Erneuerbare Energien optimal vermarkten

Strom ist für uns eine Selbstverständlichkeit. Ein Knopfdruck genügt, und das Licht und der Fernseher gehen an. Tatsächlich aber steckt hinter der sicheren Stromversorgung ein enormer Aufwand. Spezialisten müssen exakt berechnen, wann wie viel Strom benötigt wird, denn der Bedarf schwankt.

Am Wochenende zum Beispiel, wenn Büros und Geschäfte geschlossen sind, wird weniger Energie benötigt als an einem Montag. Und an grauen Regentagen knipst man in den Häusern abends früher das Licht an als an Sonnentagen. Vor allem die Übertragungsnetzbetreiber müssen rechtzeitig wissen, wann Strom aus erneuerbaren Energien erzeugt wird, denn sie müssen ihn quer durch Deutschland transportieren und zum Teil selbst vermarkten.

Sonnen- und Windstrom schwanken stark

Die Übertragungsnetzbetreiber sind deshalb bestrebt, die Einspeisung aus erneuerbaren Energien für den kommenden Tag möglichst exakt vorauszuplanen. Eine Herausforderung ist dabei die wachsende Menge an Sonnen- und Windstrom, denn die unterliegt starken natürlichen Schwankungen. So kann die eingespeiste Menge an Windenergie etwa beim deutschen Übertragungsnetzbetreiber TenneT TSO innerhalb weniger Tage zwischen wenigen 100 MW und circa 9000 MW schwanken. Bei Photovoltaik geschieht dieser Leistungshub innerhalb von wenigen Stunden, was einem Leistungsunterschied zwischen einer kleinen Gasturbine und neun konventionellen Großkraftwerken entspricht. Seit geraumer Zeit gibt es Dienste, die das Wetter und die daraus resultierende Produktion von grünem Strom vorausberechnen. Um eine möglichst gute Vorhersage zu erreichen, setzt man Prognosen mehrerer Anbieter ein. Diese werden für den jeweils nächsten Tag (Day-ahead) zu einer optimierten »Meta-Prognose« zusammengefasst. Hinzu kommen Vorhersagen für andere regenerative Energien wie Biomasse, Wasserkraft, Geothermie und Deponiegas. Alles zusammen ergibt die gesamte prognostizierte Menge an grünem Strom. Da man diese rechtzeitig einschätzen kann, lässt sich der Öko-Strom vorab an der Strombörse EPEX vermarkten.

Dass sich die Prognose und damit der Verkauf an der EPEX noch optimieren lassen, zeigt das Fraunhofer-Anwendungszentrum Systemtechnik AST in Ilmenau mit seiner neuen Energiemanagementlösung EMS-EDM PROPHET®. Diese erstellt aus einer Vielzahl an Einzelprognosen eine optimierte Gesamtprognose. Der gesamte Rechenprozess besteht aus rund 15 000 Einzelschritten – eine große Herausforderung, die einen hohen Automatisierungsgrad der Software erfordert.

Viertelstündliche Vorhersagen möglich

Die Software leistet sogar noch mehr. Sie kann den Strom nicht nur für einen Tag im Voraus berechnen, sondern viertelstündlich genaue Vorhersagen abgeben, indem sie die Day-ahead-Vermarktung alle 15 Minuten zum Teil mithilfe von Kurzfristprognosen am Spotmarkt korrigiert. Damit kann die TenneT TSO GmbH sehr schnell auf Einspeiseänderungen reagieren. Ein weiterer Vorteil: Mit der optimalen Vermarktung der EEG-Mengen an der EPEX werden die EEG-Erlöse maximiert und die Inanspruchnahme von Ausgleichsenergie minimiert. Dies wiederum hilft die EEG-Umlage zu reduzieren, die jeder Verbraucher mit seiner Stromrechnung zu zahlen hat.

Derzeit wird das Programm für den Spotmarkt für Photovoltaik, Wind, Wasser und Geothermie eingesetzt. In Kürze soll die Software weitere Energieträger wie Biomasse berücksichtigen können. Die Daten aus EMS-EDM PROPHET® lasssen sich auch für Internet-Websites nutzen. Sie werden Diensten wie der Informationsplattform der Deutschen Übertragungsnetzbetreiber (EEG/KWK-G; www.eeg-kwk.net oder www.transparency.eex.com) zur Verfügung gestellt. »Eine flexible Softwarelösung ist besonders wichtig unter dem Aspekt der sich immer schneller ändernden Rahmenbedingungen«, erklärt Dr. Christian Schulz, verantwortlich für die EEG-Themen innerhalb der Netzführung der TenneT TSO GmbH. Durch den hohen Automatisierungsgrad von EMS-EDM PROPHET® kann der Nutzer rasch auf regulatorische Änderungen reagieren.

Media Contact

Britta Widmann Fraunhofer-Gesellschaft

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Energie und Elektrotechnik

Dieser Fachbereich umfasst die Erzeugung, Übertragung und Umformung von Energie, die Effizienz von Energieerzeugung, Energieumwandlung, Energietransport und letztlich die Energienutzung.

Der innovations-report bietet Ihnen hierzu interessante Berichte und Artikel, unter anderem zu den Teilbereichen: Windenergie, Brennstoffzellen, Sonnenenergie, Erdwärme, Erdöl, Gas, Atomtechnik, Alternative Energie, Energieeinsparung, Fusionstechnologie, Wasserstofftechnik und Supraleittechnik.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Neues topologisches Metamaterial

… verstärkt Schallwellen exponentiell. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler am niederländischen Forschungsinstitut AMOLF haben in einer internationalen Kollaboration ein neuartiges Metamaterial entwickelt, durch das sich Schallwellen auf völlig neue Art und Weise…

Astronomen entdecken starke Magnetfelder

… am Rand des zentralen schwarzen Lochs der Milchstraße. Ein neues Bild des Event Horizon Telescope (EHT) hat starke und geordnete Magnetfelder aufgespürt, die vom Rand des supermassereichen schwarzen Lochs…

Faktor für die Gehirnexpansion beim Menschen

Was unterscheidet uns Menschen von anderen Lebewesen? Der Schlüssel liegt im Neokortex, der äußeren Schicht des Gehirns. Diese Gehirnregion ermöglicht uns abstraktes Denken, Kunst und komplexe Sprache. Ein internationales Forschungsteam…

Partner & Förderer