassen sich Folien herstellen, die kleine Mengen Strom produzieren können, zum Beispiel für unterwegs als „Energy to go“.

Für organische Bauteile gilt das schon lange bekannte Arrhenius-Gesetz: Die elektrische Leitfähigkeit nimmt mit steigender Temperatur stark zu, so dass der Strom durch das Bauteil entsprechend ansteigt und das Material erwärmt. So entsteht eine Rückkopplungsschleife, in der das Bauteil immer weiter aufgeheizt wird – Experimente enden dann häufig damit, dass das Bauteil zerschossen wird. Bislang waren solche Effekte nur bei inorganischen Halbleitern bekannt.

Bauelemente, die so stark auf Temperaturen reagieren, dass Rückkopplungen entstehen können, werden Thermistoren genannt. Insbesondere bei Leistungselektronik werden gezielt Thermistoren eingesetzt. Inzwischen erreichen organische Halbleiter aber ebenfalls den Bereich der Selbsterwärmung.

Das Prinzip ist eigentlich schon lange bekannt, allerdings war noch niemandem aufgefallen, dass es auch in der organischen Elektronik gilt.

Dr. Thomas Koprucki vom WIAS sagt: „Wir merkten, dass organische Halbleiter doch prädestiniert für elektro-thermische Rückkopplungseffekte sein sollten. Das hatte bisher noch niemand gesehen. Damit konnten wir das Augenmerk unserer Dresdener Kollegen bei den Messungen genau auf die richtige Stelle lenken.“

Die Experimente hatten bereits gezeigt, dass die Ströme bei Selbsterwärmung enorm stiegen.

Wenn die Berechnungen aber stimmten, musste es einen Punkt geben, ab dem trotz einer Steigerung der Stromstärke die Spannung zurückgeht – was der Intuition widerspricht. Das würde bedeuten, dass es zwei unterschiedliche stabile Stromstärke-Niveaus gäbe, die sich in einem kleinen Bereich der Spannung überschneiden – dort können sie von einem Niveau auf das andere umkippen. Durch diese Modell-Vorhersagen auf die richtige Spur gebracht, konnten die Physiker der TU Dresden ihre Experimente so anpassen, dass sie genau diesen Effekt für organische Halbleiter tatsächlich messen konnten.

Dabei wurden für die Kohlenstoffverbindung C60 die Abläufe im Bauteil zwischen zwei Punkten gemessen. Um den Effekt in seinem vollen Umfang zu erfassen, musste nicht nur ein Rückgang der Spannung gezeigt werden, sondern auch das Umschalten zwischen den zwei stabilen Stromstärke-Niveaus.

Anhand der Modellrechnung war von vornherein klar, dass ein zerstörungsfreier Nachweis nur möglich ist, wenn das Bauteil gekühlt wird und durch einen Vorwiderstand geschützt wird. Damit war es den Physikern dann möglich, tatsächlich die Bistabilität des Bauelementes aufzuzeichnen. Bei den beiden Umschaltspannungen wechselte der Strom abrupt seine Stärke um einen Faktor 10.

Axel Fischer vom Institut für Angewandte Photophysik (IAPP) der TU Dresden erläutert: „Wir haben die Kohlenstoffverbindung C60 für unsere Messungen verwendet, weil diese sehr temperaturstabil ist. Damit können wir das Arrhenius-Gesetz in Reinkultur beobachten. Außerdem erreichen Schichten aus C60 bereits bei kleinen Spannungen sehr hohe Ströme, so dass die typischen Thermistoreffekte einfach nachgewiesen werden können.“

Mit dem erweiterten Verständnis der Selbsterwärmung in organischen Halbleitern können die Forscher organische Bauelemente nun so weiterentwickeln, dass sie die störenden Effekte minimieren, z. B. durch eine geometrisch andere Konstruktion der Wärmeableitung und der elektrischen Kontakte. So könnten dann großflächige Leuchtfolien in Zukunft gleichmäßiges Licht abstrahlen.

Weitere Informationen:
http://link.aps.org/doi/10.1103/PhysRevLett.110.126601
– Veröffentlichung in den Physical Review Letters

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Gesine Wiemer Forschungsverbund Berlin e.V.

Weitere Informationen:

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