Kameras aus dem Salzstreuer

Die neue Mikrokamera ist nicht größer als grob gemahlenes Salz. Daher passt sie perfekt in die Endoskopspitze. (© Awaiba GmbH)<br>

Die Endoskopie hat sich in den vergangenen Jahren rasant weiterentwickelt. Mikrokameras in der Spitze von Endoskopen liefern Bilder vom Innern des menschlichen Körpers in immer höherer Auflösung. Dadurch können Tumore oft frühzeitig erkannt werden. Bisherige Endoskope haben jedoch einige Nachteile:

Sie sind teuer und müssen aufgrund ihrer mehrfachen Verwendung nach jedem Gebrauch aufwändig gereinigt werden. Hilfe verspricht eine neue Mikrokamera, die das Fraunhofer-Institut für Zuverlässigkeit und Mikrointegration IZM in Berlin gemeinsam mit der Awaiba GmbH und mit Unterstützung des Fraunhofer-Instituts für Angewandte Optik und Feinmechanik IOF in Jena entwickelt hat. »Mit unserer Technologie können Mikrokameras so preiswert produziert werden, dass Mediziner die Endoskope nach einmaligem Gebrauch entsorgen können«, sagt Martin Wilke, Wissenschaftler am IZM. Möglich wird das durch einen neuartigen Herstellungsprozess.

Digitale Kamerasysteme bestehen aus zwei Komponenten: einer Optik und einem Sensor, der das Bild in elektrische Signale umwandelt. Elektrische Kontakte am Sensor ermöglichen den Zugang zu diesen Signalen und somit zur Bildinformation. Die Kontakte liegen herstellungsbedingt zwischen Sensor und Optik. Wie auch Computerchips werden Sensoren in großen Stückzahlen gleichzeitig gefertigt. »Man muss sich das wie einen Bogen Briefmarken vorstellen«, sagt Wilke. »Viele tausend Briefmarken werden in einem Arbeitsschritt gedruckt. Wenn man sie verwenden will, muss man sie voneinander trennen. Statt einem Papierbogen hat man bei Bildsensoren eine kreisförmige Scheibe Silizium, einen Wafer.« Auf einen Wafer passen etwa 28 000 Bildsensoren. Die wurden bislang einzeln ausgesägt, verdrahtet und an die noch fehlende Optik montiert. Das heißt also 28 000 Mal verdrahten und noch einmal genauso oft montieren.

Diesen Prozess haben die Forscher des IZM optimiert, indem sie einen neuen Zugang zu den elektrischen Kontakten entwickelten. Das Verdrahten geht jetzt schneller und das gesamte Kamerasystem ist kleiner. Der Clou: Die Kontakte werden nicht mehr bei jedem einzelnen Bildsensor über die Seite, sondern bei allen Sensoren gleichzeitig über ihre Rückseite erreicht, während sie noch als Wafer zusammenhängen. Dadurch muss man die Optiken auch nicht mehr einzeln montieren, sondern kann sie als Optik-Wafer mit dem Bildsensor-Wafer verbinden. Erst danach wird der Wafer-Stapel in einzelne Mikrokameras zersägt. Ein weiterer Vorteil: gestochen scharfe Bilder auch bei sehr dünnen Endoskopen. Bislang mussten die darin integrierten Kamerasysteme aufgrund ihrer »Größe« geteilt werden. Die Optik befand sich an der Endoskopspitze und der Sensor am anderen Ende des Glasfaserstrangs. Die neue Mikrokamera ist klein genug für die Endoskopspitze. Sie hat eine Auflösung von 25 000 Pixel und sendet die Bildinformation über ein elektrisches Kabel durch das Endoskop. »Mit 0,7 mal 0,7 mal 1,0 Millimeter ist die Kamera so klein wie grob gemahlenes Salz – die kleinste uns derzeit bekannte Kamera«, sagt Stephan Voltz, Geschäftsführer der Awaiba GmbH.

Neben der Medizintechnik interessiert sich auch die Automobilindustrie für den Kamera-Winzling. Aktuell wird daran geforscht, mit Mikrokameras Außenrückspiegel von Fahrzeugen zu ersetzen: Auf diese Weise ließe sich der Strömungswiderstand reduzieren und der Energieverbrauch senken. Eingebaut in Armaturen könnte die Kamera außerdem die Augenbewegungen des Fahrers berechnen und so dem Sekundenschlaf vorbeugen. Stephan Voltz freut sich über die vielfältigen Anwendungsmöglichkeiten: »Mit dem Fraunhofer-Know-how können wir ab 2012 Einmal-Endoskope für nur wenige Euro auf den Markt bringen. Der Prototyp liegt bereits vor.«

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Martin Wilke Fraunhofer Mediendienst

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