Selbstdiagnose-Verfahren – damit Bürstenfeuer keine Windanlagen mehr lahm legen

„Hellseher“ mit System: Neuartiges Selbstdiagnose-Verfahren beugt Pannen in Windkraft-Anlagen vor.

Weit draußen im Meer bläst eine steife Brise in Hunderte von Windflügeln: Gerade an solchen unzugänglichen Orten erbringen Windkraft-Anlagen ihre Höchstleistungen. Fällt allerdings einmal die Technik aus, ist es schwer, den Fehler jederzeit auf hoher See zu beheben. Elektrotechniker der Technischen Universität Chemnitz haben nun ein System zur Früherkennung entwickelt, das in der Lage ist, technische Probleme dort vorauszusehen, wo sie am häufigsten auftreten: am Schleifring-System eines Windkraft-Generators.

„Unser Selbstdiagnose-System funktioniert ausschließlich über elektrische Größen wie Strom und Spannung“, erläutert Prof. Dr. Wilfried Hofmann, der die Chemnitzer Professur für Elektrische Maschinen und Antriebe innehat und dieses Forschungsprojekt leitet. Anstatt zusätzliche Messgeräte einbauen zu müssen, setzt das Selbstdiagnose-System auf spezielle Auswertungs-Verfahren, welche die gemessenen elektrischen Größen diagnostizieren. Die neuartige Analyse-Technik widmet sich der „Achilles-Ferse“ solcher Windkraft-Generatoren: des so genannten Schleifring-Systems, das mit dazu beiträgt, die Energie-Erzeugung trotz des schwankenden Windangebotes auf einem gleichbleibenden Niveau zu halten. Diese Schleifring-Systeme, die in modernen Anlagen aus Graphit-Graphit-Reibpaarungen bestehen, verschleißen durch die stetige Beanspruchung und müssen zudem mindestens einmal im Jahr gewartet werden.

Steht zum Beispiel eine Windkraft-Anlage von 1,5 Megawatt still, weil das Schleifring-System defekt ist, kann dem Betreiber ein täglicher Ertragsausfall von rund 3.000 Euro entstehen. Um dies zu vermeiden, werden die besonders verschleißbehafteten Teile, die Kohlebürsten, heute mittels Sensoren und Mikroschaltern überwacht. „Es hat sich aber in der Praxis gezeigt, dass diese Technik nicht ausreicht“, so Prof. Hofmann. „Verkantet einmal eine Kohlebürste in den Haltern oder läuft sie nicht mehr richtig, fällt die gesamte Windkraft-Anlage aus, ohne das es rechtzeitig eine Fehlermeldung gab.“ Anders das an der TU Chemnitz entwickelte Diagnose-Verfahren: Im Umrichter-System misst es die Ströme und Spannungen und wertet diese Daten durch spezielle Analyse-Routinen aus. „Durch dieses qualitative Analyse-Verfahren können Verschleiß-Erscheinungen bereits im Frühstadium erkannt und ausgewertet werden“, so Miterfinder Matthias Würfel, der als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Professur für Elektrische Maschinen und Antriebe arbeitet. Selbst die Häufigkeit, die Dauer und die Intensität so genannter Bürstenfeuer, die mit dem bloßem Auge zumeist gar nicht zu erkennen sind und maßgeblich zum schnelleren Verschleiß des Systems beitragen, könne das Selbstdiagnose-Verfahren aufspüren.

Bislang wird dieses besondere Analyse-Verfahren allerdings noch im Labor der Chemnitzer Universität erprobt. Bis 2005 fördert die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) dessen Weiterentwicklung mit 150.000 Euro. Während bislang an einem kleineren Modell getestet wurde, beginnt jetzt der Praxislauf unter Betriebsbedingungen an einem Generator, der es vorerst auf eine Leistung von 36 KW bringt.

Wichtiger Hinweis für die Medien: In der Pressestelle der TU Chemnitz können Sie kostenlos ein Foto anfordern, das eine Windkraft-Anlage im Offshore-Bereich zeigt (Foto: NEG Micon). Zudem besteht die Möglichkeit, mit den beteiligten Wissenschaftlern einen Fototermin im Uni-Labor zu vereinbaren.

Weitere Informationen:

Prof. Dr. Wilfried Hofmann
Professur für Elektrische Maschinen und Antriebe
Telefon 0371-5313323
E-Mail: wilfried.hofmann@e-technik.tu-chemnitz.de

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Alexander Friebel idw

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