Data-Mining hilft beim Energiesparen

Wertvolles Gut: Weil Strom immer teurer wird, suchen Firmen nach Strategien, um Energie zu sparen. Das Institut für Integrierte Produktion Hannover unterstützt Unternehmen dabei.<br><br>Tony Boon<br>

Kunststoff schmelzen, in Form spritzen, abkühlen lassen: Fertig ist der Telefonhörer, die Duschgel-Kappe oder der Lego-Baustein. Klingt einfach, doch beim Spritzgießen kommt es auf Feinheiten an.

Unzählige Parameter lassen sich an den Maschinen einstellen – etwa die Menge des verwendeten Kunststoffgranulats, die exakte Temperatur, auf die es erhitzt wird, und die Geschwindigkeit, mit der die Schmelze in Form gespritzt wird. Auch die Kühltemperatur und -dauer lässt sich genau festlegen.

All diese Parameter beeinflussen die Qualität. Ist beispielsweise die Kühlzeit nicht richtig eingestellt, können Oberflächenfehler entstehen. Wird zu wenig Kunststoff verwendet, fehlt dem Plastik-Baustein womöglich eine Ecke. Die Hersteller können also an etlichen Schräubchen drehen, um die optimale Qualität zu erreichen – schließlich wollen sie möglichst wenig Ausschuss produzieren.

„Auf den Energieverbrauch wird dabei allerdings nicht geachtet“, sagt Jurij Schachmanow vom IPH. Das will er ändern: Im Forschungsprojekt „AutoQuaRP“ sucht der Mathematiker nach Methoden, mit denen Unternehmen beim Spritzgießen Strom sparen können. „AutoQuaRP“ steht für „Automatisierte Bestimmung qualitätsgerechter und ressourceneffizienter Prozessparameter“. Das Projekt ist zum 1. November 2013 gestartet und wird vom Bundeswirtschaftsministerium gefördert.

Um das Kunststoffgranulat einzuschmelzen, Druck im Werkzeug aufzubauen und den Kunststoff wieder abzukühlen, wird Strom benötigt – und zwar umso mehr, je höher beispielsweise der Druck oder die Temperatur ist. Die Einstellungen der Maschine beeinflussen also nicht nur die Qualität, sondern auch den Energiebedarf stark. „Wir wollen herausfinden, wie sich der Energieverbrauch senken lässt, ohne dass dadurch mehr Ausschuss produziert wird“, sagt Schachmanow.

Den Energiespar-Möglichkeiten will er mithilfe von Data-Mining auf die Schliche kommen, also mit der Auswertung großer Mengen an Informationen. Dabei werden zunächst zwei getrennte Modelle entwickelt. „Wir bestimmen die optimalen Parameter für einen möglichst niedrigen Energieverbrauch und die optimalen Parameter für die beste Qualität. Dann führen wir beide Modelle zusammen und finden so jene Parameter, mit denen sich Qualität und Energieverbrauch am besten unter einen Hut bringen lassen“, sagt Schachmanow.

Das Institut für Integrierte Produktion Hannover (IPH) arbeitet dafür mit mehreren Unternehmen zusammen, die sich mit Spritzgießen beschäftigen. Sie beraten das Forschungsinstitut im projektbegleitenden Ausschuss oder stellen Daten zur Verfügung, die im Rahmen des Projekts ausgewertet werden. Im Gegenzug werden den teilnehmenden Unternehmen die Forschungsergebnisse zur Verfügung gestellt.

Dadurch sparen die Firmen in Zukunft nicht nur Strom und damit bares Geld – sie sparen auch Zeit. Denn die Ergebnisse des Forschungsvorhabens sollen in einem Software-Demonstrator zusammengeführt werden, der automatisch die optimalen Parameter berechnet.

Bisher werden die Spritzgieß-Maschinen häufig von Hand justiert: Die Grundeinstellungen werden vom Fachpersonal so lange verändert, bis die Qualität stimmt. Dafür braucht es etliche Probeläufe. „Wir wollen ein Verfahren entwickeln, das die Parameter automatisch berechnet und den Bediener beim Einrichten der Maschine unterstützt“, erklärt Schachmanow. Die Anlaufphase werde dadurch kürzer und das Unternehmen könne schneller mit der Produktion beginnen.

Firmen, die sich mit Spritzgießen beschäftigen und sich an dem Forschungsprojekt beteiligen wollen, melden sich bei Schachmanow unter der Telefonnummer 0511 / 279 76 223 oder per E-Mail an schachmanow@iph-hannover.de.

Das IGF-Vorhaben 17909 N / 1 der Forschungsvereinigung Forschungsgemeinschaft Qualität e. V. – FQS, August-Schanz-Straße 21 A, 60433 Frankfurt am Main wurde über die AiF im Rahmen des Programms zur Förderung der industriellen Gemeinschaft (IGF) vom Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert.

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Susann Reichert idw

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