Informative Stromrechnung für Haushaltskunden – Ein Modellversuch in Heidelberg

Einmal im Jahr bringt der Postbote den Stromkunden der Energieversorgungsunternehmen eine Rechnung ins Haus. Erfahrungen zeigen, dass diese Abrechnungen für viele Haushalte wenig verständlich sind. In einer Umfrage zur Kundenzufriedenheit im Privatkundensektor 2005 belegten die Stromversorger von allen untersuchten Branchen den vorletzten Platz, wobei die Kunden neben dem Preis-Leistungsverhältnis vor allem mit der Verständlichkeit und der Aufmachung der Rechnungen unzufrieden waren [1].

Die rein zahlenmäßige Darstellung von verbrauchten Kilowattstunden scheint für die privaten Stromnutzer nicht ausreichend zu sein. Untersuchungen belegen, dass die meisten Verbraucher in Deutschland ihren Stromverbrauch nicht kennen [2]. Was genau eine Kilowattstunde Stromverbrauch bedeutet und wie lange man damit einen Kühlschrank betreiben oder Fernseh schauen kann, können zudem die wenigsten nachvollziehen. Wichtig ist den Kunden vor allem der zu zahlende Kostenbetrag ganz unten auf der Rechnung. Und solange keine Nachzahlungen anstehen und der monatliche Abschlag ansteigt, wird die Rechnung meist abgeheftet, ohne weiter darüber nachzudenken.

In Zeiten steigender Strompreise und der neuen EU-Energiedienstleistungsrichtlinie sind deshalb Veränderungen notwendig. Die im Mai 2006 verabschiedete EU-Richtlinie zu Energieeffizienz und Energiedienstleistungen [3] fordert verständliche Abrechnungssysteme, die den Endverbrauchern eine Steuerung des eigenen Stromverbrauchs ermöglichen. Vorgeschlagen wurde deshalb, die Rechnungen um hilfreiche Informationen zu ergänzen, wie zum Beispiel eine grafische Darstellung der Verbrauchsentwicklung und eine Vergleichsmöglichkeit mit normierten Durchschnittswerten gleicher Haushaltsgrößen. Außerdem sollen die Rechnungen Informationen zu Energiesparmöglichkeiten enthalten und auf Beratungsangebote hinweisen. Mit der EU-Richlinie wurde zudem die Frage aufgeworfen, wie häufig Abrechnungen angeboten werden müssen, damit die Kunden in der Lage sind, ihren eigenen Energieverbrauch zu steuern. Reichen jährliche Abrechnungen dazu aus, oder müssen diese, analog zu Telefonabrechnungen, nicht eher monatlich versand werden? Diese Fragen müssen vor der Umsetzung der EU-Richtlinie in nationales Recht geklärt werden.

Einen ersten Schritt in diese Richtung haben die Stadtwerke Heidelberg mit Unterstützung des ifeu – Institut für Energie- und Umweltforschung Heidelberg getan. In einem Modellversuch im Juli 2006 erhalten mehr als 6000 Haushalte eine ergänzte „informative Stromrechnung“. Ziel des Modellversuches ist es, ein für die Versorger möglichst einfach in die Rechnungserstellung zu integrierendes und kostengünstiges Instrument zu entwickeln, welches den Stromkunden trotzdem nicht nur allgemeine Informationen zum Stromsparen bietet, sondern auch individuelle Rückmeldungen zum eigenen Stromverbrauch gibt.

Die zweiseitige Beilage zur Stromrechnung enthält deshalb als erstes eine Tabelle mit Vergleichswerten von Stromverbräuchen gleicher Haushaltsgröße. Es werden Vergleichwerte mit und ohne elektrische Warmwasserbereitung angegeben. Zusätzlich erhalten die Kunden mit einer Abbildung Hilfestellungen, wo sie den eigenen Verbrauchswert in ihrer Rechnung finden.

Es wird von der These ausgegangen, dass vor allem Stromkunden, deren Verbrauch „hoch“ oder „sehr hoch“ ist, motiviert werden, sich um Effizienzpotenziale Gedanken zu machen. Um Ihnen den Einstieg in das Thema so einfach wie möglich zu machen, werden im zweiten Teil der Beilage Handlungsoptionen in Form von einfachen und an die Jahreszeit angepasste Stromspartipps gegeben, z.B. zur Vermeidung eines ineffizienten Einsatzes von Raumklimageräten oder zum sommerlichen Trocknen der Wäsche ohne elektrisch betriebenen Trockner. Die Tipps enthalten auch Angaben, welche Kosten bei Ihrer Umsetzung vermieden werden können.

Der dritte Teil der Beilage verweist auf Beratungsangebote der Stadtwerke Heidelberg und der regionalen Energieagentur KliBA. Die Stadtwerke haben damit die Möglichkeit, Ihr Dienstleistungsangebot zum Verleih von Strommessgeräten sowie der Testmöglichkeit von Power-Safern und einem Sortiment von Energiesparlampen an Ihre Kunden zu kommunizieren. Auch die Energieagentur KliBA profitiert von dieser neuen Form der Öffentlichkeitsarbeit, die eine große Zahl von Energieverbrauchern gerade zu dem Zeitpunkt erreicht, in dem sie sich mit dem Thema Energie beschäftigen.

Das Modellprojekt wird vom ifeu-Institut wissenschaftlich begleitet und evaluiert. Im Herbst 2006 werden die Stadtwerke-Kunden befragt, ob diese informativen Stromrechnungen für sie hilfreich und verständlich waren. Erste Forschungsergebnisse werden Ende 2006 erwartet. Das Vorhaben ist Teil eines Forschungsprojektes zur Stromsparberatung privater Haushalte, welches über das Programm BW-Plus Baden-Württemberg gefördert wird.

Quellen:

[1] ZfK – Zeitschrift für Kommunale Wirtschaft: „Kundenzufriedenheit – Stromversorger auf dem vorletzten Platz“, Nr. 11/2005, S. 9.

[2] Öko-Institut, Fraunhofer-Institut ISI: Klimaschutz durch Minderung von Treibhausgasemissionen im Bereich Haushalte und Kleinverbrauch durch klimagerechtes Verhalten. Freiburg, Darmstadt, Berlin 1999/2000/2001, Band 1: Private Haushalte

[3] EU-RICHTLINIE 2006/32/EG vom 5. April 2006 über Endenergieeffizienz und Energiedienstleistungen

Weitere Informationen und Kontakt:

Elke Dünnhoff
ifeu – Institut für Energie- und Umweltforschung Heidelberg
Wilckensstraße 3, 69120 Heidelberg
Tel.: 06221/4767-81
elke.duennhoff@ifeu.de

Media Contact

Elke Dünnhoff idw

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