ESF-Projektgruppe für saubere Solarenergie

Die vielversprechendsten Ansätze für eine umfassende, direkte Solarenergie-Umwandlung in Brennstoffe wurden kürzlich auf einer internationalen Fachkonferenz in Regensburg vorgestellt. Das Treffen wurde von der European Science Foundation (ESF) finanziell unterstützt. Im Rahmen der Konferenz wurde zudem eine interdisziplinäre Projektgruppe gegründet. Diese soll Entscheidungsträgern der EU und nationaler Regierungen die Thematik nahe bringen, damit umfassend in diese Technologien investiert wird.

Das grundlegende Problem ist, dass sich der weltweite Gesamtenergieverbrauch pro Jahr von seinem derzeitigen Niveau von 14 TW bis 2050 mindestens verdoppeln wird, während gleichzeitig fossile Brennstoffe knapp werden. Die Nutzung von fossilen Brennstoffen erzeugt zudem ein inakzeptables Kohlendioxid-Niveau, das zur globalen Erwärmung führt und katastrophale Folgen für viele Bereiche – wie zum Beispiel die Nahrungsproduktion – hat.

Abgesehen von Solarenergie kann dieses Defizit nur mit erneuerbaren Energiequellen wie der Windenergie, gemeinsam mit der Atomenergie als nicht fossile und nicht erneuerbare Energiequelle angegangen werden. Doch diese werden weder den vorausgesagten steigenden Energiebedarf decken, noch die Elektrizitätserzeugung mit fossilen Brennstoffen vollkommen ersetzen können. Ein weiteres Problem ist, dass diese Energieformen nicht direkt als gespeicherte Brennstoffe verfügbar sind. Ohne einen unerwarteten Durchbruch bei der Elektrizitätsspeicherung wird der Brennstoffbedarf weiterhin bei etwa 70 % des weltweiten Gesamtenergiebedarfs liegen – insbesondere im Transportwesen, in der Fertigung und als Heizenergie in Privathaushalten. Elektrizität macht derzeit nur 30 % des globalen Energieverbrauchs aus.

Da die Sonne die Erdoberfläche praktisch zu jeder Uhrzeit erreicht, ist Solarenergie dagegen reichlich vorhanden, um den jährlichen Energiebedarf der Welt zu decken. Das Problem liegt darin, diese Energieform nutzbar zu machen. Die Natur hat das bereits mit der Photosynthese perfektioniert, einem hocheffizienten und flexiblen Mittel in zahlreichen Grössenordnungen – von isolierten Bakterienkolonien bis hin zu grossen Wäldern.

Erst kürzlich wurden insbesondere in Europa erhebliche Fortschritte beim Verständnis und der Nachahmung dieser natürlichen Prozesse erzielt. Die Ergebnisse haben Wissenschaftler überzeugt, dass auf diese Weise Brennstoff in kommerzieller Grössenordnung hergestellt werden könnte. Der Forschungsschwerpunkt sollte deshalb darin liegen, sich bei der Schaffung von natürlichen und künstlichen Solarenergie-Umwandlungssystemen, die langfristig eine zuverlässige, nachhaltige Energieversorgung ermöglichen, von biologischen Systemen inspirieren zu lassen. Zudem sollte der ökologische Einfluss des Menschen gemindert und dadurch die globale, ökologische Kapazität mit umweltverträglichen, sauberen Technologien gesteigert werden. Das könnte zum Beispiel durch einen Kreislauf erfolgen, bei dem Kohlendioxid zurück in Brennstoffe umgewandelt wird.

Die ESF-Projektgruppe empfiehlt Europa drei parallele Ansätze für die Solarenergieforschung zur Erzeugung von sauberen Brennstoffzyklen:

– Erweiterung und Anpassung der heutigen Fotovoltaik-Technologie zur Erzeugung von sauberen Brennstoffen direkt aus der Sonnenstrahlung.

