Drehwinkelsensoren: Den richtigen Dreh heraus haben

Auf der Testplatine befindet sich der Polarisationssensor, der den Drehwinkel misst. Links im Bild: Eine Welle mit integrierter Polarisationsfolie. © Fraunhofer IIS

In Fabrikhallen transportieren Förderbänder die Produktionsgüter von einer Bearbeitungsstation zur nächsten. Damit die Übergabe von einem Förderband zum nächsten reibungslos klappt, muss sie exakt an einer bestimmten Position erfolgen.

Dazu muss man wiederum wissen, wie sich die Förderbänder zueinander bewegen. Bestimmen lässt sich das mit dem Drehwinkel – darunter versteht man die Position eines beweglichen Körpers zu einer Achse. Auch im Automobilbau liefern Drehwinkel wichtige Informationen, etwa bei Motor-Feedback-Systemen, über die die Drehzahl der Antriebswelle genau eingestellt wird. Um den Drehwinkel zu messen, kommen spezielle Sensoren zum Einsatz. Derzeit gibt es am Markt zwei Typen solcher Drehwinkelsensoren, die entweder magnetisch oder einem optisch messen.

Magnetische Sensoren haben den Vorteil, dass sie sehr robust sind und auch Schmutz ihnen nichts ausmacht – sie eignen sich also gut für den Einsatz in rauen Umgebungen. Allerdings sind sie nicht so präzise wie optische Sensoren. Deren Nachteil: Sie müssen absolut exakt in einer bestimmten Position am Messobjekt montiert werden und sind damit nicht sehr flexibel in der Handhabung.

Forscher des Fraunhofer-Instituts für Integrierte Schaltungen IIS in Erlangen haben einen neuartigen Drehwinkelsensor entwickelt, der die Vorteile beider Lösungen vereint: »Bei unserem Sensor handelt es sich um ein optisches Messsystem, das jedoch auf einem anderen Funktionsprinzip basiert als heute verfügbare Produkte«, erklärt Dr. Norbert Weber, Gruppenleiter am IIS.

Die Forscher nutzen bei ihrer Entwicklung den Polarisationseffekt: Normalerweise schwingt Licht in alle möglichen Richtungen. Es ist in seinem Urzustand also unpolarisiert. Mit Hilfe spezieller Polarisationsfolien lassen sich diese Schwingungen in eine bestimmte einheitliche Richtung lenken – entweder horizontal oder vertikal. Ein bekanntes Beispiel, wo solche Folien zum Einsatz kommen, sind 3D-Brillen: Indem die Gläser für das linke und rechte Auge mit jeweils unterschiedlichen Polfiltern versehen sind, entsteht die Tiefeninformation.

Die Polarisationsfolie befestigen die Forscher am Prüfobjekt, also etwa an einer Welle und richten einen Lichtstrahl darauf. Auf der Rückseite der Folie wird dadurch polarisiertes Licht erzeugt. Dreht sich nun die Welle, dreht sich auch der Polarisationsvektor mit. Er dient also als Richtungsanzeige.

Sensor flexibel platzierbar

Das Auslesemodul wird so montiert, dass es sich in diesem Lichtstrahl befindet. Auf dem Chip sind mehrere Drahtgitter – kleine Mikrostrukturen – in einer Matrix angeordnet. Diese Gitter lassen sich während des normalen Fertigungsprozesses eines CMOS-Chips fertigen – ohne jeglichen Mehraufwand. Trifft nun das polarisierte Licht auf die Gitter, lässt sich daraus die Winkelstellung der Welle errechnen.

»Um die Winkelstellung einer Welle eindeutig messen zu können, benötigen wir mindestens drei Gitter, die jeweils in unterschiedlichen Richtungen strukturiert sind. Je nach Messaufgabe können wir aber noch weitere Gitter hinzufügen und den Chip damit an die spezifische Anforderung eines Kunden anpassen sowie die Messgenauigkeit erhöhen«, erläutert Weber. Mit dieser Konstruktion erreichen die Erlanger Forscher zwar nicht zu 100 Prozent die Präzision von herkömmlichen optischen Sensoren, dafür ist ihr Sensor aber deutlich robuster und lässt sich relativ flexibel platzieren.

»Der Chip muss nicht einmal direkt auf der optischen Achse sitzen – wichtig ist nur, dass er sich innerhalb des Lichtstrahls befindet«, so Weber. Ein weiterer Vorteil: Selbst wenn die Welle etwas unrund läuft, wird das Messergebnis nicht beeinflusst, solange der Strahl breit genug ist. Auf der Messe SENSOR + TEST 2014 präsentieren die Erlanger Forscher einen entsprechenden Aufbau und demonstrieren damit die Drehwinkelmessung an einer Hohlwelle. Die Messergebnisse werden auf dem Monitor als Kurvendiagramm dargestellt.

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Dr. Norbert Weber Fraunhofer-Institut

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