Wetterfühlige Nanolampen in molekularer Lichterkette

Suche nach neuen Halbleitern für Displays und Solarzellen

Weihnachten ist vorbei, aber die Erinnerung bleibt: Gerade noch leuchten die Lichter am Baum so schön, da kündet ein kurzes Flackern von Unheil und schon geht die gesamte feierliche Beleuchtung aus. Danach beginnt die mühselige Suche nach der Nadel im Heuhaufen, in diesem Fall der kaputten Glühbirne in der Lichterkette, die den Stromkreis unterbrochen hat. Mitarbeitern des Lehrstuhls für Photonik und Optoelektronik unter der Leitung von Dr. John Lupton und Professor Jochen Feldmann an der Sektion Physik der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München ist es jetzt gelungen, ein ähnliches Phänomen jenseits aller Feiertagsromantik nachzuweisen: In langkettigen Kunststoffmolekülen, die aus einer Reihe von Kohlenstoffatomen bestehen, finden sich einzelne Lichtquellen, die miteinander wechselwirken. „Ist diese Reaktion stark genug, so erlöscht beim Ausgehen einer einzelnen Lichtquelle die gesamte molekulare Beleuchtung“, so Lupton. Die jüngst in der Fachzeitschrift Physical Review Letters (Bd. 91, Nr. 26) beschriebene Arbeit hat grundlegende Bedeutung für die Entwicklung neuartiger Materialien in der Displaytechnologie.

Die so genannten Kunststoff-Polymere werden schon seit einiger Zeit auf potentielle Anwendungen als organische Halbleiter in neuartigen optoelektronischen Bauelementen wie Leuchtdioden, Bildschirmen und Solarzellen untersucht. Gegenüber herkömmlichen Halbleitern wie Silizium oder Galliumarsenid bieten diese Polymere den Vorteil, einfach hergestellt werden zu können, und sich zu großen, mechanisch biegsamen Bauelementen verarbeiten zu lassen. Ein typisches halbleitendes Polymermolekül hat eine Länge von 100 nm, also einem zehntausendstel Millimeter, und kann entsprechend einem herkömmlichen Halbleiter elektrischen Strom sowie auch Energie in Form von molekularen Anregungen transportieren. Die Wanderung der Anregungsenergie innerhalb eines Moleküls sowie zwischen einzelnen Molekülen ist dabei von besonderer Bedeutung und hat weitreichende Folgen für die Effizienz der Bauelemente.

In Solarzellen etwa müssen sich molekulare Anregungszustände möglichst frei im Material bewegen können, um die Lichtenergie effektiv einzusammeln. In Leuchtdioden und Displays dagegen führt das Wandern von Anregungen zu einem Effizienzverlust. Dem Wissenschaftlerteam ist es jetzt gelungen, die Wanderung von Anregungsenergie innerhalb eines einzelnen Polymermoleküls zu beobachten und sogar zu beeinflussen. „Damit konnte erstmals die Emission einzelner leuchtender Untergruppen des Moleküls spektroskopisch identifiziert und charakterisiert werden“, berichtet Dr. Jürgen Müller, der an der Arbeit maßgeblich beteiligt war. „Diese so genannten Chromophore sind für die Emissionsfarbe des molekularen Halbleiters verantwortlich.“ Zeitaufgelöste Messungen haben gezeigt, dass sich die individuellen Chromophore jedoch keineswegs unabhängig voneinander verhalten. Ähnlich wie die Lichter in der Kette am Weihnachtsbaum tauschen sie die von einem Anregungslaser nur auf ein Chromophor übertragene Energie untereinander aus. „Derartige molekulare Anregungen wandern dann von Chromophor zu Chromophor“, so Lupton. „Sie sind über das gesamte Molekül hinweg mobil.“

Besonders spannend ist, dass die Beweglichkeit der molekularen Anregungen keineswegs nur von der Art des Polymermoleküls abhängt. „Die Temperatur spielt auch eine entscheidende Rolle“, so Lupton. „Weil dadurch die Wechselwirkung zwischen den Lichtern in der Polymerkette beeinflusst wird, kann durch eine einfache Temperaturänderung auch die Wanderung der Anregungen variiert werden.“ Während die „Nanolampen“ bei tiefen Temperaturen weitgehend unabhängig voneinander leuchten, tritt bei hohen Temperaturen eine starke Wechselwirkung auf. „Das hat zur Folge, dass die gesamte Kette erlischt, wenn auch nur eine der Lichtquellen beschädigt wird“, berichtet Lupton. „Bei tiefen Temperaturen dagegen erlischt nur ein einzelnes Segment ohne die anderen Einheiten der Kette in ihrer Leuchtfähigkeit zu beeinträchtigen.“

Diese neuen Erkenntnisse erlauben einen grundlegenden Einblick in die Wirkungsweise organischer Halbleiter und lassen auf eine systematische Erhöhung des Wirkungsgrades solcher Materialien sowohl in Displayanwendungen wie auch in der Photovoltaik hoffen. „Unsere Beobachtungen legen aber auch nahe, dass polymerische Halbleiter hervorragende Materialien für Experimente an einzelnen Molekülen sind“, meint Lupton. „Damit sind sie für die Entwicklung optoelektronischer Bauelemente, etwa Einzelphotonenquellen, auf der Basis einzelner Moleküle bestens geeignet.“

Ansprechpartner:

Dr. John Lupton
Sektion Physik und Center for NanoScience
Tel: +49-89-2180-3356, Fax: -3441
E-Mail: john.lupton@physik.uni-muenchen.de

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Luise Dirscherl idw

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