Ökostrom kann Kernkraft in neun Jahren ersetzen

Fahrplan für den raschen Umstieg: Notwendige Wegbereiter sind flexible Gaskraftwerke, Netzausbau und -ertüchtigung, Speichertechnologien sowie Energieeffizienz.

Deutschland kann bis 2020 die Atomkraft durch Ökostrom ersetzen und die Stromversorgung bereits vor 2050 vollständig auf erneuerbare Energien umstellen. Zu diesem Schluss kommt das Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW). Strom aus Sonne, Wind, Biomasse und Wasserkraft ist imstande, in Kombination mit dezentralen hocheffizienten Gaskraftwerken in neun Jahren den Wegfall der Kernenergie auszugleichen, ohne dass eine Stromlücke entsteht. Der Umstieg ist laut ZSW machbar, er muss aber durch bestimmte Rahmenbedingungen flankiert werden. Dazu gehören besonders Speichertechnologien, wie die Konvertierung von erneuerbarem Strom in Methan oder Wasserstoff, und eine Modernisierung der Netzinfrastruktur. Wird dies realisiert, ist ein volkswirtschaftlicher Gewinn bis 2050 von mehreren hundert Milliarden Euro möglich.

Das Stuttgarter Forschungsinstitut, das unter anderem das Bundesumweltministerium mit Daten und Studien zur Entwicklung der erneuerbaren Energien berät, geht davon aus, dass der „Nationale Aktionsplan für erneuerbare Energien“ der Bundesregierung erfüllt werden kann. Der Plan strebt bis 2020 einen Ökostromanteil von 38,6 Prozent an. 2010 lag er bei 16,8 Prozent. „Der geplante Ausbau und die Steigerungsraten erfordern eine signifikante Beschleunigung des Netzauf- und -ausbaus, der Entwicklung und Integration von Speichern sowie des Lastmanagements und der Laststeuerung“, sagt Professor Frithjof Staiß, der geschäftsführende Vorstand des ZSW. Wird dies engagiert umgesetzt, ist auch eine 100-prozentige Ökostromversorgung deutlich vor 2050 möglich, so Staiß.

Der Anteil der Atomkraft kann bis 2020 auf null reduziert werden, rund zwei Jahre schneller als von der ehemaligen rot-grünen Bundesregierung geplant. Im Jahr 2010 stammten rund 22 Prozent des Strommixes aus Kernenergie. Da der Anteil der erneuerbaren Energien bis 2020 um 22 Prozentpunkte gesteigert werden soll, ist die Kompensation des Atomstroms durch Ökostrom möglich. Neben dem Ökostromausbau ist die verstärkte Einbindung dezentraler gasbetriebener Stromerzeugungsanlagen in Kraft-Wärme-Kopplung nötig. Sie können in der Übergangszeit die Versorgungszuverlässigkeit garantieren und emittieren gleichzeitig weniger Kohlendioxid als Kohlekraftwerke. Vor allem aber: Die Anlagen sind bedeutend flexibler als schwerfällige Großkraftwerke und können die Schwankungen beim erneuerbaren Strom ausgleichen.

„Dies ist schon deshalb erforderlich, weil noch Zeit benötigt wird, um Speichertechnologien und das Stromnetz so auszubauen, dass hohe Anteile von Wind- und Solarenergie möglich sind“, so Professor Staiß. Eine Schlüsselrolle kann dabei die Nutzung von Stromüberschüssen zur Herstellung von Erdgassubstitut spielen: Dabei wird Ökostrom in zwei Schritten in erneuerbares Methan umgewandelt, das ohne Weiteres in das Erdgasnetz eingespeist werden kann.

Eine erhebliche Steigerung des prozentualen Anteils der erneuerbaren Energien an der Stromversorgung muss zudem durch Effizienzmaßnahmen auf der Verbrauchsseite unterstützt werden. Sie bewirken einen Rückgang des Gesamtstrombedarfs und damit eine weitere Reduktion des fossilen Stromaufkommens.

„Eine sichere und nachhaltige Stromversorgung gibt es nicht umsonst“, betont ZSW-Vorstand Staiß. Der Umbau müsse vorfinanziert werden. Dies ist aber nicht mit einem sprunghaften Strompreisanstieg verbunden. Durch weitere Kostensenkungen im Bereich der Ökostromerzeugung und gleichzeitig steigende Preise etwa für fossile Energieträger und Emissionszertifikate wird die Versorgung mittelfristig sogar deutlich kostengünstiger sein als im heutigen System. Bei einer Gesamtenergieversorgung mit erneuerbaren Energien bis 2050, also für Strom, Wärme und Mobilität, könnte Deutschland einen kumulierten volkswirtschaftlichen Gewinn von 750 Milliarden Euro erwarten. Dies belegt das alternative „Energiekonzept 2050“, das sieben Mitgliedsinstitute des ForschungsVerbunds Erneuerbare Energien (FVEE) bereits im Sommer 2010 vorgelegt haben.

Um den Umstieg optimal zu schaffen, müssen allerdings auch die Forschungsmittel für erneuerbare Energien und Energieeffizienz ausgeweitet werden. Dies ist nicht zuletzt durch die Umwidmung der Förderung von Nukleartechnologien möglich. So können Innovationen und Kostensenkungen noch schneller umgesetzt werden. Deutschland wird dann seiner Vorreiterrolle im Energiebereich gerecht und gibt Impulse auch für andere Länder.

Das ZSW gehört zu den führenden Instituten für angewandte Forschung im Bereich der erneuerbaren Energien und Energieeffizienz. In Stuttgart, Ulm und Widderstall arbeiten derzeit rund 200 Wissenschaftler, Ingenieure und Techniker. Am Standort Stuttgart werden Photovoltaik und regenerative Kraftstoffe erforscht und Energiesystemanalysen erstellt, in Ulm Batterietechnik und Brennstoffzellen entwickelt.

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