Trafo-Prüfsystem passt in einen Container

Kein Wunder, dass es immer wieder Stromausfälle gibt: In vielen Ländern wurde das Energieversorgungsnetz bereits Mitte des vergangenen Jahrhunderts ausgebaut. Ein Großteil der heute im Einsatz befindlichen Netz-Betriebsmittel muss darum erneuert und geprüft werden – am Besten an Ort und Stelle. Das Institut für Elektroenergiesysteme und Hochspannungstechnik (IEH) der Universität Karlsruhe hat nun das weltweit erste mobile Hochspannungs-Prüfsystem auf Basis eines Frequenzkonverters entwickelt. Damit kann die Funktionsfähigkeit von Transformatoren vor Ort überprüft werden.

Das Herzstück des mobilen Testsystems bildet ein leistungselektronischer Frequenzkonverter. Mit diesem können variable Frequenzen (40 bis 200 Hertz) und variable Ausgangspannungen (10 bis 660 Volt) erzeugt werden, um den Transformator beim Vor-Ort-Test auf eine hohe Belastbarkeit zu prüfen.

Leistungstransformatoren zählen zu den aufwändigsten und wirtschaftlich wertvollsten Bestandteilen von Kraft- und Umspannwerken. Eine Fehlfunktion von Transformatoren und die daraus folgende Störung der Energieversorgung können enorme Risiken und Kosten verursachen. Die Nachfrage nach einem Kosten sparenden Verfahren zur elektrischen Prüfung von Transformatoren vor Ort ist darum weltweit groß.

Professor Dr. Thomas Leibfried, Leiter des IEH, erläutert die Anforderung an das Projekt: „Das Prüfsystem muss den technischen Anforderungen entsprechen, transportabel sein und gleichzeitig eine hohe Robustheit aufweist.“ Auftraggeber des Instituts war in diesem Fall das mittelständische Unternehmen HighVolt Prüftechnik Dresden GmbH. Die bisherige Prüftechnik mittels mechanisch angetriebener Generatoren ist laut Leibfried für den mobilen Einsatz schlichtweg zu groß und zu schwer. Anstelle des herkömmlichen Motor-Generator-Satzes sollte das neue Prüfsystem daher über einen leistungselektronischen Frequenzkonverter verfügen, der eine Vor-Ort-Hochspannungsprüfung an Transformatoren aller Art erlaubt.

Um eine Prüfung von Transformatoren überhaupt möglich zu machen, musste zunächst eine möglichst exakt sinusförmige Spannung am Ausgang des Konverters und ein hoher Wirkungsgrad des gesamten Prüfsystems erzielt werden. Die zündende Idee hatte hier Projektleiter Florian Martin: Durch eine Regelung der Ausgangsspannung und einem minimierten Ausgangsfilter konnte die erforderliche Spannungsform erzeugt und die Leistung des Frequenzkonverters erhöht werden.

Das zweite große Problem betraf die Hochspannungsprüfung des Isolationssystems von Transformatoren durch die so genannte Teilentladungsmessung. Das ist eine hochsensible Messmethode, um kleinste Unregelmäßigkeiten in der Struktur des Isolationssystems nachzuweisen. Weil ein Frequenzkonverter aber selbst starke elektrische Störsignale erzeugt, war diese sehr empfindliche Messung zunächst unmöglich. Auch dieses Problem konnte mittels geeigneter Filterung behoben werden.

In sechs Teilprojekten, an denen sich die Studenten am IEH in Form von Studien- und Diplomarbeiten beteiligten, wurde die Entwicklung des Prüfsystems rasch vorangebracht. Während der letzten Testphase in Kraftwerken in Spanien und Belgien gelang es dem Forschungsteam abschließend, die Leistung und die Spannungsqualität des Prototyps zu optimieren.

Nach nur dreieinhalb Jahren Entwicklungszeit präsentiert das IEH nun das erste mobile Hochspannungsprüfsystem für Leistungstransformatoren auf Basis eines dreiphasigen, statischen Frequenzkonverters, das auch für die industrielle Anwendung zur Verfügung steht. Damit sind alle gängigen Hochspannungstests und -messungen zur Prüfung des Betriebszustandes von Transformatoren möglich. Ein erstes, auf Basis des IEH-Prototyps von der Firma HighVolt Prüftechnik Dresden GmbH gebautes Prüfsystem befindet sich bereits bei einem großen Elektrokonzern für die Vor-Ort-Prüfung von Leistungstransformatoren im Einsatz.

Das Prüfsystem überzeugt vor allem durch sein geringes Gewicht und seine vergleichsweise geringe Größe: Die gesamte Elektronik und Energieversorgung für die Steuerung und Messung inklusive des Frequenzkonverters passen auf den Trailer eines 40-Tonnen-LKWs. So ist das Prüfsystem durch Straßen- und Schiffstransport weltweit einsetzbar.

Für Professor Leibfried ist das Projekt nicht zuletzt ein herausragendes Beispiel dafür, wie Forschung und mittelständische Industrie erfolgreich zusammenarbeiten können. Dass es dem Institut innerhalb kurzer Zeit gelungen ist, den Forschungsauftrag zu erfüllen, sei vor allem dem außergewöhnlichen Engagement des Forscherteams auf beiden Seiten zu verdanken.

Wie funktionieren Transformatoren?

Mit einem Transformator – kurz: Trafo – werden ein- oder dreiphasige Wechselspannungen erhöht oder reduziert. Diese Änderung der Spannung führt auch zu einer Änderung des maximal zulässigen Stroms am Ausgang des Transformators. Wird die Spannung hinunter transformiert, steigt der maximal zulässige Strom an. Wird die Spannung hinauf transformiert, sinkt der maximal entnehmbare Strom.

Weitere Informationen:
Angelika Schukraft
Presse und Kommunikation
Universität Karlsruhe (TH)
Telefon: 0721/608-6212
E-Mail: schukraft@verwaltung.uni-karlsruhe.de
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Dr. Elisabeth Zuber-Knost idw

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