Grenzen überwinden – Höchstdotierte Siliciumkristalle zum Energiesparen

Anfangsstücke von Siliciumkristallen mit unterschiedlichen Kristalldurchmessern und daraus gefertigten Wafern sowie Ausgangsmaterial für die Siliciumkristallherstellung.<br>Fraunhofer IISB / Kurt Fuchs<br>

Siliciumkristalle mit einem sehr geringen elektrischen Widerstand minimieren dabei die elektrischen Schaltverluste in den Leistungsbauelementen. Die Herstellung von hoch leitfähigen Siliciumkristallen ist heute noch extrem anspruchsvoll.

Gemeinsam mit der Freiberger Siltronic AG erforscht das Fraunhofer THM in Freiberg im Projekt PowerOnSi die wissenschaftlich-technischen Grundlagen für die kostengünstige Herstellung derartiger Siliciumkristalle.

Bei der Erzeugung, Übertragung und Wandlung elektrischer Leistungen dominiert die auf dem Halbleitermaterial Silicium basierende Leistungselektronik. Speziell für Anwendungen bei niederer bis mittlerer Leistung und mittleren bis höheren Frequenzen, beispielsweise in Schaltnetzteilen, Robotern, Autoelektronik oder zur Ansteuerung von Motoren, kommen sogenannte PowerMOS-Bauelemente zum Einsatz.

Um die Widerstandsverluste von vertikalen leistungselektronischen Bauelementstrukturen in Durchlassrichtung zu minimieren, werden insbesondere n-Typ-Siliciumkristalle mit einem sehr geringen elektrischen Widerstand von 5.0 mΩcm bis hin zu 1.0 mΩcm benötigt. Die Siliciumkristalle werden nach dem Czochralski-Verfahren durch Ziehen aus der Siliciumschmelze hergestellt. Den niedrigen elektrischen Widerstand im einkristallinen n-Typ-Silicium erreicht man dabei durch eine gezielte Zugabe von Arsen oder Phosphor als Dotierstoff.

Die hohen Mengen an benötigtem Dotierstoff können jedoch beim Herstellungsprozess kristallwachstumsinduzierte Störungen verursachen, wie z.B. Versetzungen im Kristall. Die Kristallfehler führen zum Verlust der einkristallinen Struktur des Siliciums und vermindern die Kristallausbeute, wodurch im Endeffekt der erzielbare Widerstandsbereich begrenzt wird. Für die beobachteten Störungen existieren zwar verschiedene Erklärungsansätze, jedoch sind weder die genauen Ursachen bekannt, noch gibt es etablierte, verfahrenstechnische Lösungsansätze für die Herstellung größerer Kristalldurchmesser.

An diesem Punkt setzen die Experten des Fraunhofer THM und der Siltronic AG an. Sie untersuchen systematisch die Grundlagen der kristallwachstumsinduzierten Störungen beim Ziehen von hochdotieren Siliciumkristallen und bestimmen die prozesstechnisch relevanten Parameter. Nur auf Basis einer soliden wissenschaftlichen Kenntnis der Grenzen des einkristallinen Wachstums von hochdotiertem Silicium können entsprechende kristallzüchterische Maßnahmen entwickelt und erprobt werden, um das untere Widerstandslimit bei großen Kristalldurchmessern abzusenken und die Kristallausbeute zu steigern.

Eine weitere Schwierigkeit, die die Forscher überwinden müssen, ist die Suche nach geeigneten Analysemethoden für die hochdotierten Materialien:

„Während bei niedrigen Dotierungen seit Jahrzehnten verschiedenste Messverfahren etabliert sind, um die unterschiedlichen physikalisch-chemischen Eigenschaften des Siliciums umfassend zu bestimmen, funktionieren diese aufgrund physikalischer Gründe meist nicht bei höchstdotiertem Material“ erklärt Dr. Jochen Friedrich, Sprecher des Fraunhofer THM und Leiter der Abteilung Kristallzüchtung am Fraunhofer IISB in Erlangen, einem der Mutterinstitute des THM. „Deshalb werden wir auch neue Messverfahren austesten und genau untersuchen, ob sich damit die relevanten Eigenschaften von hochdotiertem Material bestimmen lassen“, so Dr. Jochen Friedrich.

„Dieses Projekt ist für Siltronic aus zwei Gründen interessant“, sagt Dr. Andreas Mühe, Leiter Operations Deutschland, Siltronic AG und Werkleiter des Standortes Freiberg. „Erstens ist Siltronic ein führender Hersteller von Siliciumwafern für Leistungselektronik und zweitens ist Siltronic tief in der Region Freiberg verwurzelt. Daher freuen wir uns ganz besonders, unseren Anteil zum Gelingen dieses spannenden Forschungsvorhabens beizutragen.“

Zwei Jahre haben die Forscher von Fraunhofer THM und Siltronic jetzt Zeit, um wissenschaftlich-technische Lösungen zu erarbeiten, damit die Herstellung von Siliciumkristallen mit sehr geringen elektrischen Widerständen für PowerMOS-Anwendungen wirtschaftlicher wird. Nicht zuletzt dadurch wird die Position des Industrie- und Forschungsstandorts Freiberg als Zentrum der deutschen Halbleitermaterialerstellung weiter gestärkt.

Das Projekt PowerOnSi wird vom Sächsischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst gefördert und begann am 1. Oktober 2012.

Ansprechpartner:
Dr. Jochen Friedrich
Fraunhofer IISB
Schottkystraße 10, 91058 Erlangen, Germany
Tel. +49-9131-761-270
Fax +49-9131-761-280
info@iisb.fraunhofer.de
Fraunhofer THM
Das Fraunhofer-Technologiezentrum Halbleitermaterialien Freiberg THM betreibt Forschung und Entwicklung auf dem Gebiet der Halbleitermaterialien für die Photovoltaik und die Mikroelektronik. Das THM ist eine gemeinsame Einrichtung des Fraunhofer-Instituts für Integrierte Systeme und Bauelementetechnologie IISB in Erlangen und des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme ISE in Freiburg. Es besteht eine enge Kooperation mit der Technischen Universität Bergakademie Freiberg auf dem Gebiet der Halbleiterherstellung und -charakterisierung. Ein Hauptziel ist die Unterstützung der regionalen Halbleitermaterialindustrie durch den Transfer wissenschaftlicher Erkenntnisse in die industrielle Verwertung.
Siltronic AG
Siltronic ist einer der Weltmarktführer für Wafer aus Reinstsilicium und Partner vieler führender Chiphersteller. Die Halbleitertochter der Wacker Chemie AG entwickelt und produziert Wafer mit Durchmessern bis zu 300 Millimetern an Standorten in Europa, Asien und USA. Siliciumwafer sind die Grundlage der modernen Mikro- und Nanoelektronik. Elektronische Bauelemente aus Silicium kommen zum Beispiel in Computern, Smartphones, Flachdisplays, Navigationssystemen, Motorsteuerungen und vielen anderen Anwendungen zum Einsatz.

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