– Entwicklung künstlicher, chemischer und biomimetischer Anlagen, die die Photosynthese nachahmen und zur Sammlung, Lenkung und Nutzung der Sonnenstrahlung einsetzen, zum Beispiel um Wasser zu trennen, in der Atmosphäre vorhandenes Kohlendioxid umzuwandeln und auf diese Weise verschiedene Formen umweltverträglicher, sauberer Brennstoffe zu erzeugen.

– Anpassung natürlicher Systeme für die direkte Erzeugung von Brennstoffen wie Wasserstoff und Methanol anstelle der Umwandlung von Kohlehydraten zu Brennstoffen in einem indirekten, ineffizienten Prozess.

Diese drei Forschungsthemen werden sich überschneiden und auf die Grundlagenforschung zurückgreifen, um die genauen molekularen Mechanismen der Wasserspaltung in Wasserstoff und Sauerstoff bei der Photosynthese von Pflanzen und sauerstoffhaltigen Bakterien zu erklären. Durch diesen Prozess, der sich vor 2,5 Milliarden Jahren entwickelte, entstanden die Bedingungen für tierisches Leben durch die Umwandlung von in der Atmosphäre enthaltenem Kohlendioxid in Sauerstoff und Kohlenhydrate. Daraus gehen auch alle fossilen Brennstoffe hervor, die die Menschen nun in immer schnellerem Masse zurück in Kohlendioxid umwandeln und damit katastrophale Umweltfolgen heraufbeschwören. In dem gleichen Prozess liegt nun wieder unsere Rettung.

Obwohl bei der Photosynthese von Pflanzen und Bakterien hauptsächlich Kohlenhydrate entstehen, erzeugen bestimmte Algen und Bakterien gewisse Mengen an Sauerstoff und bieten so die Grundlage für genetische Modifikationen, um die Erträge zu steigern, sowie für die Schaffung geeigneter künstlicher Systeme. Des Weiteren ist die Photosynthese in der Lage, andere chemische Stoffe zu erzeugen, die derzeit noch industriell hergestellt werden. Dazu gehören Nitrate, Aminosäuren und andere Verbindungen, die für die chemische Industrie von hohem Wert sind. Das europäische Forschungsprogramm wird deshalb die Entwicklung von Systemen zur direkten, weitaus effizienteren Umwandlung der Solarenergie in derartige Chemikalien anstreben. Das eröffnet nicht nur die Aussicht auf eine unbegrenzte Energieerzeugung. Auch könnte so der Kohlendioxidgehalt in der Atmosphäre womöglich auf das Niveau vor der Industrialisierung gesenkt werden, wenn das Vertrauen in saubere, erneuerbare Energie gewachsen ist.

Die Herausforderungen sind gewaltig: Zuerst muss die Funktionsweise von natürlichen Photosynthese-Systemen nachgeahmt werden, insbesondere beim Photosystem II, dem Enzymkomplex in Pflanzenblättern, der mit einem Katalysator aus vier Manganatomen und etwas Kalzium Wasser in Wasserstoff und Wasser spaltet. Auf diesem Gebiet wurden kürzlich signifikante Fortschritte gemacht. Die Teilnehmer der ESF Brainstorming Conference bezeichneten das Solarbrennstoff-Projekt als wichtigen Meilenstein für die Entwicklung des „künstlichen Blatts“. In Europa wächst die Überzeugung, dass bis 2050 ein grosser Anteil unserer Brennstoffe von solchen „künstlichen Blättern“ stammen wird und dass es keine Zeit zu verlieren gilt, um mit wichtigen Forschungen an Technologien zu beginnen, die dies ermöglichen.

Ansprechpartner: Professor Alfred Holzwarth Max-Planck-Institut Holzwarth@mpi-muelheim.mpg.de Dr. Olaf Kruse European Science Foundation okruse@esf.org

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Professor Alfred Holzwarth Max-Planck-Gesellschaft

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