In zwei Dimensionen leuchten Elektronen schneller

Darstellung der Form eines Exzitons in einem energetisch angeregten Zustand (vorne: quantenmechanische Wellenfunktion) vor einer Monolage von Wolframdiselenid (weinrote und hellblaue Kugeln). Abbildung: Brad Baxley (parttowhole.com)

Seit kurzem kann die Wissenschaft Materialien herstellen, die aus einer einzigen Atomlage bestehen. Neben Graphen – einer Monolage aus Graphit – funktioniert dies inzwischen auch mit sogenannten Übergangsmetall-Dichalkogeniden wie Wolframdiselenid. In Monolagen können sich Elektronen nur zweidimensional in der Ebene bewegen.

Das verleiht den ultradünnen Materialien einzigartige Eigenschaften, die künftig die Elektronik und Optoelektronik revolutionieren könnten. Wird bspw. ein Photon in einer Monolage von Wolframdiselenid absorbiert, so kann es ein Exziton – ein gebundenes Elektron-Loch-Paar – erzeugen. Dabei umkreist ein negativ geladenes Elektron ein positiv geladenes Loch, ähnlich wie ein Elektron im Wasserstoffatom den Kern umkreist.

Theoretisch wurde vorhergesagt, dass Exzitonen in einer Monolage wegen der starken Bindung zwischen Elektronen und Löchern auch bei Raumtemperatur existieren und daher alle optischen Eigenschaften dominieren sollten – denn nur sie emittieren Licht in einer Monolage. Für die Entwicklung von Bauelementen wie Solarzellen oder lichtemittierenden Dioden ist es daher wichtig, die Eigenschaften von Exzitonen besser zu verstehen.

Ein Team um Prof. Dr. Rupert Huber, PD Dr. Tobias Korn und Prof. Dr. Christian Schüller vom Institut für Experimentelle und Angewandte Physik der Universität Regensburg konnte nun in Kooperation mit Prof. Dr. Rudolf Bratschitsch von der Universität Münster Licht ins Dunkel bringen.

Im Rahmen eines Experiments regten die Forscher eine Monolage von Wolframdiselenid zunächst mit einem sichtbaren Lichtblitz an, so dass Exzitonen entstanden. Um diese direkt nachzuweisen, beleuchteten die Physiker die Exzitonen mit ultrakurzen infraroten Lichtimpulsen, die interne Anregungen in den Exzitonen auslösten.

Durch Aneinanderfügen mehrerer Momentaufnahmen entstand schließlich ein Zeitlupenfilm mit der unvorstellbar hohen Zeitauflösung von wenigen Femtosekunden. Eine Femtosekunde ist der millionste Teil einer Milliardstel Sekunde. Dies ist gerade schnell genug, um die Entstehung, Struktur, Dichte und Wechselwirkung der Exzitonen untereinander scharf aufzulösen.

Die Messdaten der Forscher förderten weitere Überraschungen zutage: Sie zeigten, dass bestimmte Exzitonen überraschend effizient zerstrahlen. Dabei stürzt das Elektron in das Loch, das es umkreist, und gibt seine Energie als Lichtquant (Photon) ab. In atomar dünnem Wolframdiselenid läuft dieser Prozess tausend Mal schneller ab als in gewöhnlichen dreidimensionalen Festkörpern. Die Untersuchungen der Forscher aus Regensburg und Münster bieten deshalb spannende Perspektiven für die Entwicklung neuer Lichtquellen auf Basis der denkbar dünnsten Materialien.

Titel der Originalpublikation:
C. Pöllmann, P. Steinleitner, U. Leierseder, P. Nagler, G. Plechinger, M. Porer, R. Bratschitsch, C. Schüller, T. Korn and R. Huber, „Resonant internal quantum transitions and femtosecond radiative decay of excitons in monolayer WSe2“, in Nature Materials (published online) (2015)

Die Publikation (nach Ablauf der Sperrfrist) im Internet unter:
http://dx.doi.org/10.1038/nmat4356

Ansprechpartner für Medienvertreter:
Prof. Dr. Rupert Huber
Universität Regensburg
Lehrstuhl für Experimentalphysik
Tel.: 0941 943-2070
rupert.huber@ur.de

Media Contact

Alexander Schlaak idw - Informationsdienst Wissenschaft

Weitere Informationen:

http://www.uni-regensburg.de/

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Energie und Elektrotechnik

Dieser Fachbereich umfasst die Erzeugung, Übertragung und Umformung von Energie, die Effizienz von Energieerzeugung, Energieumwandlung, Energietransport und letztlich die Energienutzung.

Der innovations-report bietet Ihnen hierzu interessante Berichte und Artikel, unter anderem zu den Teilbereichen: Windenergie, Brennstoffzellen, Sonnenenergie, Erdwärme, Erdöl, Gas, Atomtechnik, Alternative Energie, Energieeinsparung, Fusionstechnologie, Wasserstofftechnik und Supraleittechnik.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Neue universelle lichtbasierte Technik zur Kontrolle der Talpolarisation

Ein internationales Forscherteam berichtet in Nature über eine neue Methode, mit der zum ersten Mal die Talpolarisation in zentrosymmetrischen Bulk-Materialien auf eine nicht materialspezifische Weise erreicht wird. Diese „universelle Technik“…

Tumorzellen hebeln das Immunsystem früh aus

Neu entdeckter Mechanismus könnte Krebs-Immuntherapien deutlich verbessern. Tumore verhindern aktiv, dass sich Immunantworten durch sogenannte zytotoxische T-Zellen bilden, die den Krebs bekämpfen könnten. Wie das genau geschieht, beschreiben jetzt erstmals…

Immunzellen in den Startlöchern: „Allzeit bereit“ ist harte Arbeit

Wenn Krankheitserreger in den Körper eindringen, muss das Immunsystem sofort reagieren und eine Infektion verhindern oder eindämmen. Doch wie halten sich unsere Abwehrzellen bereit, wenn kein Angreifer in Sicht ist?…

Partner & Förderer