Ökokleid für Stromtankstellen

Umweltfreundliche Holzkunststoffe sollen künftig Stromladesäulen verkleiden. © Fraunhofer IWM<br>

Meist stecken die E-Zapfsäulen in Verkleidungen aus Stahl. Forscher wollen ihnen nun ein Outfit aus ressourcensparendem Material verpassen.

Stromtankstellen werden künftig mehr und mehr das Stadtbild prägen. Meist schützen Stahl- oder Aluminiumgehäuse die Ladestationen. Dies wollen Forscher des Fraunhofer-Instituts für Werkstoffmechanik IWM in Halle gemeinsam mit dem Industriepartner Bosecker Verteilerbau Sachsen GmbH ändern und die Ladesäulen mit umweltfreundlichem Material verkleiden. Hohlkammerplatten aus WPC (Wood-Plastic-Composites) sollen künftig die Stahlkonstruktionen ersetzen, die bislang Kabel, Steckdosen und Elektronik-Schaltkasten umhüllen. Die ressourcenschonenden Holzpolymerwerkstoffe werden derzeit vor allem für Terrassendielen verwendet.

Das Naturfaserkomposit WPC besteht bis zu 70 Prozent aus nachwachsenden Holzfasern und zu 30 Prozent aus thermoplastischem Polypropylen. Neben dem hohen Anteil von nachwachsenden Rohstoffen ist es tropenholzfrei und zu 100 Prozent recycelbar. Das Holz-Kunststoff-Gemisch lässt sich mehrere Male wieder verarbeiten, die CO2-Bilanz ist ausgewogen. »Beim Wachsen entziehen Bäume der Atmosphäre große Mengen Kohlendioxid und speichern es als Kohlenstoff im Holz. Wir erwarten daher, dass WPC in der von uns angestrebten Anwendung eine geringere CO2-Emission aufweist als Stahl«, sagt Sven Wüstenhagen, Forscher am IWM in Halle.

Einen weiteren Vorzug des Naturkomposits sieht Wüstenhagen in der im Vergleich mit metallischen Geräteverkleidungen energieeffizienten Produktionsweise: WPC-Produkte werden extrudiert, das heißt die beiden Komponenten Holzfasern und thermoplastische Bindemittel werden unter Druck und Temperatur verschmolzen und in eine Endlosform gebracht. Mit den heutigen Verarbeitungstechnologien kann man die Naturfasern ohne den energieintensiven Zwischenschritt der Granulatherstellung und somit materialschonend zuführen. Da Holz thermisch sehr empfindlich ist, sind Verarbeitungstemperaturen von unter 200 Grad Celsius nötig.

Die entsprechend einem Baukastenprinzip hergestellten Bauteile lassen sich mit einem Verbindungssystem variantenreich verbauen und daher an unterschiedliche architektonische Gegebenheiten anpassen. Durch ihre modulare Bauweise können die Kunststoff-Verkleidungen bei anfallenden Reparaturen schnell abmontiert werden. »Denkbar ist es auch, die WPC-Bauteile für neue Anwendungsbereiche zu nutzen: Beispielsweise könnte man mit ihnen Stadtmöbel wie Parkbänke oder Pavillons für Bushaltestellen konstruieren. Daran werden wir im nächsten Schritt arbeiten. Wir können uns auch vorstellen, technische Funktionen wie Nuten oder Schnappleisten zur Führung von Kabeln in WPC-Bauteile zu integrieren. Da sich WPC gut formen lässt, ist das – anders als bei metallischen Gehäuseverkleidungen – möglich«, berichtet Industriedesigner Wüstenhagen.

Doch die Anforderungen an WPC-Verkleidungen sind hoch. Das Material darf nicht splittern und muss elastisch auf Schläge reagieren. Zudem muss es starken Temperaturschwankungen, hoher Luftfeuchtigkeit und UV-Bestrahlung standhalten. Daher setzen die Forscher Materialproben in der Klimakammer extremen Temperaturverhältnissen aus und prüfen, welche Additive oder Beschichtungsvarianten sich als besonders witterungsbeständig erweisen.

Derzeit fertigen die Experten vom IWM einen Prototyp der Verkleidung. Erste Freilufttests stehen in Kürze an. Sven Wüstenhagen und sein Team sind zuversichtlich, dass schon bald E-Ladesäulen im neuen Outfit zu sehen sein werden.

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Sven Wüstenhagen Fraunhofer Mediendienst

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